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Jerry Cotton 2850 - Liebe ist ein hartes Geschäft

Jerry Cotton

 

Verlag Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG, 2012

ISBN 9783838716800 , 64 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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1,99 EUR

Für Firmen: Nutzung über Internet und Intranet (ab 2 Exemplaren) freigegeben

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Die Nachricht von Tim Laceys Tod erreichte mich per Funk, als ich morgens auf dem Weg zur Federal Plaza war.

»Jerry, einer der Söhne von Miles Lacey ist tot aufgefunden worden«, informierte mich unsere Telefonistin Myrna. »Der Chef möchte, dass du sofort zum Leichenfundort fährst, um dir selbst ein Bild zu machen. Tim Lacey saß tot in seinem geparkten Auto. Der Standort ist Ecke Marcy Avenue und Gerry Street in Brooklyn.«

»Verstanden, Myrna. Ich hole nur noch Phil ab, dann fahren wir sofort dorthin.«

Phil und ich gehörten zu einem FBI-Team, das über die Grenzen der Bundesstaaten New York und New Jersey hinweg einen gewissen Miles Lacey observierte. Er stand in dringendem Verdacht, in mehreren Ostküstenstaaten einen Schutzgelderpresser-Ring aufgezogen zu haben. Doch Miles Lacey war ein alter Unterwelt-Haudegen, dem man so leicht nichts nachweisen konnte. Offiziell handelte er mit gebrauchten Elektrogeräten. Seinen Sohn Tim Lacey kannte ich persönlich überhaupt nicht. Ich wusste nur aus der Kriminalakte, dass Lacey zwei erwachsene Kinder hatte. Sein anderer Sohn Earl ließ sich gelegentlich in dem Elektrogeschäft sehen. Phil und ich glaubten nicht, dass Lacey junior einer ehrlichen Arbeit nachging. Aber wir konnten ihm ebenso wenig etwas nachweisen wie seinem alten Herrn.

Ich hielt an unserer gewohnten Ecke. Mein Partner öffnete die Beifahrertür und ließ sich grüßend auf den Sitz neben mir fallen.

»Und wieder liegt ein öder Tag mit langweiligen Observationen vor uns«, stöhnte Phil. Ich schüttelte den Kopf.

»Da irrst du dich. Myrna hat mich gerade angefunkt. Miles Laceys Sohn ist tot.«

Phil hob die Augenbrauen.

»Hat ihn jemand umgelegt?«

»Ich weiß es noch nicht. Auf jeden Fall ist es nicht der ältere Sprössling, den Miles Lacey verloren hat, sondern der junge Tim.«

Phil wiegte den Kopf.

»Ich weiß nicht, was ich davon halten soll, Jerry. Falls ein Konkurrent Tim Lacey auf dem Gewissen hat, dann steht uns im Handumdrehen ein knallharter Gangsterkrieg ins Haus.«

»Wir kennen die Fakten ja noch gar nicht. Aber das wird sich bald ändern, und deshalb fahren wir jetzt sofort nach Brooklyn.«

Ich lenkte meinen roten Jaguar-E-Hybriden über die Williamsburg Bridge nach Brooklyn. Die Gegend, in der die Leiche gefunden worden war, war ruhig und unauffällig. In der Gerry Street standen Reihenhäuser mit winzigen Gärten, die von altertümlichen Eisenzäunen abgegrenzt wurden. In der Marcy Avenue gab es auf dieser Höhe ein paar Bars, eine Pizzeria und eine chemische Reinigung. Für Brooklyn-Verhältnisse war es eine bessere Wohngegend.

Ich parkte meinen roten Boliden hinter dem Van des Coroners, dessen Leute ebenfalls bereits vor Ort waren. Die Cops hatten weiträumig um einen geparkten Dodge Viper mit gelbem Trassierband abgesperrt. Die Zahl der Schaulustigen hielt sich allerdings in Grenzen. Die Anwohner mussten offenbar zur Arbeit und hatten keine Zeit zum Gaffen. Auch die Pressegeier glänzten noch durch Abwesenheit.

Ein Team von der Scientific Research Division in weißen Overalls war bereits an der Arbeit. Ich erkannte auch den Gerichtsmediziner Doc Weinberger, der die sterblichen Überreste von Tim Lacey untersuchte. Wir befestigten unsere FBI-Marken an unseren Jacketts. Doch die Detectives vom zuständigen Precinct hatten uns bereits erkannt.

Detective Sergeant Harry Lane nickte einem jungen uniformierten Cop zu, damit er das Absperrband für uns hob. Wir kannten ihn und seine hübsche Dienstpartnerin Detective Eileen Hyams bereits durch andere Fälle, bei denen wir zusammengearbeitet hatten. Die beiden Zivil-Kollegen vom NYPD begrüßten uns mit einem Händedruck.

»Das ging ja schnell«, sagte der erfahrene grauhaarige Detective Sergeant. »Eileen hat vor einer halben Stunde im FBI Field Office Bescheid gegeben, dass vermutlich Tim Lacey ermordet wurde. Es gibt ja die Anweisung, alle Hinweise zur Lacey-Familie an das FBI weiterzuleiten.«

»Tim Lacey wurde vermutlich umgebracht?«, hakte ich nach. »Dann steht das also noch nicht fest?«

Detective Eileen Hyams schaltete sich ein und deutete auf den Dodge Viper.

»Am besten seht ihr es euch selbst an. Wir haben bei der Leiche den Führerschein von Tim Lacey gefunden. Doch vom Gesicht des Toten ist nicht mehr viel übrig.«

Wir machten ein paar Schritte auf das Fahrzeug zu und warfen einen Blick ins Innere. Nun sah ich, was die NYPD-Kollegin meinte. Vom Gesicht der männlichen Leiche war nicht viel übrig geblieben. Dort, wo Wangen, Nase und Mund gewesen waren, befand sich nur noch eine blutige Masse.

Doc Weinberger, der den Toten untersuchte, bemerkte uns nun ebenfalls. Er nickte uns grüßend zu.

»Hallo, Jerry, hallo, Phil. Es dürfte kein Problem sein, den Leichnam mit Hilfe der Fingerprints und des Zahnstatus zu identifizieren. Wahrscheinlich kann ich euch schon innerhalb der nächsten paar Stunden genauen Bescheid geben.«

»Wann ist der Tod eingetreten?«, fragte Phil.

»Zwischen Mitternacht und ein Uhr heute früh«, gab der Gerichtsmediziner zurück. »Die Tatwaffe war ein harter Gegenstand aus Metall oder Holz, vielleicht ein Eisenrohr oder ein Baseballschläger.«

Ich kniete mich vor die offenstehende Beifahrertür, wobei ich darauf achtete, nichts zu berühren und die Kollegen von der SRD nicht zu behindern.

»Auf jeden Fall muss der Täter sehr viel Kraft gehabt haben«, stellte ich fest. Eileen Hyams legte den Kopf schief.

»Wie kommst du darauf, Jerry?«

»Normalerweise holt man mit einem Schlaginstrument weit aus, um möglichst hart zu treffen. Das war hier nicht möglich, weil das Opfer im Auto sitzend getroffen wurde. Im Inneren des Fahrzeugs ist kein Platz, um Schwung zu holen. Sieh mal, der Tote war sogar angeschnallt. Ich stelle es mir so vor, dass der Mörder die Tür aufriss und sofort mit ganzer Kraft zuschlug. Tim Lacey – falls es sich um ihn handelt – hatte keine Chance zur Gegenwehr. Der erste Schlag versetzte ihm einen Schock. Aber dieser Hieb muss schon so hart gewesen sein, dass Tim Lacey sofort oder bald darauf starb.«

»Das würde ich auch so sehen«, stimmte der Gerichtsmediziner mir zu. »Mehr als zwei oder drei Schläge waren nicht notwendig, um das Opfer zu töten.«

Doch Eileen Hyams war noch nicht vollständig überzeugt.

»Und wenn der Mörder den Toten erst später hier deponiert hat?«

Phil schüttelte den Kopf und deutete auf die Vielzahl an winzigen Blutflecken auf dem Inneren der Windschutzscheibe.

»Nein, Eileen. Siehst du, was für ein regelmäßiges Muster die Blutspritzer bilden? Es entstand, als der Schlag ausgeführt wurde. Wenn sich das Opfer woanders befunden hätte, dann wären diese Rückstände nicht entstanden, jedenfalls nicht hier.«

Detective Sergeant Harry Lane lachte gemütlich und klopfte seiner Dienstpartnerin auf die Schulter.

»Gib es auf, Eileen. Bevor du so gut wirst wie Jerry und Phil, musst du noch viel lernen.«

Der junge weibliche Cop grinste verlegen, schien aber nicht beleidigt zu sein. Doch im nächsten Moment zeigte sich, dass sie ihren Job sehr wohl ebenfalls beherrschte.

»Ich habe den Zeugen vernommen, der die Leiche gefunden hat. Wollt ihr mit ihm reden?«, fragte sie.

»Ja, sehr gerne.«

Detective Eileen Hyams führte uns zu einem Zivilisten, der sich mit den uniformierten Cops unterhielt und nervös von einem Bein auf das andere trat. Er paffte eine Zigarette.

»Diese Gentlemen sind vom FBI, Mister Conway.«

Der Zeuge bekam große Augen. Er stellte sich uns als Larry Conway vor. Der Mann war Ende vierzig, hager und schäbig gekleidet. Er warf seinen Glimmstängel weg und zwinkerte unruhig.

»Feds? Dann habe ich wohl eine richtig heiße Sache aufgedeckt, oder? Gibt es eine Belohnung?«, fragte er begierig.

»Das wissen wir noch nicht, Mister Conway«, erwiderte ich.

»Schade, ich könnte das Geld gut gebrauchen. Voriges Jahr bin ich mit meinem Transportunternehmen pleitegegangen. Ich komme jetzt erst ganz allmählich wieder auf die Beine und bin auf jeden Dollar angewiesen.«

»Am besten erzählen Sie uns der Reihe nach, was geschehen ist«, schlug ich vor und zückte mein Notizbuch.

»Da gibt es nicht viel zu sagen, G-man. Ich war heute Morgen gegen sieben Uhr auf dem Weg zu einem Vermittlungsbüro, wo man Tagelöhner-Jobs bekommt. Ich wollte so früh wie möglich dort sein, um noch Arbeit zu ergattern. Jetzt brauche ich mich dort gar nicht mehr sehen zu lassen, es ist schon zu spät.«

»Je eher wir Ihre Aussage haben, desto schneller können Sie gehen, Mister Conway. – Waren Sie mit dem Auto unterwegs?«

Der Zeuge lachte, als ob ich einen Scherz gemacht hätte.

»Ich habe keinen fahrbaren Untersatz mehr, seit ich pleite bin. – Sehen Sie das alte Fahrrad, das dort an dem Eisenzaun lehnt? Damit wollte ich zum Vermittlungsbüro fahren. Aber ich habe immer noch eine Schwäche für tolle Autos, auch wenn ich sie mir nicht mehr leisten kann. Deshalb habe ich mir den Dodge Viper im Vorbeifahren genauer angeschaut. Und dann sah ich, dass ein blutüberströmter Kerl auf dem Fahrersitz hockte.«

»Was haben Sie getan?«, wollte Phil wissen.

»Ich habe sofort angehalten. Dann klopfte ich mit dem Fingerknöchel gegen die Fensterscheibe und fragte, ob er Hilfe brauchen würde. Aber der arme Teufel rührte sich nicht mehr. Da wurde mir klar, dass er tot war. Neben der Pizzeria da vorne an der Marcy Avenue ist ein öffentliches Telefon. Dort bin ich hingeradelt und habe die 911 gewählt. Na ja,...