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Lokale Sozialpolitik in Bremen und Hannover - Ein Bericht über die vergleichende Analyse der Steuerung und Leistungen großstädtischer Sozialpolitik

Rolf Prigge, Thomas Schwarzer

 

Verlag Kellner-Verlag, 2009

ISBN 9783939928119 , 169 Seiten

Format PDF, OL

Kopierschutz DRM

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3. Lokale Sozialpolitik in der Stadtregion Hannover (S. 43-44)

3.1. Hannover – historische und institutionelle Rahmenbedingungen

Historisch betrachtet charakterisiert die Entwicklung Hannovers zur Großstadt ein spezifisches Spannungsverhältnis. Die besondere Lagegunst als ein zentraler Verkehrsknotenpunkt und eine relativ kurze Phase als Hauptstadt des Königreichs Hannover (1815-1866) waren die Basis für die Entwicklung zu einem bedeutenden Industriestandort mit einer wachsenden Bevölkerung. Nicht zuletzt durch die Eingemeindung des Industrievorortes Linden stieg die Zahl der Bewohner sprunghaft von 300.000 (1910) auf 420.000 (1925). Politisch erlangte die Stadt hingegen lediglich eine begrenzte, untergeordnete Rolle im institutionellen Hierarchiegefüge (Henkel 1993: 435). Sowohl vor als auch nach der 50- jährigen Phase als Residenz- und Verwaltungszentrum des Königreichs Hannover war die Stadt in ihrer Handlungsfreiheit stets abhängig oder untergeordnet. Dies änderte sich erst nach dem zweiten Weltkrieg, als Hannover 1946 zur Landeshaupt Niedersachsens wurde.

Das Image Hannovers als eine relativ behäbige und konventionelle Provinzstadt wandelte sich mit den Jahren des Wiederaufbaus lediglich allmählich. Die Stadtverantwortlichen versuchten insbesondere die Definition der Stadt über sekundäre Merkmale zu überwinden, wie z.B. als Schnittpunkt wichtiger Verkehrslinien (Ostwest/Nordsüd). Dazu trug vor allem die Etablierung als international bedeutender Messestandort bei. Diese Funktion übernahm Hannover auf Grund der deutschen Teilung von Leipzig und öffnete sich zumindest für einige Phasen im Jahr gegenüber der „Welt“. Von Bedeutung war auch die Aufmerksamkeit Hannovers als erste „autogerechte“ moderne Großstadt in Deutschland. Die Stadtplaner orientierten sich beim Wiederaufbau am Konzept des „Neuen Bauens“, ohne jedoch Hochhäuser zu errichten. Ein zentraler Bestandteil der Planungen war der großzügige Ausbau von doppelspurigen Hauptverkehrsachsen, Stadtautobahnen und Hochstraßen, die bis heute die Stadtstruktur prägen. Ganze Delegationen von Architekten, Verkehrsingenieuren und Stadtplanern zog es deswegen Ende der 50er Jahre nach Hannover. Gleichzeitig wurden schon früh repräsentative Bauten wie das Opernhaus, die Marktkirche und das Leineschloss als historische Bezugspunkte restauriert.

Die lokale Politik in der Landeshauptstadt Hannover dominierten wie schon vor 1933 Sozialdemokraten. Nach dem Zweiten Weltkrieg verfolgten sie eine Öffnung des zuvor relativ abgedichteten „Lagers“ von vielfältigen sozialdemokratischen Vorfeldorganisationen gegenüber dem städtischen Bürgertum. Die SPD in Hannover wollte sich vom „Stallgeruch“ des proletarischen Milieus „befreien“ und sich nach „oben“ öffnen. Die zu Beginn eher autodidaktisch geformten Freizeitpolitiker im Stadtrat hatten in der Regel der amtlich verbürgten Kompetenz der Verwaltungsfachleute nicht viel entgegenzusetzen. Durch diese „relative Autonomie“ der kommunalen Verwaltungsspitze prägte ein Zweckbündnis zwischen traditionellen Sozialdemokraten und aufgeklärten, liberalen Bürgern die städtische Politik, überlagert jedoch vom Primat der (kommunalen) Verwaltung.

In der Wiederaufbauphase erreichte die Einwohnerzahl in Hannover bereits 1953 (491.000) einen höheren Stand als vor dem Zweiten Weltkrieg (1939: 475.000). Durch die massiven Kriegszerstörungen fehlten 30 % der vorherigen Wohnungen bei gleichzeitig 117.000 Flüchtlingen in der Stadt. Zwischen 1946 und 1962 konnten zwar mehr als 100.000 Wohnungen neu bezogen werden, dennoch waren die Einwohnerzahlen bereits in den 60er Jahren, auch auf Grund der einsetzenden Suburbanisierung, rückläufig. Darauf reagierten Politik und Verwaltung mit einer forcierten Modernisierungsstrategie: der Gründung des Großraumverbandes Hannover (1963), dem Ausbau der Medizinischen Hochschule (ab 1964) sowie dem Bau einer U-Bahn (ab 1965), mit der auch die Errichtung zahlreicher „Trabantenstädte“ am Stadtrand verbunden war.