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Lockruf des Glücks - Roman

Sandra Brown

 

Verlag Blanvalet, 2010

ISBN 9783641034276 , 272 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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8,99 EUR


 

Kapitel 1
»Das ist Ihre letzte Abmahnung, Barnes«, sagte Megan Lambert. Ihre Stimme veranlasste ihren Mitarbeiter unruhig seine Sitzposition zu verändern. »Zu sagen, dass unser Kunde aufgebracht war, wäre eine milde Untertreibung. Er sagt, Sie hätten das Country-Musik-Special noch nicht einmal erwähnt. Dabei hätte er so viele Werbespots in diesem Eineinhalb-Stunden-Programm gekauft, wie wir zugelassen hätten.«
Der junge Mann rutschte unbehaglich herum, seine Augen wichen ihrem durchdringenden Blick aus. Er räusperte sich nervös. »Ich habe einfach nicht gedacht, dass...«
Megans Handflächen klangen unerwartet laut im stillen Raum, als sie auf ihre Schreibtischplatte aus Obstbaumholz schlugen. »Genau darum geht es. Sie haben nicht nachgedacht. Das ist das dritte Mal in den letzten Wochen, dass ich Ihnen einen Rüffel erteilen muss. Jedes Mal, wenn Sie eine dieser inkompetenten Nummern abziehen, kostet es den Fernsehsender viele Tausend Dollar.«
Sie stand von ihrem Schreibtischstuhl auf, ging um die Ecke des Tisches, lehnte sich mit ihrer wohlgeformten Hüfte an und schlug ihre schlanken Fußgelenke übereinander. »Mehr noch, wenn Sie es vermasseln, lässt es mich schlecht aussehen. Ich muss dem Geschäftsführer melden, dass wir die Vorgaben nicht erreichen, und er staucht mich zusammen. Verstehen Sie, worauf ich hinauswill, Barnes?«
»Ähm, ja.«
»Was ist Ihr Problem?«, bombardierte sie ihn mit der nächsten Frage.
Ihr scharfer Tonfall klang nicht nach besorgten Eltern oder einem mitfühlenden Lehrer, er ähnelte eher dem Kommandoton eines Sergeants, dem das Problem eigentlich egal ist, der nur eine Rechtfertigung dafür erwartet.
Barnes sah hoffnungsvoll zu ihr auf. »Na ja, ich hatte Ärger mit diesem Mädchen. Sie...«
»Ersparen Sie mir die Details, Barnes«, unterbrach Megan ihn sofort schroff. »Wie Ihr Liebesleben aussieht, ist mir egal. Ihr Privatleben geht mich nichts an, außer es beeinflusst Ihre Arbeit.«
Sie senkte ihren Blick, sah auf ihn hinunter und sein Mut sank. »Ich werde Ihre Verkaufszahlen Ende dieser Woche überprüfen. Bis dahin sollten sie sich wesentlich verbessert haben. Ich schlage vor, dass Sie Mr Thornton von der Countrytime-Records-&-Music-Ladenkette zum Lunch einladen und bis dahin ein Werbepaket schnüren, das uns zwar Erlöse kostet, aber seine gerauften Haare wieder etwas glättet.«
»Okay«, murmelte er.
Megan ging um die Schreibtischecke herum und setzte sich wieder. Ohne einen konkreten Grund nahm sie einen Stapel Papiere in die Hand, ordnete ihn und sagte: »Wenn Sie mich jetzt entschuldigen. Ich muss mich um andere Dinge kümmern.«
Barnes verstand den Wink. Er verließ das Büro mit der Erleichterung eines Mannes, dessen Hinrichtung man gerade verschoben hatte.
Statt mit der Szene zufrieden zu sein, die sie gerade so ausgezeichnet gespielt hatte, seufzte Megan resigniert und ließ sich in ihren hohen, mit Leder gepolsterten Schreibtischsessel zurückfallen. Sie streckte ihre Hand mit den perfekt manikürten Fingernägeln aus, um eine Strähne ihres kastanienbraunen Haars zurückzustreichen. Megan hasste es, in solchen Situationen den Hardliner spielen zu müssen, aber es musste immer wieder sein.
Sie stand auf, ging zu ihrem großen Fenster und öffnete die Jalousien ein wenig weiter. Die Skyline von Atlanta zeichnete sich dahinter scharf umrissen ab, aber Megan nahm sie kaum wahr. Sie fühlte sich für Barnes verantwortlich, wie für alle Verkaufsmitarbeiter unter ihrer Leitung, für seine Freude an der Arbeit und sein generelles Wohl.
Was sie ihm gesagt hatte, stimmte. Als regionale Verkaufsmanagerin für WONE TV musste sie ihre Verkaufszahlen wöchentlich bei der Geschäftsführung abgeben. Wenn ein Etat abrutschte, büßte der Fernsehsender Tausende von Dollars an Werbegeldern ein. Doug Atherton würde Druck ausüben, das wurde von ihm erwartet. Sie wiederum musste alles aus ihren Mitarbeitern herausholen. Der Schwarze Peter wurde ständig weitergegeben.
Ihre Sympathien galten Barnes. Er hatte ein gebrochenes Herz wegen einer Frau im Nachrichtenstudio, die ihn für einen Kameramann aus dem Studioteam in die Wüste geschickt hatte. Statt sein Leben weiter zu komplizieren, wünschte sich Megan, sie könnte ihn trösten und ihm die Gelegenheit geben, sie ins Vertrauen zu ziehen.
Aber sie konnte sich einen solchen Luxus nicht leisten, insbesondere da sie als Frau einen Männerj ob hatte und jeder mehr oder weniger damit rechnete, dass sie mehr mit ihrem Herzen als mit ihrem Verstand dachte. Wenn es ums Geschäft ging, schob sie ihre sanfteren Gefühle beiseite und reagierte mit reiner Professionalität. Sie ließ nicht zu, dass ihre Geschäftsentscheidungen durch Persönliches beeinflusst wurden.
Megan drehte sich auf dem Absatz ihrer hochhackigen Schlangenledersandalen um und betrachtete ihr geschmackvoll eingerichtetes Büro. Sie war nicht so weit gekommen, weil sie weichherzig und großzügig war. Es war nie einfach, einen Verkäufer zu entlassen, wenn er seine Quote nicht erfüllte, aber sie hatte es schon früher gemacht und würde es auch jetzt tun, wenn es notwendig wäre. Die Geschäftsführung des Senders hatte sich niemals zuvor über solche Rekordverkaufszahlen gefreut, wie sie sie erreichte, seit sie vor zwei Jahren regionale Verkaufsleiterin geworden war.
Barnes würde es schaffen, hoffte sie. Sie wollte nicht nur die immensen Wachstumsraten bei den Verkäufen fortsetzen, für sie war es auch immer schwierig gewesen, Abstriche zu machen, von etwas, das sie einmal erreicht hatte. Sie hatte Barnes gesagt, dass sie ihn feuern würde, wenn sich seine Leistungen nicht verbesserten, und sie würde dieses Versprechen halten. Manche Menschen hätten sie als stur charakterisiert. Sie selbst würde sich, nicht ganz so hart, als konsequent bezeichnen.
Das Licht ihrer Gegensprechanlage leuchtete auf, und der Summer ertönte leise. Megan kehrte zu ihrem Schreibtisch zurück.
»Ja, Arlene?«, fragte sie, nachdem sie die Taste gedrückt hatte, die es ihr ermöglichte, mit ihrer Sekretärin zu sprechen.
»Mr Bennett würde Sie gerne sehen. Haben Sie Zeit?«
Ihr Körper verspannte sich sofort, sie konnte sich nicht mehr bewegen. Ihr Herz schien einen Schlag auszusetzen und dann mit doppelter Geschwindigkeit zu pochen, das Blut rauschte in ihren Ohren. Für einen Moment vergaß sie zu atmen, dann schnappte sie nach Luft, bis ihr schwindelig wurde. Es schien ihr wie eine kleine Ewigkeit, in der sie sich bewegungslos über ihren Schreibtisch beugte und versuchte, die Fassung wiederzufinden. Dann sank sie langsam in ihren Sessel.
»Mr Bennett?« Der dicke Knoten aus Angst, der in ihrem Hals fest saß, ließ den Namen heiser klingen.
»Mr Joshua Bennett, von der Agentur Bennett.«
Arlenes wohl modulierte Stimme hatte einen überraschten Unterton. Die Agentur Bennett betreute einen großen Anteil der Werbekunden des TV-Senders. Die größte und prestigeträchtigste Agentur Atlantas arbeitete für Kunden aus dem ganzen Südosten des Landes. Megan kannte die Einnahmen, die durch die Agentur in die Säckel von WONE flossen, bis auf den Cent, aber seit sie den Job übernommen hatte, hatte sie noch nie mit Joshua Bennett direkt zu tun gehabt. Er wusste, warum, und hatte sie, nachdem er ein paarmal versucht hatte, sie zu sehen, nicht zu einem Treffen gezwungen. Seine Agenten hatten immer mit einem ihrer Verkaufsmitarbeiter zusammengearbeitet.
Warum wollte er jetzt einen Termin?
Ihre erste, instinktive Reaktion war, eine Ausflucht zu finden, aber sie unterdrückte sie. Das wäre feige, und sie konnte den Gedanken nicht ertragen, dass Joshua Bennett sie für einen Feigling halten könnte.
»Ms Lambert?«, fragte Arlene leise nach.
Diese Worte hätten Megan zeigen sollen, dass ihre Erregung viel zu offensichtlich war. Wann hatte Arlene sie jemals anders als mit ihrem Vornamen angesprochen?
»Ja, in Ordnung. Ich nehme mir ein paar Minuten Zeit für Mr Bennett.«
Sie ließ die Taste der Gegensprechanlage los und versuchte ihre Gedanken zu sammeln, aber sie entkamen ihr wie seltsam flirrende Glühwürmchen, die in Millionen Richtungen davon schossen. Sie überlegte aufzustehen, dann änderte sie ihre Meinung und setzte sich wieder. Ihre Entscheidung basierte weitgehend darauf, dass ihre Beine scheinbar unfähig waren, sie zu tragen. Es war nicht annähernd genug Zeit, um sich auf die Begegnung mit ihrer Nemesis vorzubereiten, da spazierte er schon mit all der arroganten Selbstsicherheit, an die sie sich noch lebhaft erinnerte, durch ihre Tür.
Er schloss sie hinter sich. Sie wurde das Opfer der Augen, die die Farbe und die vielen Facetten eines Topas hatten. Er blickte sie einen unendlich langen Moment an, bevor er leise sagte: »Hallo Megan.«
»Mr Bennett.«
Statt von ihrer kühlen Begrüßung gekränkt zu sein, schien er eher amüsiert. Dann erinnerte sie sich daran, dass alles im...