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Ein eisiger Tod - Inspector Rebus 7 - Kriminalroman

Ian Rankin

 

Verlag Goldmann, 2010

ISBN 9783641038281 , 416 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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9,99 EUR

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1
Eine Winternacht, die aus Edinburgh hinausschrie.
Das vordere Auto wurde von drei anderen verfolgt. In den verfolgenden Autos saßen Polizeibeamte. Schneeregen peitschte durch die Dunkelheit. Inspector John Rebus saß im zweiten Polizeiwagen und biss die Zähne zusammen. Mit einer Hand klammerte er sich am Türgriff fest, mit der anderen an der Vorderkante des Beifahrersitzes. Chief Inspector Lauderdale schien am Lenkrad rund dreißig Jahre abgeschüttelt zu haben. Er war wieder ein Halbwüchsiger, der das Machtgefühl des Schnellfahrens, Ein-bisschen-zuschnell-Fahrens auskostete. Er saß weit vornübergebeugt und spähte angestrengt durch die Windschutzscheibe.
»Wir kriegen die!«, schrie er zum x-ten Mal. »Wir kriegen die Scheißkerle!«
Rebus bekam die Zähne nicht lang genug auseinander, um eine Antwort zu artikulieren. Es lag nicht an Lauderdales dürftigen Fahrkünsten... Na ja, okay, es lag nicht nur an Lauderdales dürftigen Fahrkünsten; auch das Wetter machte Rebus Sorgen. Als sie in den zweiten Kreisel am Barton Interchange eingebogen waren, hatte Rebus gespürt, wie die Hinterräder des Wagens auf dem rutschigen Straßenbelag jegliche Bodenhaftung verloren. Zum einen waren die Reifen nicht mehr die Neuesten, und dazu wahrscheinlich ohnehin nur runderneuert. Dann lag die Lufttemperatur knapp über null, und der Schneeregen lauerte tückisch im Hinterhalt. Jetzt waren sie aus der Stadt, hatten Ampeln und Kreuzungen hinter sich gelassen. Eine Verfolgungsjagd hätte jetzt eigentlich weniger gefährlich sein müssen. Aber Rebus fühlte sich deswegen nicht sicherer.
Im Auto vor ihnen saßen zwei junge, eifrige Uniformierte, in dem dahinter ein Detective Sergeant und ein Detective Constable. Rebus warf einen Blick in den Außenspiegel und sah Scheinwerfer. Er schaute aus dem Seitenfenster und sah nichts. Verdammt, war das dunkel da draußen.
Rebus dachte: Ich will nicht im Dunkeln sterben.
 
Ein Telefongespräch am Vortag.
»Zehn Riesen, und wir lassen Ihre Tochter laufen.«
Der Vater leckte sich die Lippen. »Zehn? Das ist ein Haufen Geld.«
»Nicht für Sie.«
»Moment, lassen Sie mich nachdenken.« Der Vater sah auf den Notizblock, auf dem Rebus gerade etwas gekritzelt hatte. »So kurzfristig bekomm ich’s nicht zusammen«, sagte er zum Anrufer. Rebus hörte über Kopfhörer mit und starrte auf die sich lautlos drehenden Spulen des Tonbandgeräts.
»So’ne Einstellung könnt sich für die Kleine böse auswirken.«
»Nein... bitte.«
»Dann seh’n Sie zu, dass Sie die Knete beischaffen.«
»Werden Sie sie mitbringen?«
»Wir sind keine Betrüger, Mister.Wenn der Zaster da ist, wird sie auch da sein.«
»Wo?«
»Wir melden uns heute Abend mit den genauen Anweisungen. Und noch eins: keine Bullen, kapiert? Die kleinste Spur, auch nur’ne Sirene in weiter Ferne, und Sie seh’n sie im Leichen-Co-op wieder.«
»Wir kriegen sie!«, schrie Lauderdale.
Rebus spürte, wie sich seine Zähne voneinander lösten. »Schön, wir kriegen sie. Warum gehen wir’s dann nicht ein bisschen ruhiger an?«
Lauderdale warf ihm einen Blick zu und grinste. »Hosen voll, John?« Dann riss er das Lenkrad herum und scherte aus, um einen Lieferwagen zu überholen.
Der Anrufer hatte jung geklungen, Unterschicht. Aus seinem Mund hatte sich jedes »sie« wie s’ angehört. Er hatte vom Co-op gesprochen. Er hatte das Wort »Mister« verwendet. Ein Junge aus der Unterschicht, vielleicht ein bisschen naiv, Rebus war sich aber nicht sicher.
»Die Kollegen aus Fife warten doch auf der anderen Seite der Brücke, oder?«, beharrte er, gegen den heulenden Motor anbrüllend. Lauderdale schien vergessen zu haben, dass der Wagen auch einen vierten Gang besaß.
»Stimmt«, pflichtete ihm Lauderdale bei.
»Also wozu die Hetze?«
»Seien Sie kein Weichei, John. Die gehören uns
Rebus wusste, was sein Vorgesetzter meinte.Wenn es das Fluchtauto über die Forth Road Bridge schaffte, dann war es in Fife, und die Polizei von Fife erwartete es mit einer Straßensperre. Die Festnahme würde dann Fife auf ihrem Konto verbuchen.
Lauderdale hatte sich das Funkgerät gegriffen und redete mit dem Vorderwagen. Einhändig fuhr er kaum schlechter als zweihändig, und Rebus wurde gehörig durcheinander gerüttelt. Lauderdale legte das Funkgerät wieder weg.
»Was meinen Sie?«, fragte er. »Fahren die in Queensferry runter?«
»Ich weiß nicht«, sagte Rebus.
»Na, diese zwei Sonntagsfahrer vor uns meinen, wenn die beschließen sollten durchzufahren, erwischen wir sie an der Mautstelle.«
Und sie würden wahrscheinlich durchfahren, von Angst und Adrenalin getrieben. Diese Kombination pflegte dem Selbsterhaltungstrieb Scheuklappen anzulegen. Man rannte stur geradeaus, ohne nachzudenken oder nach links oder rechts zu schauen. Man dachte an nichts anderes als an Flucht.
»Sie könnten sich wenigstens anschnallen«, sagte Rebus.
»Könnte ich«, sagte Lauderdale. Tat’s aber nicht. Jugendliche Raser schnallten sich nicht an.
Allmählich kam die letzte Ausfahrt. Das Fluchtauto schoss daran vorbei. Jetzt blieb nur noch die Brücke. Die greller werdende Straßenbeleuchtung zeigte an, dass sie sich der Mautstelle näherten. Rebus kam plötzlich der irrwitzige Gedanke, dass die Flüchtigen anhalten könnten, um wie alle anderen auch die Maut zu zahlen. Das Fenster herunterkurbeln, nach passendem Kleingeld kramen …
»Sie werden langsamer.«
Die Straße fächerte sich auf, war plötzlich ein halbes Dutzend Spuren breit. Vor ihnen lag die Reihe der Mauthäuschen und dahinter die Brücke, die sich, von den Stahltrossen in der Schwebe gehalten, zu ihrer Mitte hin emporwölbte, sodass man von der Fahrbahn aus selbst an einem klaren, sonnigen Tag ihr jenseitiges Ende nicht sehen konnte.
»Sie werden eindeutig langsamer.«
Die vier Autos waren jetzt nur noch wenige Meter auseinander, und Rebus konnte zum ersten Mal seit einer ganzen Weile wieder das Heck des Fluchtautos erkennen. Es war ein 82er Ford Cortina. Im Licht der Straßenbeleuchtung sah er zwei Köpfe, Fahrer und Beifahrer, beide männlich.
»Vielleicht ist sie im Kofferraum«, meinte er zweifelnd.
»Vielleicht«, pflichtete ihm Lauderdale bei.
»Wenn sie nicht im Auto ist, können sie ihr auch nichts tun.«
Lauderdale nickte, ohne richtig zugehört zu haben, und griff dann wieder nach dem Funkgerät. Es rauschte ziemlich stark. »Wenn sie auf die Brücke fahren«, sagte er, »dann war’s das, Sackgasse. Die können nicht mehr entwischen, solang die Fifer es nicht verbocken.«
»Dann bleiben wir also hier?«, sagte Rebus hoffnungsvoll. Lauderdale lachte nur. »Dachte ich mir schon«, sagte Rebus.
Aber jetzt tat sich etwas. Das verdächtige Fahrzeug... rote Heckscheinwerfer. Bremsten sie? Nein, sie setzten zurück, und zwar schnell. Sie rammten den ersten Polizeiwagen, der daraufhin zurückrollte und gegen Lauderdales Auto knallte.
»Scheißkerle!«
Dann machte der Cortina wieder einen Satz nach vorn und scherte scharf nach rechts aus. Er hielt auf eine der geschlossenen Mautstellen zu, knallte gegen die Schranke, riss sie zwar nicht aus den Angeln, verbog sie aber so weit, dass er sich durchquetschen konnte. Das Geräusch von Metall, das Funken schlagend gegen Metall schrappte, und dann waren sie weg. Rebus traute seinen Augen nicht.
»Sie sind auf der falschen Fahrbahn!«
Das waren sie wirklich – ob versehentlich oder mit Absicht. Rasch beschleunigend, raste das Auto mit eingeschaltetem Fernlicht die Fahrbahn für den Südverkehr in nördlicher Richtung entlang. Nach kurzem Zögern nahm der erste Polizeiwagen die Verfolgung auf. Lauderdale schien es ihm gleichtun zu wollen, aber Rebus griff ihm ins Lenkrad und riss es mit aller Kraft herum, sodass sie wieder auf die richtige Fahrbahn kamen.
»Blöder Idiot!«, stieß Lauderdale hervor und trat das Gaspedal durch.
Zu dieser späten Nachtstunde war auf der Straße nicht viel los.Trotzdem ging der Fahrer des Fluchtautos ein ziemliches Risiko ein.
»Die werden doch wohl nur diese Fahrbahn gesperrt haben, oder?«, überlegte Rebus laut. »Wenn diese Irren es bis zur anderen Seite schaffen, könnten sie uns entwischen.«
Lauderdale sagte nichts. Er starrte über die Mittelabsperrung hinweg und ließ die zwei anderen Autos nicht aus den Augen. Als er die Hand nach dem Funkgerät ausstreckte, hätte er um ein Haar die Kontrolle über das Fahrzeug verloren. Der Wagen machte einen Schlenker nach rechts, dann einen ausgeprägteren nach links und knallte gegen die Leitplanken. Rebus mochte nicht...