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Else Lasker-Schüler - Biographie

Sigrid Bauschinger

 

Verlag Wallstein Verlag, 2013

ISBN 9783835306820 , 496 Seiten

2. Auflage

Format PDF, OL

Kopierschutz frei

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13,99 EUR


 

Kindheit und Jugend in Elberfeld 1869-1894 (S. 7)

Die Heimat fremd, die ich mit Liebe überhäufte. Aus der ich lebend in den Himmel reifte.

Über Else Lasker-Schülers Herkunft und Kindheit läßt sich in zwei verschiedenen Fassungen berichten. Die eine würde auf den autobiographischen Passagen ihrer Werke beruhen, wie der Erzählung Arthur Aronymus.

Die Geschichte meines Vaters von 1932 und deren dramatisierter Version sowie zahlreichen früher entstandenen Prosatexten, die im gleichen Jahr in den Band Konzert aufgenommen wurden. Auch in der Verlegerschelte Ich räume auf ! von 1925 und dem Buch über ihre erste Palästinareise, Das Hebräerland, aus dem fünften Exiljahr 1937 erzählt sie aus ihrem Leben, bezeichnenderweise aber immer aus der Kindheit.

Schließlich streut Else Lasker-Schüler in ihre Briefe Erinnerungen – wieder nur an die Kindheit und frühe Jugend – in Elberfeld ein. Sie vermitteln wichtige Einblicke, etwa daß es im Hause Schüler einen Weihnachtsbaum gab oder daß der Vater stolz die Gedichte seiner Tochter auf Zetteln in der Tasche mit sich herumtrug und seinen Freunden beim Wein vorlas.

Solche Mitteilungen macht die Dichterin immer häufiger in den Briefen, die sie im Exil geschrieben hat, denn sie meinte, in schweren Zeiten sollte man sich oft an die Kindheit erinnern. Die andere Fassung ließe die verklärenden autobiographischen Texte außer acht, beriefe sich nur auf dokumentarische Quellen und berichtete, wie es »eigentlich« gewesen ist.

Damit käme sie jedoch Else Lasker-Schüler nicht näher, für die Wirklichkeit von Kindheit an dazu diente, die Phantasie zu nähren, damit etwas viel Wichtigeres und Größeres entstehen konnte: Kunst mit ihrem ganzen Absolutheitsanspruch. In diesem Leben und Schreiben geht es nicht um Dichtung und Wahrheit, sondern um Dichtung als Wahrheit oder, in ihren Worten, Dichtung als »die Blüte der Wahrheit«.

Bemerkungen, wie sie Else Lasker-Schüler für Anthologien, etwa Kurt Pinthus’ Menschheitsdämmerung von 1919, schrieb, machen das deutlich: »Ich bin in Theben (Ägypten) geboren, wenn ich auch in Elberfeld zur Welt kam im Rheinland.

« Das geschah am 11. Februar 1869, wie die Eltern noch selbigen Tages in der Elberfelder Zeitung bekanntgaben: »Durch die heute Nacht erfolgte Geburt eines Mädchens wurden sehr erfreut A. Schüler und Frau.« Das Elisabeth genannte Kind war das sechste und jüngste von Aron und Jeanette Schüler, dessen drei Brüder Alfred Jacob, Moritz Maximilian und Paul Carl elf, zehn und neun Jahre älter waren.

Die beiden Schwestern Martha Theresia und Annemarie (Anna) wurden sieben bzw. sechs Jahre vor der Nachzüglerin Else, ebenfalls in der Herzogstraße 29, mitten in Elberfeld geboren, wo der Vater auch sein »Comptoir« hatte. Aron Schüler war 1855 im Alter von 30 Jahren aus Geseke in Westfalen nach Elberfeld gekommen und hatte sich mit seinem ebenfalls aus Geseke stammenden Geschäftspartner Abraham Grünebaum als Manufakturwarenhändler am Kolk niedergelassen.

Aron Schülers Vater Moses betrieb in Geseke ein Fuhr- und Bankgeschäft. Nach dem Tod seiner Frau Rosa, der Tochter des Rabbiners Zwi Hirsch Cohen, hatte Moses deren jüngere Schwester Henriette geheiratet. Zu den elf Kindern aus erster Ehe – Aron war das sechste – kamen noch einmal mehrere hinzu, so daß die gesamte Kinderschar zwischen 17 und 21 umfaßte.

Else Lasker-Schüler macht in den Arthur Aronymus-Dichtungen sogar 23 daraus. Nach den Forschungen des Rabbiners und langjährigen Archivars der jüdischen Gemeinde Berlin, Bernhard Brilling, lebte bereits Else Lasker-Schülers Urgroßvater Aron Levi nach 1776 als »verkleideter Jude« in Geseke, wo er vor 1815 starb.