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Psychoonkologie. Empfehlungen zur Diagnostik, Therapie und Nachsorge

Tumorzentrum München – P. Heußner, M. Besseler, H. Dietzfelbinger, M. Fegg, K. Lang, U. Mehl, D. Pou

 

Verlag W. Zuckschwerdt Verlag, 2009

ISBN 9783886039647 , 297 Seiten

3. Auflage

Format PDF, OL

Kopierschutz DRM

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16,99 EUR


 

VI Interventionen (S. 191-192)

M. Fegg, U. Mehl

VI-1 Einführung: Stellenwert der klassischen Psychotherapieverfahren in der Psychoonkologie

U. Mehl, M. Fegg

In der Psychoonkologie sind die psychodynamischen wie verhaltenstherapeutischen Richtungen als klassische und von den Kostenträgern anerkannte Therapieverfahren weit verbreitet.

In der Verhaltenstherapie (s. Kapitel VI-2) wird gegenwärtig eine sog. „dritte Welle“ diskutiert [1]. Die Ursprünge der Verhaltenstherapie liegen in behavioralen Therapiemethoden (erste Phase), die v. a. im Rahmen von Expositionsverfahren in der Behandlung von Ängsten eingesetzt wurden. Die Habituation an Angst auslösende Reize ist hierbei das Wirkprinzip. Neben dem Ansatz des Lernens durch klassische Konditionierung (Koppelung neutraler Reize an auslösende Stimuli) wurde durch operante Konditionierung (Verstärkerlernen) ebenfalls versucht, Verhalten auf- bzw. abzubauen. Direkte und indirekte Verstärkung wie auch direkte und indirekte Bestrafung/Löschung wurden dabei eingesetzt. Als Hauptproblem dieser Ansätze wurde zu Recht kritisiert, das zugrunde liegende Menschenbild sei zu einseitig, reduktionistisch und auf Stimulus-Response-Zusammenhänge beschränkt. Die eigentlichen, den Menschen auszeichnenden Denkprozesse würden hierbei ausgeblendet („black box“). In der zweiten Phase rückten diese Wahrnehmungs- und innerpsychischen Informationsverarbeitungsprozesse ins Zentrum der methodischen Weiterentwicklung. Die sog. „kognitive Wende“ war eingeläutet. Insbesondere bei depressiven Patienten wurden dysfunktionale Kognitionen identifiziert und versucht, diese mit Hilfe von Techniken wie sokratischem Dialog, rational-emotiver Therapie und kognitiver Umstrukturierung zu verändern, d. h. irrationale Überzeugungen nach und nach durch funktionalere und rationalere zu ersetzen. Neuere Erkenntnisse, die spätestens mit den therapeutischen Weiterentwicklungen in der Behandlung von Borderline-Persönlichkeitsstörungen durch Marsha Linehan eingeleitet wurden, führten zur sog. „dritten Welle“. Dahinter steht die Erfahrung, dass dysfunktionale Überzeugungen nicht ohne Weiteres dauerhaft modifiziert werden können. Neben einer leichtfertigen Veränderungsorientierung ist das Akzeptanzprinzip diesem als gleichwertiger Modus gegenübergestellt worden. Es geht bei vielen Störungen nicht alleine um die Veränderung, an erster Stelle muss oftmals eine Akzeptanz des vorhandenen, störenden Symptoms stehen. Nachdem Untersuchungen gezeigt haben, dass die Umstrukturierung unliebsamer Gedanken in vielen Fällen nicht zu nachhaltigen Veränderungen führt [2], wurde mit Hilfe von Achtsamkeitsübungen, d. h. der nicht wertenden Beobachtung aller (angenehmer wie unangenehmer) innerpsychischer Ereignisse ein neuer Weg beschritten. Neben der Akzeptanz wurde die Orientierung an persönlichen Werten zum zweiten, wesentlichen Bestandteil der sog. „Third-Wave“- Therapien [3].

Die psychodynamischen Psychotherapien werden im Kapitel VI-3 ausführlich dargestellt. Insbesondere wird dort auf Indikationen, Methoden und Wirkweisen eingegangen. Seit den Ursprüngen der Psychoanalyse vor ca. einem Jahrhundert und der bahnbrechenden anschlie- ßenden Entwicklung des Trieb- und später Strukturtheoriemodells durch Sigmund Freud sind die psychodynamischen Psychotherapien und insbesondere auch die psychoanalytische Psychotherapie intensiv weiterentwickelt worden. Die empirisch gestützten Konzepte der Bindungs- und Säuglingsforschung werden ebenso berücksichtigt wie die Erweiterung der Psychotherapie von einer Ein-Personen-Psychologie zu einer Zwei (Mehr)-Personen-Psychologie, d. h. „der psychoanalytische Prozess wird auch als eine Begegnung zweier Menschen verstanden, die in freilich unterschiedlichen Rollen aufeinander bezogen sind“ [4]. Die Bedeutung des Psychotherapeuten als ein signifikant Anderer wurde aber lange Zeit vernachlässigt. Es kann als eine lange Selbsttäuschung betrachtet werden, wenn ausschließlich über die Patientin oder den Patienten in Kasuistiken gesprochen und in Fallberichten geschrieben wurde [5].