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Kein Mann für eine Nacht - Roman

Susan Elizabeth Phillips

 

Verlag Blanvalet, 2009

ISBN 9783641035396 , 512 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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8,99 EUR

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1
Das Glitter Baby war zurückgekehrt. Sie blieb in dem bogenförmigen Eingang der Orlani Gallery stehen, um den Gästen der abendlichen Vernissage Gelegenheit zu geben, sie wiederzuerkennen. Das leise Säuseln höflicher Partyunterhaltung vermischte sich mit dem Straßenlärm. Die Kunstmäzene gaben sich den Anschein, als würden sie die afrikanischen Jungen Wilden begutachten, deren Bilder sich an den Wänden reihten. Der Duft von Joy, Gänseleberpastete und Geld hing in der Luft. Vor sechs Jahren war sie eines der berühmtesten Gesichter Amerikas gewesen. Ob man sich noch an sie erinnerte, überlegte das Glitter Baby. Und wenn nicht? Wie würde sie das wegstecken?
Sie blickte mit einstudierter Lässigkeit geradeaus, ihre Lippen leicht geöffnet und ihre ringlose Hand locker in die Hüfte gelegt. In ihren Riemchenstilettos war sie über einen Meter achtzig groß, eine auffallend schöne Amazone mit einer Wahnsinnsmähne, die ihr über die Schultern fiel. Die New Yorker Starcoiffeure machten sich einen Spaß daraus, die Haarfarbe mit nur einem einzigen Begriff zu umschreiben. Sie kreierten Attribute wie »Champagnersorbet«, »Buttertoffee« oder »Vanilleparfait«, aber nichts traf es so richtig, da das Licht ihren naturblonden Haaren ungewöhnliche Reflexe verlieh.
Aber nicht nur ihre wallenden Locken inspirierten zu poetischen Höhenflügen. Alles an dem Glitter Baby verleitete zu Superlativen. Jahre zuvor hatte ein aufgebrachter Moderedakteur seinen Assistenten gefeuert, weil er die viel gerühmten Augen schnöde als »haselnussbraun« bezeichnet hatte. Der Chef des Modemagazins hatte den Artikel neu verfasst und darin Fleur Savagars Iris als »ein flirrendes Pastell von Gold, Türkis und Smaragdgrün« umschrieben.
An diesem Septemberabend des Jahres 1982 war Glitter Baby attraktiver denn je. Ein Hauch von Überheblichkeit zeigte sich in ihren überhaupt nicht haselnussbraunen Augen, ihr fein modelliertes Kinn umspielte eine Spur von Arroganz, aber im Innern empfand Fleur Savagar totale Panik. Sie atmete tief durch und schärfte sich ein, dass das Glitter Baby inzwischen erwachsen geworden war. Sie würde sich von niemandem mehr gängeln oder gar demütigen lassen.
Ihr Blick glitt über die Menge. Diana Vreeland, elegant in einem Abendcape von Yves Saint Laurent mit schwarzseidener Hose, begutachtete eben eine Bronzeskulptur aus Benin, während ein strahlender Michail Barischnikow inmitten einer Gruppe weiblicher Gäste stand, die sich mehr für russischen Charme erwärmten als für afrikanische Ethnokunst. In einer Ecke plauderten ein Fernsehmoderator und seine publikumswirksame Ehefrau mit einer französischen Schauspielerin in den Vierzigern, die sich nach einem heimlichen Facelifting das erste Mal wieder in die Öffentlichkeit wagte. Etwas entfernt davon stand die hübsche Vorzeigeehefrau eines Broadway-Produzenten, der für seine homosexuellen Neigungen bekannt war. Sie schien sich in ihrem Mollie-Parnis-Modell, das sie frivol bis zur Taille aufgeknöpft trug, erkennbar zu langweilen.
Fleurs Abendrobe hob sich von allen anderen ab. Dafür hatte ihr Designer gesorgt. »Du musst elegant aussehen, Fleur. Eleganz, Eleganz, Eleganz heißt das Zauberwort in dieser Ära der Stillosigkeit.« Er hatte bronzefarbenen Stretchsatin zu einem körperbetonten, ärmellosen Modell mit hohem Kragen und tiefem Rückenausschnitt verarbeitet. Unterhalb der Hüfte verlief der schmale Rock schräg angeschnitten bis zu den Knöcheln. Aus diesem diagonalen Seitenschlitz wogte eine Kaskade hauchzarter schwarzer Seidenspitze. Er zog sie mit der Seide auf, meinte, er sei gezwungen gewesen, mit dieser Camouflagetechnik zu arbeiten, weil sie Schuhgröße zweiundvierzig habe.
Die Ersten drehten sich neugierig zu ihr um, und sie gewahrte das plötzliche Wiedererkennen in ihren Gesichtern. Erleichtert atmete sie aus. Ein Raunen ging durch die Menge. Ein bärtiger Fotograf schwenkte seine Hasselblad von der französischen Actrice auf Fleur und schoss das Foto, das schon am nächsten Morgen die Titelseite der Women’s Wear Daily schmücken sollte.
Von der gegenüberliegenden Seite des Raumes aus blinzelte Adelaide Abrams, die meistgelesene Klatschkolumnistin in New York, zu dem bogenförmigen Eingang hinüber. Das war doch nicht möglich! War Fleur Savagar endlich wieder aus der Versenkung aufgetaucht? Adelaide spurtete los und stieß mit einem millionenschweren Immobilienhai zusammen. Sie hielt wie wild Ausschau nach ihrem eigenen Hausfotografen und stellte dabei fest, dass nafka von Harper’s Bazaar soeben die Kamera in Anschlag brachte. Sie schob sich rigoros an zwei völlig verblüfften Society-Schönheiten vorbei und stürzte sich mit einem professionellen Hechtsprung auf Fleur Savagar.
Fleur hatte das Rennen zwischen Harper’s und Adelaide Abrams beobachtet und war sich nicht sicher, ob sie erleichtert darüber sein sollte, dass Adelaide schneller gewesen war. Die Klatschkolumnistin war eine gewiefte alte Krähe und würde sich mit Halbwahrheiten und schwammigen Antworten sicher nicht abwimmeln lassen. Andererseits brauchte Fleur ein bisschen Publicity.
»Fleur! Grundgütiger, Sie sind es wirklich! Ich kann es kaum fassen, obwohl ich es mit eigenen Augen sehe! Mein Gott, Sie sehen toll aus!«
»Sie aber auch, Adelaide«, versetzte Fleur mit dem ihr eigenen weichen, leicht melodischen Akzent des Mittleren Westens. Keiner der Umstehenden hätte darauf getippt, dass Englisch nicht ihre Muttersprache war. Sie beugte sich herunter für den obligatorischen Luftkuss, denn Adelaide reichte ihr gerade einmal bis zum Kinn. Woraufhin die hennagefärbte Journalistin Fleur in den hinteren Bereich des Saals zog und damit geschickt vor den anderen Pressevertretern abschottete.
»1976 war ein denkbar schlimmes Jahr für mich, Fleur.« Adelaide seufzte theatralisch. »Damals ging ich durch die Menopause. Gute Güte, dass Sie niemals durchmachen mögen, was ich durchgemacht habe. Es hätte mich extrem aufgebaut, wenn Sie mir die Story gegeben hätten. Aber ich schätze, Sie hatten anderes im Kopf als mich. Dann, als Sie schließlich wieder in New York auftauchten …« Sie drohte Fleur scherzhaft mit dem Finger. »Ich muss gestehen, Sie haben mich enttäuscht.«
»Alles zu seiner Zeit.«
»Mehr haben Sie dazu nicht zu sagen?«
Fleur schenkte ihr ein, wie sie hoffte, geheimnisvolles Lächeln und nahm ein Glas Champagner von einem der vorbeigleitenden Kellner.
Adelaide nahm sich ebenfalls ein Glas. »Ihr erstes Vogue -Cover werde ich im Leben nicht vergessen. Diese Statur … und diese auffallend großen Hände. Keine Ringe, kein Nagellack. Auf dem Titelblatt trugen Sie einen Nerz und ein Diamantencollier von Harry Winston, das sicher locker eine Viertelmillion Dollar kostete.«
»Ich entsinne mich.«
»Keiner konnte es so richtig fassen, dass Sie plötzlich von der Bildfläche verschwanden. Und dann Belinda …« Ein berechnender Ausdruck glitt über ihr Gesicht. »Haben Sie sie in letzter Zeit gesehen?«
Fleur verspürte wenig Lust, über Belinda zu reden. »Ich war länger in Europa. Ich wollte ein bisschen was Neues ausprobieren.«
»Das kann ich nachvollziehen. Sie waren ein junges Mädchen. Und Ihre Kindheit verlief ja wohl nicht besonders rosig. Zudem war es Ihr erster Film. Die Leute in Hollywood sind meist nicht besonders sensibel, anders als wir New Yorker. Sechs Jahre sind eine lange Zeit. Was haben Sie denn so alles ausprobiert?«
»Das ist eine längere Geschichte.« Fleurs Blick glitt durch den Saal, ein Signal, dass das Thema für sie beendet war.
Adelaide blieb hartnäckig. »Na, wenn schon, meine Liebe, verraten Sie mir Ihr Geheimnis? Kaum zu glauben, aber Sie sehen noch besser aus als mit neunzehn.«
Das Kompliment machte Fleur hellhörig. Wenn sie sich gelegentlich ihre Fotos anschaute, nahm sie zwar die Schönheit wahr, die andere in ihr sahen, aber es schien ihr zugleich so distanziert, als zeigten die Aufnahmen eine Fremde. Sicherlich waren ihre Züge mit den Jahren ebenmäßiger und reifer geworden, aber sie konnte nicht einschätzen, wie andere die Veränderungen wahrnahmen.
Fleur war nicht eitel, weil sie schlicht nie verstanden hatte, warum man so viel Tamtam um sie machte. Sie fand ihr Gesicht zu herb. Die Wangenknochen, die Fotografen und Moderedakteure zu Begeisterungsstürmen hinrissen, zu maskulin. Hinzu kamen ihre Körperlänge, die großen Hände, die riesigen Füße … einfach unmöglich.
»Ich glaube wohl eher, dass Sie ein Geheimnis haben«, erwiderte Fleur schlagfertig. »Ihre Haut sieht nämlich fantastisch aus.«
Adelaide tat einen kurzen Augenblick lang geschmeichelt, ehe sie bescheiden abwinkte. »Erzählen Sie mir von Ihrem Kleid. So etwas hab ich Jahre nicht mehr gesehen. Es erinnert mich daran, was Mode einmal war, bevor …« Sie nickte kaum merklich in Richtung der schamlos aufgeknöpften Produzentengattin. »… bevor Geschmacklosigkeit Stilgefühl...