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Neuro-Psychopharmaka im Kindes- und Jugendalter - Grundlagen und Therapie

Manfred Gerlach, Claudia Mehler-Wex, Susanne Walitza, Andreas Warnke, Christoph Wewetzer

 

Verlag Springer-Verlag, 2009

ISBN 9783211792759 , 560 Seiten

2. Auflage

Format PDF, OL

Kopierschutz Wasserzeichen

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89,99 EUR


 

C.1 Aggressives und autoaggressives Verhalten, Impulskontrollstörung, Störung des Sozialverhaltens (S. 333-334)

C. Mehler-Wex, M. Romanos, A. Warnke

C.1.1 Definition, Klassifikation und Zielsymptome

Aggressives Verhalten kann isoliert oder als Begleit- beziehungsweise Folge-Symptom bei verschiedenen psychiatrischen Erkrankungen auftreten. Aggressionen können gegen sich selbst (Selbstverletzungen, Parasuizidalität, Suizidalität) oder gegen andere gerichtet sein. Aggressives Verhalten kann Folge einer Psychopathie sein (z.B. antisoziale Persönlichkeitsstörung), einer emotionalen Dysregulation (z.B. Borderline-Persönlichkeitsstörung), einer Störung der Impulskontrolle (ADHS), einer kognitiven Einschränkung (primäre Intelligenzminderung oder sekundäre Defizite z.B. bei Psychose) oder einer Traumatisierung bzw. Belastung (z.B. posttraumatische Belastungsstörung, Anpassungsstörungen, Siever, 2008). Dennoch konnte impulsiv-aggressives Verhalten (impulsive aggression) als valides diagnostisches Konstrukt identifiziert werden, welches über kategoriale Störungsbilder hinweg gleichförmig auftreten kann (Jensen et al., 2007). Die Erblichkeit von aggressivem Verhalten wird mit 44–72% angenommen (Siever, 2008).

C.1.2 Therapeutische Rahmenbedingungen

Diagnostische Voraussetzungen sind eine umfassende kinder- und jugend psychiatrische Untersuchung, um eine zu Grunde liegende Erkrankung feststellen beziehungsweise ausschließen zu können. Von großer Bedeutung ist eine ausführliche Fremdanamnese mit verschiedenen Bezugspersonen, um ein möglichst objektives Bild über die Symptomhäufigkeit und mögliche auslösende Faktoren zu gewinnen.

Psychotherapie im Sinne einer Verhaltensmodulation (Vermittlung von Problemlösestrategien und Techniken zur Impulskontrolle, Erstellung von Verhaltensplänen unter Einsatz von Verstärkern, Erarbeitung einer kognitiven Umstrukturierung) ist vor allem sinnvoll bei impulsiv bedingter Aggressivität (z. B. im Rahmen von ADHS), es empfiehlt sich grundsätzlich, psychotherapeutisch- pädagogische Maßnahmen als primären Behandlungsansatz zu wählen. Die Indikation zur Pharmakotherapie ist gegeben, wenn strukturierende pädagogische und verhaltenstherapeutische Bemühungen nicht ausreichen sowie bei Vorliegen einer psychiatrischen Grunderkrankung, die Ursache für das Symptom Aggressivität sein könnte. In letzterem Falle ist primär die störungsspezifische Behandlung der festgestellten Grunderkrankung vorzunehmen. Sonst gilt:

Die Behandlung von Aggressivität, Autoaggressivität und Impulskontrollstörungen ist rein symptomatisch, eine störungsspezifische Medikation gibt es nicht.

Die Wahl des Neuro-Psychopharmakons ist abhängig von Schweregrad und Charakter der Aggressivität (z. B. Angsttönung, siehe Tab. C.1.1). Eine wichtige Rolle spielt auch die abzusehende Dauer der Pharmakotherapie, bei längerfristigen Verläufen müsste unter Meidung von Neuro-Psychopharmaka mit Abhängigkeitsrisiko (wie vor allem Benzodiazepine) besonders auf gute Verträglichkeit geachtet werden. Bei stark ausgeprägter Symptomatik ohne Krankheitseinsicht muss möglicherweise ein Wirkstoff gewählt werden, der parenteral appliziert werden kann. Für weiterführende Informationen zur Therapie von Aggressivität, Autoaggressivität und Impulskontrollstörungen möchten wir auf aktuelle Übersichtsarbeiten verweisen (Pappadopulos et al., 2006, Ipser und Stein, 2007, Jensen et al., 2007, Siever, 2008).

C.1.3 Pharmakotherapie

Nähere Angaben zu den im Folgenden aufgeführten Wirkstoffgruppen (wie Zulassungsstatus, Wirksamkeit und Studienlage, Dosierungsempfehlungen, UAWs, Arzneimittelinteraktionen, Anwendungseinschränkungen und besondere Vorsichtsmaßnahmen) finden sich in den jeweiligen Spezialkapiteln B.1–B.6.

C.1.3.1 Neuroleptika

Neuroleptika (siehe Kap. B.4) sind von großer Bedeutung in der symptomatischen Behandlung von Aggressivität und Impulskontrollstörungen. Sie bieten den Vorteil einer raschen Anspannungslösung und Sedierung, und können innerhalb der therapeutischen Grenzen auch kurzfristig flexibel nach Bedarf verabreicht werden (Tab. C.1.1).