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Die Chaosschwestern legen los

Dagmar H. Mueller

 

Verlag cbj Kinder- & Jugendbücher, 2009

ISBN 9783641031176 , 256 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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5,99 EUR

  • Furchtbar lieb - Roman
    Weiberabend - Roman
    Wortlos - Peter Nachtigalls fünfter Fall
    Knochenwald - Historischer Kriminalroman
    Todfracht - Historischer Kriminalroman
    Zur Hölle mit den Hexen
    Der Prinzessinnenclub - Band 1
    Der gehetzte Uhrmacher - Roman
 

 

 

Iris und Cornelius sagen von sich selber, dass sie Hippie-Eltern sind. Möchte echt mal wissen, was das sein soll! Im Lexikon steht bei »Hippie« als Erklärung: »Anhänger einer betont antibürgerlichen und pazifistischen Lebensform«. Die soll es vor allem Ende der 60er-, bis Mitte der 70er-Jahre gegeben haben. Das ist natürlich schon mal Quatsch. Wie sollen Iris und Cornelius da wohl schon antibürgerlich, also gegen das, wie die meisten Leute leben, oder eben pazifistisch, also gegen den Krieg, gewesen sein? Da waren sie ja noch nicht mal im Kindergarten. Cornelius meint aber: »Hippie kann man immer sein. Das ist man im Herzen, egal wann.« Wenn er aber angeblich so pazifistisch, also friedliebend, ist und jede kriegerische Regung absolut ablehnt, warum brüllt er dann so oft hier bei uns zu Hause rum? Ich finde das ganz und gar nicht friedlich. Und überhaupt, meckern tut er auch den ganzen Tag. Wie kann man ein Hippie im Herzen sein und sich dann über ein paar lächerliche Gummistiefel auf dem Wohnzimmersofa aufregen? Ist das etwa pazifistisch? Na ja, aber lieb hab ich ihn natürlich trotzdem. Sehr. Und Iris auch. Selbst wenn ich glaube, dass das mit dem Hippie-Sein bei ihnen echt Quatsch ist. Bloß weil jemand in einer erfolglosen Band spielt, macht ihn das auch noch nicht automatisch zum Hippie. Da ist Rema bestimmt mehr Hippie als Iris und Cornelius zusammen. Und Rema sieht auch total so aus. Ganz wundervoll bunt nämlich.

Das sieht ja aus, als ob da hundert Zimmer drin sind«, meint Malea.

Aber sie wirkt nicht wirklich sehr interessiert an dem Haus, sondern seufzt leise. Ihr Gesicht sieht irgendwie reichlich zerknittert aus. Komisch, sie scheint heute Abend nicht gut drauf zu sein.

Malea ist meine andere kleine Schwester. Deutlich älter als Kenny, aber zwei noch deutlichere Jahre jünger als ich.

Cornelius lächelt zufrieden. »Na ja, hundert Zimmer wohl nicht. Aber doch eine ganze Menge.« Er grinst uns alle der Reihe nach stolz an. »Auf jeden Fall wird jede von euch endlich ein schönes, eigenes Zimmer haben. Und für mich wird im Keller wohl auch noch ein kleiner Übungsraum abfallen.«

»Cool, Papa!«, ruft Kenny. »Heißt das, dass auch euer Schlagzeug dann immer bei uns im Haus steht?«

Kenny ist ein großer Fan von Cornelius’ peinlicher Band Rainbow. Na ja, eigentlich ist sie mehr ein Fan von deren Schlagzeug. Ich finde es eigentlich auch ganz nett, darauf rumzukloppen, aber natürlich nur, wenn keiner zuhört. Ich muss mich ja nicht zum Gespött der Leute machen!

»Es heißt auf jeden Fall, dass Cornelius dann nicht mehr jeden Abend weg ist«, sagt Iris und zwinkert uns verschwörerisch zu. »Von jetzt an kann er mit Rainbow zu Hause proben. Da braucht er eigentlich überhaupt nie mehr abends wegzugehen. Das ist doch auch schon was.«

Cornelius guckt erstaunt zu ihr rüber. Ich schätze mal, so hat er das noch gar nicht gesehen. Ich muss fast grinsen. Sieht so aus, als ob ihn dieser Teil unserer Lebensveränderung dann doch nicht ganz so freut.

»Hm – ja – sicher, das stimmt«, murmelt er leise.

»Es ist aber wirklich ziemlich rosa«, sage ich und beuge mich noch etwas tiefer über das Bild.

»Ganz genau«, stimmt Iris mir sofort zu. »Rosa, sag ich doch.«

»Rosarot, vielleicht«, versucht Rema zu vermitteln. »So genau kann man das auf einem kleinen Foto sowieso nicht erkennen. Vielleicht stimmen die Farben ja gar nicht.«

»Das wird es sein«, nickt Cornelius erleichtert. Ich glaube, er ist heute Abend nicht allzu wild auf Streit. »Wir sollten es uns morgen früh sofort in natura anschauen.«

»In was?«, fragt Kenny.

»Wir fahren hin«, erkläre ich ihr. »Das meint Papa.«

»Cornelius«, verbessert Cornelius.

»Ah«, macht Kenny und beachtet Cornelius gar nicht. »Toll! Darf ich mir mein Zimmer dann selbst aussuchen?«

»Fahren wir alle?«, fragt Tessa da plötzlich. Es ist das erste Mal seit bestimmt einer Stunde, dass sie sich an der Unterhaltung beteiligt. »Ich meine, müssen wir alle fahren?«

Cornelius runzelt die Stirn und guckt Tessa unwillig an. Fast als hätte sie unser neues Haus ganz grässlich beleidigt.

»Ich nehme an, wir wollen alle fahren«, sagt er dann in betont ruhigem Ton, der wohl keinen Widerspruch dulden soll. »Schließlich bekommen wir nicht alle Tage ein Haus geschenkt.«

»Wir haben es geerbt«, berichtigt Iris. »Nicht direkt geschenkt bekommen.«

»Wo ist der Unterschied?«, fragt Cornelius und guckt jetzt auch Iris böse an.

Wir haben das Haus tatsächlich geerbt. Von einem Großonkel von Cornelius, den außer ihm keiner von uns überhaupt kannte. Nur scheint der keine anderen Verwandten als Cornelius mehr gehabt zu haben. Und hat sein Testament deshalb sehr freundlich zu seinen Gunsten gemacht.

»Darf ich mir mein Zimmer also selbst aussuchen?«, wiederholt Kenny mit bettelnden Augen.

»Ja, ja, du darfst dir ein Zimmer aussuchen, Kendra«, antwortet Cornelius.

Das ist ebenfalls eine von Cornelius’ Macken. Er versucht, uns alle nur bei unseren richtigen, vollen Vornamen zu nennen. Mich nennt er hartnäckig Olivia, obwohl mich schon seit hundert Jahren kein Mensch mehr so nennt. Ich glaube, die Letzte, die mich so genannt hat, war meine Grundschullehrerin. Und die mochte ich nicht. Ich bin Livi. Auch Iris nennt mich so.

Dass Cornelius uns alle bei unseren vollen Vornamen nennt, liegt an seiner Ordnungsmacke. (Schon merkwürdig bei einem, der hippielange Haare hat, in einer Band spielt, die Rainbow heißt, und noch nicht mal einen richtigen Beruf hat.) Und dank seiner Ordnungsmacke müssen nicht nur die Bücher ordentlich im Regal stehen, sondern auch die Namen seiner Kinder ordnungsgemäß ausformuliert werden. Meistens jedenfalls. Manchmal vergisst er das allerdings auch.

»Cool«, grinst Kenny zufrieden, die auch das nicht stört. »Ich nehme das größte von allen.«

Tessa holt tief Luft. »Ich habe nämlich … ich habe … also eigentlich habe ich morgen gar keine Zeit.«

Iris guckt erstaunt. »Wieso? Bist du mit Dodo verabredet? Kannst du das nicht ein bisschen verschieben?«

Dodo ist Tessas Busenfreundin. Tessa ist zwar zwei Jahre älter als ich, aber etwa zwei Lichtjahre blöder. Jedenfalls meistens. Und ihre dämliche Freundin Dodo passt hervorragend zu ihr.

Tessa schüttelt den Kopf. »Nein, kann ich nicht. Ehrlich. Könnte ich nicht später nachkommen? Ich weiß genau, wo die Kastanienallee ist. Ich finde das Haus bestimmt problemlos. Nur … ich kann wirklich erst … ähm … frühestens am Nachmittag.«

Sie kneift ihre lipglossrosa Lippen aufeinander und schweigt. (Warum verbietet Cornelius ihr nicht endlich mal, sich dauernd diese Massen von Farben mit all den schädlichen Konservierungsstoffen ins Gesicht zu schmieren?)

Haha! Sie glaubt bestimmt, dass sie mit der Schweigetaktik durchkommt.

Zugegeben, so was funktioniert in unserer Familie manchmal ganz gut. Wir sind so viele, dass sowieso irgendjemand oder irgendwas immer dazwischenkommt, und schon haben Iris und Cornelius vergessen, was sie eigentlich verbieten wollten. Und wenn sie ein Verbot nicht ausgesprochen haben, ist es natürlich auch nicht wirklich verboten. Meint jedenfalls meine Schwester.

Mist! Es scheint auch diesmal zu klappen. Dass etwas dazwischenkommt, meine ich. Denn plötzlich rülpst Malea.

Nicht einfach so – leise oder unauffällig. Nein, ein reichlich rottiger Riesenrülpser schießt aus ihrem Mund, bei dem wir alle unwillkürlich zusammenzucken.

An der Stelle fällt mir allerdings auf, dass auch Malea schon seit einiger Zeit nicht mehr viel gesagt hat. Was ganz und gar nicht normal für sie ist.

Sie rülpst noch mal. Dann blickt sie sich mit glasigen Augen um. »Mir ist übel.«

(Ach, nee!)

Iris – ganz besorgte Mutter – mustert Malea durchdringend.

Malea sieht in der Tat etwas blass aus.

»Mir ist echt schlecht«, flüstert sie jetzt. Ja, sie flüstert. Gequält. Fast als ob sogar das Flüstern anstrengend ist.

Sie atmet stoßweise. Ich muss zugeben, sie sieht inzwischen reichlich grün um die Nase aus.

»Himmel!«, stöhnt Rema und schubst Kenny von ihrem Schoß. »Komm, komm!« Sie zieht Malea vorsichtig von ihrem Stuhl hoch und versucht, sie zu stützen. »Lass uns lieber rüber ins Badezimmer gehen.«

»Die Pizza?«, fragt Iris.

Malea würgt als Antwort. Es klingt ziemlich eindeutig.

»Schnell!« Remas Stimme klingt dringlich. »Komm, Süße, komm!«

»Aber wir haben doch alle das Gleiche gegessen.« Cornelius guckt ehrlich erstaunt. Seine roten Ohren erblassen vor Schreck ein klein wenig.

»Ach, und deswegen darf ihr nicht schlecht werden?«, fragt Iris bissig.

Tessa kneift ihre Augen zusammen.

Ich weiß, warum die dumme Kuh das macht. Sie denkt, dass das ihre langen Wimpern wie dunkle, verführerische Fächer wirken lässt. Das hab ich sie jedenfalls mal zu Dodo sagen hören. Die beiden Sumpfschnecken standen vor unserem Flurspiegel und klimperten wie die Blöden mit ihren schwarz getuschten Augen, um herauszufinden, wie man die beste Wirkung erzielen kann. Also echt, haben die keine anderen...