dummies
 

Suchen und Finden

Titel

Autor/Verlag

Inhaltsverzeichnis

Nur ebooks mit Firmenlizenz anzeigen:

 

Grün wie die Hoffnung - Roman

Nora Roberts

 

Verlag Blanvalet, 2009

ISBN 9783641029432 , 416 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

Geräte

8,99 EUR

  • Kein Mann für eine Nacht - Roman
    Sofies Delfinsommer - LeseSternchen
    Land der Dornen - Australien-Saga
    Blau wie das Glück - Roman
    Verschlungene Wege - Roman
    Aus Versehen verliebt - Roman
    Zeit des Glücks - Roman
    Bis ans Ende der Welt
 

 

2
Er ritt nordwärts auf Wegen, die schlammig waren vom Sturm. Die Schrecken und Wunder der Nacht gingen ihm durch den Kopf, während er vornübergebeugt auf seinem Pferd saß, um seine schmerzenden Rippen zu entlasten.
Sollte er lange genug leben, schwor er sich, würde er der heilenden Magie mehr Aufmerksamkeit schenken.
Er ritt an Feldern und Weiden vorbei, auf denen Männer arbeiteten und Vieh graste. Vorbei an Seen, die das Blau des Sommerhimmels widerspiegelten. Er ritt durch Wälder, in denen Wasserfälle über bemooste Steine donnerten, in deren Schatten das Reich des Feenvolks sich befand.
Man kannte ihn hier und zog die Mütze, wenn Hoyt, der Zauberer, vorbeikam. Aber er hielt nicht an, um sich in einer der Hütten oder Cottages bewirten zu lassen. Und er suchte auch keine Gastfreundschaft in den Herrenhäusern oder bei den Mönchen in deren Klöstern.
Auf dieser Reise war er allein, und vor allen Befehlen der Götter würde er zuerst seine Familie aufsuchen. Er würde ihnen ihren Schutz zurücklassen und erst anschließend seinen Auftrag erfüllen.
Mit jeder Stunde fiel es ihm schwerer, gerade auf dem Pferd zu sitzen, wenn er durch Dörfer oder an Gehöften vorbeikam. Seine Würde bescherte ihm beträchtliches Unbehagen, und schließlich musste er am Ufer eines Flusses rasten.
Früher, dachte er, hatte er den Ritt von seinem Cottage nach Hause zu seiner Familie genossen. Allein oder in Gesellschaft seines Bruders war er durch die Felder und Hügel oder auch am Meer entlang geritten und hatte dieselbe Sonne im Gesicht gespürt. Und genau hier, an dieser Stelle, hatte er immer Rast gemacht.
Jetzt jedoch schmerzte die Sonne seinen Augen, und der Geruch nach Erde und Gras erreichte seine Sinne nicht.
Fieberschweiß bedeckte seine Haut, und er biss die Zähne zusammen, um gegen die unerbittlichen Schmerzen anzukämpfen. Obwohl er eigentlich keinen Appetit hatte, aß er einen seiner Haferkuchen und nahm ein wenig von der Medizin, die er eingepackt hatte. Aber seine Rippen schmerzten trotzdem wie ein fauler Zahn.
Wozu mochte er im Kampf wohl nütze sein, fragte er sich. Wenn er jetzt das Schwert heben müsste, um sein Leben zu verteidigen, wäre er ein toter Mann.
Vampir, dachte er. Das Wort passte. Es war erotisch, exotisch und irgendwie grässlich. Wenn er Zeit und Energie hätte, würde er aufschreiben, was er alles darüber wusste. Er war zwar keineswegs davon überzeugt, dass er die Welt vor Dämonen retten würde, aber es war immer besser, Wissen zu sammeln.
Einen Moment lang schloss er die Augen, weil sein Kopf so schmerzte. Eine Hexe, hatte die Göttin ihm gesagt. Er hatte ungern mit Hexen zu tun. Sie rührten ständig in irgendwelchen seltsamen Zutaten herum und klapperten mit ihren Amuletten.
Dann ein Gelehrter. Er zumindest könnte nützlich sein.
Ob der Krieger Cian war? Das hoffte er. Cian, der mit Schwert und Schild wieder an seiner Seite kämpfte. Beinahe glaubte er, die Aufgabe erfüllen zu können, wenn sein Bruder nur bei ihm war.
Der eine mit den vielen Gestalten. Seltsam. Eine Fee vielleicht, aber wie zuverlässig solche Geschöpfe waren, das wussten wohl nur die Götter. Und daraus sollte die vorderste Front im Kampf der Welten bestehen?
Er musterte seine Hand, die er am Morgen verbunden hatte. »Es wäre besser gewesen, ich hätte alles nur geträumt. Ich bin es so leid, was ich sein muss, und außerdem bin ich kein Krieger.«
Reite zurück. Ein zischendes Flüstern. Hoyt sprang auf und griff nach seinem Dolch.
Im Wald bewegte sich nichts, nur ein Rabe auf einem Felsen am Wasser flatterte mit seinen schwarzen Flügeln.
Geh zurück zu deinen Büchern und Kräutern, Hoyt, der Zauberer. Glaubst du, du könntest die Königin der Dämonen besiegen? Geh zurück, geh zurück und leb dein jämmerliches Leben. Dann wird sie dich verschonen. Reitest du jedoch weiter, isst sie dein Fleisch und trinkt dein Blut.
»Hat sie etwa Angst, es mir selbst zu sagen? Das sollte sie auch, denn ich werde sie in diesem und, wenn es sein muss, im nächsten Leben jagen. Ich werde meinen Bruder rächen. Und in dem Kampf, der kommen wird, werde ich ihr das Herz herausreißen und es verbrennen.«
Du wirst schreiend sterben, und sie wird dich in alle Ewigkeit zu ihrem Sklaven machen.
»Du bist lästig.« Der Rabe flog auf, und Hoyt warf den Dolch nach ihm. Er verfehlte sein Ziel, aber der Feuerblitz, den er aus der freien Hand abschoss, traf genau. Der Rabe kreischte, und nur noch Asche fiel zu Boden.
Angewidert betrachtete Hoyt den Dolch. Ganz knapp verfehlt; wenn er nicht verletzt gewesen wäre, hätte er wahrscheinlich getroffen. Zumindest das hatte Cian ihm beigebracht.
Aber jetzt musste er die verdammte Kreatur erst einmal holen. Vorher nahm er noch eine Hand voll Salz aus der Satteltasche und streute es über die Asche des Vogels. Dann ergriff er seinen Dolch und bestieg mit zusammengebissenen Zähnen sein Pferd.
»Sklave für alle Ewigkeit«, murmelte er. »Das wollen wir doch erst mal sehen, was?«
Er ritt weiter, vorbei an grünen Feldern und an wolkenverhangenen Hügeln. Da seine Rippen einen Galopp nicht ausgehalten hätten, hielt er sein Pferd im Schritt. Dabei döste er ein und träumte, er wäre wieder auf der Klippe und kämpfe mit Cian. Dieses Mal jedoch war er derjenige, der hinunter auf die Felsen stürzte.
Erschreckt fuhr er hoch. Nicht nur der Traum, auch der Schmerz hatte ihn geweckt. Solche Schmerzen konnten doch nur Tod bedeuten.
Sein Pferd graste am Wegesrand, und ein Stück davon entfernt baute ein Mann mit einer spitzen Kappe eine Mauer aus grauen Steinen. Sein Spitzbart war gelb wie der Ginster, der auf dem niedrigen Hügel wuchs, und seine Handgelenke dick wie drei Arme.
»Guten Tag, Sir, da Ihr jetzt aufgewacht seid.« Der Mann tippte sich grüßend an die Kappe und bückte sich nach einem weiteren Stein. »Ihr seid heute schon weit gereist.«
»Ja, in der Tat.« Allerdings war er sich nicht ganz sicher, wo er sich befand. Er hatte Fieber und spürte, wie es ihm den Kopf benebelte. »Ich will nach An Clar, auf das Land der Mac Cionaoith. Wo bin ich hier?«
»Dort, wo Ihr seid«, erwiderte der Mann fröhlich. »Vor Anbruch der Nacht wird Eure Reise nicht vorbei sein.«
»Nein.« Hoyt blickte den Weg entlang, der sich schier endlos erstreckte. »Nein, nicht vor Anbruch der Nacht.«
»Hinter dem Feld ist eine Hütte mit einem Feuer im Herd, aber Ihr habt keine Zeit, um Euch hier aufzuhalten. Nicht, wenn Ihr noch so weit reiten müsst. Und während wir sprechen, verfliegt die Zeit. Ihr seid erschöpft«, sagte der Mann mitfühlend. »Aber Ihr werdet noch erschöpfter sein, ehe Ihr angekommen seid.«
»Wer seid Ihr?«
»Nur ein Wegweiser. Wenn Ihr zur zweiten Gabelung kommt, haltet Euch in westlicher Richtung. Wenn Ihr den Fluss hört, folgt ihm. An einer Eberesche befindet sich ein heiliger Brunnen, der Brunnen von Bridget, die manche jetzt als Heilige bezeichnen. Dort könnt Ihr Eure müden Knochen für die Nacht ausruhen. Zieht einen Kreis um Euch, Hoyt, der Zauberer, denn sie kommen, um Euch zu jagen. Sie warten nur darauf, dass die Sonne untergeht. Ihr müsst am Brunnen in Eurem Kreis sein, bevor es so weit ist.«
»Wenn sie mich verfolgen und jagen, führe ich sie doch direkt zu meiner Familie.«
»Sie sind ihnen nicht fremd. Ihr tragt Morrigans Kreuz und lasst es bei den Euren. Das und Euren Glauben.« Die Augen des Mannes waren blass und grau, und einen Moment lang schien es, als spiegelten sich Welten darin. »Wenn Ihr scheitert, ist bei Samhain mehr verloren als Euer Blut. Brecht jetzt auf. Die Sonne steht bereits im Westen.«
Was hatte er schon für eine Wahl? In seinem Fieberwahn kam ihm alles nur noch vor wie ein Traum. Der Tod seines Bruder und seine Vernichtung. Die Kreatur auf der Klippe, die sich Lilith genannt hatte. Hatte ihn tatsächlich die Göttin besucht, oder war er immer noch in einem Traum gefangen?
Vielleicht war er ja schon tot und befand sich gerade auf dem Weg in das Leben danach.
Aber an der Gabelung schlug er den Weg nach Westen ein, und als er den Fluss hörte, lenkte er sein Pferd darauf zu. Eisige Schauer durchrannen ihn, vom Fieber und von dem Wissen, dass die Sonne bereits sank.
Erschöpft glitt er vom Pferd und lehnte sich außer Atem an den Hals des Tieres.
Die Wunde an seiner Hand brach wieder auf und färbte den Verband rot. Die untergehende Sonne bildete bereits einen roten Feuerball.
Der heilige Brunnen war ein niedriges Viereck aus Stein an einer Eberesche. Menschen, die hierher gekommen waren, um zu beten oder zu rasten, hatten Bänder und Amulette an den Zweigen befestigt. Hoyt band sein Pferd an, dann kniete er sich hin, ergriff die kleine Schöpfkelle, die neben dem Brunnen lag, und trank von dem kühlen Wasser. Er vergoss ein paar Tropfen auf den Boden für die Götter und murmelte seinen Dank....