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Rache - Roman

Richard Laymon

 

Verlag Heyne, 2009

ISBN 9783641029111 , 560 Seiten

Format ePUB, OL

Kopierschutz Wasserzeichen

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9,99 EUR


 

1
Duane kniete über Sherry und drückte seinen Oberkörper mit einem Arm nach oben. Er tastete in dem Regal über dem Kopfende des Bettes herum, auf dem auch der Radiowecker stand.
»Was ist?«, fragte sie. »Brauchst du Musik?«
»Nein, das hier.«
»Ah, da hat einer mitgedacht.«
Während er die Folie aufriss, streichelte sie ihm sanft die schweißfeuchten Oberschenkel. Obwohl sie erst vor ein paar Minuten gemeinsam geduscht und sich dann gegenseitig trocken gerubbelt hatten, waren sie beide schon wieder klatschnass. Sherrys Hände machten ein leise schmatzendes Geräusch, als sie über Duanes Haut glitten.
Ist doch total verrückt, es ausgerechnet in der heißesten Nacht des Jahres zu machen, dachte sie. Und dann auch noch bei ihm. Aber vielleicht war es ja gerade die Hitze, die sie so weit gebracht hatte. In all den Nächten zuvor hatte Sherry es immer geschafft, sich zusammenzureißen und vorher aufzuhören.
Heute Nacht hatte sie nicht vor, sich zusammenzureißen.
Sie wollte ihn. Wollte seinen Körper spüren, so heiß und nass und klebrig, wie er war, wollte ihn in sich haben.
Vielleicht hatte das etwas mit der Hitze tun.
Vielleicht sogar eine ganze Menge.
Die außergewöhnlich heiße Nacht. Die Wohnung ohne Klimaanlage.
Die Fenster standen weit offen. Der heiße Santa-Ana-Wind wehte herein, streichelte Sherrys Haut und erfüllte das Zimmer mit dem beißenden Rauchgeruch von weit entfernt wütenden Buschbränden.
Es war eine von den Nächten, in denen man sich ruhelos und verwundbar und vielleicht auch ein wenig ängstlich fühlt … eine von den Nächten, in denen die Begierde erwacht.
»Dann wollen wir mal.« Duane nahm die kleine Gummischeibe aus ihrer Verpackung und zeigte sie Sherry mit einem schiefen Grinsen. Sein Gesicht war rot und schweißnass. »Wenn ich nur wüsste, was man mit so einem Ding anstellt …«
»Lass mich mal«, sagte Sherry.
»Wirklich?«
»Na klar.«
»Okay.« Er gab ihr das Kondom. »Ich habe diese … Dinger bei Bev nie benützt, weißt du. Sie hat die Pille genommen, und ich …«
»So wahnsinnig gut kenne ich mich damit auch nicht aus«, sagte Sherry. »Ich weiß nur, dass man sie nicht schon vorher abrollt.«
»Das klingt vernünftig.«
Sherry nahm Duanes Penis in die linke Hand und legte ihm mit der rechten die dünne Latexscheibe über die Eichel. Dann begann sie, mit zwei Fingern den ringförmigen Wulst langsam nach unten zu streifen. Der Latex fühlte sich irgendwie klebrig an und gab beim Abrollen knisternde Geräusche von sich.
»Ist das immer so?«, fragte Duane.
»Ich glaube nicht.«
»Fühlt sich wahnsinnig eng an.«
»Du bist zu groß dafür.«
Er lachte leise.
Als das Kondom etwa drei Zentimeter von Duanes Penis bedeckte, ließ es sich nicht mehr weiter entrollen. »Sieht ganz so aus, als hätten wir ein Problem«, sagte Sherry.
»Na toll.«
»Wie alt ist das Ding eigentlich?«
»Achtundzwanzig Jahre.«
Sherry lachte. »Ich meine doch nicht ihn. Ich meine dieses Ding da. Das Kondom.«
»Ach das. Keine Ahnung. Ein paar Jahre vielleicht.«
»Ein paar Jahre
»Ich habe es nie gebraucht …«
Sherry versuchte, den Widerstand mit Gewalt zu überwinden, aber anstatt sich weiter zu entrollen, riss das Kondom entzwei. Der noch nicht entrollte Latex glitt wie ein Ring nach unten und ließ auf Duanes Penis ein milchiges Gummimützchen zurück.
Sherry lachte, schüttelte den Kopf und sagte: »Mist.«
Duane lachte auch. »Vielleicht ist das ein Zeichen«, sagte er mit einem leisen Seufzer.
»Und was für eines.« Immer noch lachend zupfte sie ihm die Latexkappe von der Eichel.
Erst als sie den abgerissenen Wulst an Duanes dick erigiertem Glied nach oben rollte, hörte sie zu lachen auf.
»So lustig ist das nun auch wieder nicht«, flüsterte sie.
Duane beugte sich nach vorn und legte ihr die Hände auf die Schultern. Dann sah er Sherry tief in die Augen und sagte: »Ich will dich haben. Unbedingt.«
»Ich dich auch«, erwiderte sie und versuchte zu lächeln. »Je eher, je lieber.« Sie warf die Überreste des Kondoms beiseite. »Vielleicht klappt es ja mit dem nächsten Gummi.«
Er verzog das Gesicht. »Ich habe keinen mehr.«
»Das ist nicht dein Ernst!«
»Doch.«
»War das dein einziger
»Leider ja.«
»Ist schon okay«, sagte sie und fing wieder an, ihm über die Schenkel zu streicheln.
»Hast du vielleicht welche?«, fragte er.
»Schön wär’s.«
»Können wir... können wir es nicht einfach ohne machen?«
Sherry schüttelte den Kopf. »Das halte ich für keine so gute Idee.«
»Aber ich bin kerngesund. Ich hänge dir nichts an. Weißt du, ich habe … mit keiner anderen … seit Bev, meine ich. Das war vor zwei Jahren. Und seitdem habe ich mich regelmäßig untersuchen lassen. Von mir kriegst du weder Aids noch was anderes.«
»Ich weiß«, sagte sie.
Aber in Wirklichkeit wusste sie es nicht. Zumindest nicht hundertprozentig.
Ich werde nicht mein Leben aufs Spiel setzen, dachte sie.
Sie sagte: »Aber du willst doch bestimmt nicht, dass ich schwanger werde?«
»Ziemlich unwahrscheinlich, oder?«
»Aber immer noch wahrscheinlich genug.«
Duane schüttelte langsam den Kopf.
»Wir können es ja auf morgen verschieben«, sagte Sherry.
»Aber ich will nicht mehr warten.«
»Warum nicht? Vorfreude ist die schönste Freude.«
»Nach ein paar Wochen nicht mehr.«
»Ich weiß. Ich weiß. Mir geht es ja genauso.«
Hätten wir uns doch bloß bei all der Vorfreude ein wenig besser vorbereitet …
»Wieso gehst du morgen nicht einfach in den Laden und kaufst eine Großpackung von den Dingern?«, schlug Sherry vor. »Und dann kommst du am Abend zu mir. Ich koche uns was Schönes, und dann versuchen wir es noch mal. Na, was hältst du davon?«
Ein Blick in Duanes Gesicht zeigte ihr, dass er nicht gerade begeistert war.
»Einmal noch warten wird uns nicht umbringen«, sagte sie.
»Ich weiß, ich weiß, aber … Hey, Moment mal!«
»Was denn?«
Duane lachte laut auf. »Mann, bin ich blöd!«
»Wieso?«
»Ich kann die Dinger doch jetzt gleich kaufen! Im Speed-D-Mart haben sie bestimmt welche, meinst du nicht auch?«
»Ist anzunehmen.«
»Und er hat die ganze Nacht geöffnet.«
»Aber du willst doch hoffentlich nicht so spät noch dorthin«, sagte Sherry.
Duane schaute hinauf zum Radiowecker. »Es ist erst fünf nach zehn.«
»Selbst acht wäre schon zu spät.«
»Ich gehe doch nur kurz in den Laden rein, kaufe die Dinger und bin auch schon wieder draußen. In zehn Minuten bin ich wieder hier.« Er senkte den Kopf und küsste sie auf den Mund. Dann krabbelte er rückwärts von ihr herunter, wobei er mehrmals inne hielt und ihren nackten Körper küsste. »Und du bleibst so lange hier«, sagte er.
Dann eilte er ins Wohnzimmer.
»Vergiss nicht, dich anzuziehen«, rief Sherry ihm hinterher.
»Danke für den Tipp.«
Sie stieg aus dem Bett, lehnte sich an den Türrahmen und sah zu, wie Duane sich auf einem Bein herumhüpfend eine Socke anzog.
»Pass auf, dass du nicht hinfällst und dir wehtust«, sagte sie.
»Ich habe es eilig.«
»Wieso? Ich laufe dir doch nicht davon«, erwiderte sie. »Oder soll ich mitkommen?«
Duane hob sein Hemd vom Boden auf. Während er in einen Ärmel schlüpfte, sagte er: »Du bist ja nicht mal angezogen.«
»Das lässt sich ändern.«
»Ich mag dich lieber nackt.« Der andere Arm glitt in den zweiten Ärmel, und Duane rannte mit wehenden Hemdzipfeln zur Couch, wo er seine Unterwäsche von den Kissen klaubte.
»Ich bräuchte mir bloß rasch was überzuziehen«, sagte Sherry.
Duane bückte sich, um in die Unterhose zu steigen. »Nein. Tu, was du willst, aber zieh dich nicht an. Bleib so, wie du bist.«
Noch immer am Türrahmen lehnend, schlug Sherry ein Bein hinters andere und beobachtete lächelnd, wie Duane mit einem Ruck die Unterhose...