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Die Tore der Finsternis - Inspector Rebus 13 - Kriminalroman

Ian Rankin

 

Verlag Manhattan, 2010

ISBN 9783641038274 , 544 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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9,99 EUR

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1
»Und warum sind Sie dann hier?«
»Kommt drauf an, was Sie damit meinen«, sagte Rebus.
»Womit?« Die Frau mit der Brille runzelte die Stirn.
»Was Sie mit ›hier‹ meinen«, erklärte er. »Hier in diesem Zimmer? An diesem Punkt meiner Laufbahn, auf diesem Planeten?«
Sie lächelte. Ihr Name war Andrea Thomson. Sie war keine Ärztin – das hatte sie bei ihrem ersten Treffen klargestellt. Und auch keine »Therapeutin« oder »Psychotante«. Auf Rebus’ Stundenplan hatte »Karriereberatung« gestanden.
14.30-15.15: Karriereberatung, Zi. 3.16.
Bei Ms Thomson. Die sich ihm gleich als Andrea vorgestellt hatte. Das war gestern gewesen, Dienstag. Eine »Kennenlernsitzung« hatte sie es da genannt.
Sie war Ende dreißig, klein, mit breiten Hüften. Blonder Wuschelkopf mit ein paar dunklen Strähnen. Die Zähne ein bisschen zu groß. Sie war selbstständig, arbeitete nur stundenweise für die Polizei.
»Tun wir das nicht auch?«, hatte Rebus gefragt. Sie sah ihn ein wenig verwirrt an. »Ich meine, arbeiten wir nicht auch nur stundenweise... darum sind wir doch hier, oder?« Er wies auf die geschlossene Tür. »Wir legen uns nicht genug ins Zeug. Brauchen einen Klaps auf die Finger.«
»Ist es tatsächlich das, was Sie brauchen, Detective Inspector?«
Er drohte ihr mit dem Finger: »Wenn Sie mich weiter so nennen, sage ich zu Ihnen ›Frau Doktor‹.«
»Ich bin keine Ärztin«, erwiderte sie. »Und auch keine Therapeutin oder Psychotante oder wie Sie mich insgeheim auch nennen mögen.«
»Was dann?«
»Ich mache Karriereberatung.«
Rebus schnaubte: »Dann sollten Sie sich lieber anschnallen.«
Sie sah ihn mit großen Augen an. »Wieso, wird’s jetzt gefährlich?«
»Könnte man sagen – immerhin ist meine Karriere, wie Sie das nennen, ziemlich ins Trudeln geraten.«
So viel zu gestern.
Heute sollte er über seine Gefühle sprechen. Wie war es für ihn, Polizist zu sein?
»Prima.«
»Inwiefern?«
»Insofern, als ich’s gerne bin«, sagte er lächelnd.
Sie lächelte zurück. »Ich meinte...«
»Ich weiß, was Sie gemeint haben.« Er sah sich im Zimmer um. Es war klein und zweckmäßig eingerichtet. Zwei Stahlrohrstühle mit hellgrün bezogener Sitzfläche standen sich an einem Tisch mit Teakholzfurnier gegenüber. Auf dem Tisch lag nichts weiter als ihr linierter DIN-A4-Block und ein Stift. In einer Ecke stand eine Tasche, die schwer aussah; Rebus fragte sich, ob seine Akte darin war. An der Wand hing eine Uhr, darunter ein Kalender von der örtlichen Feuerwehr. Vor dem Fenster eine Tüllgardine.
Es war nicht ihr Büro, sondern ein Zimmer, das sie benutzen konnte, wenn ihre Dienste in Anspruch genommen wurden.
»Mir gefällt mein Beruf«, sagte er schließlich und verschränkte die Arme. Dann fiel ihm ein, dass sie diese Geste irgendwie interpretieren könnte – beispielsweise als Abwehrhaltung – und löste sie wieder voneinander. Ihm fiel nichts Besseres ein, als die Hände zu Fäusten geballt in seine Jackentaschen zu schieben. »Mir gefällt alles daran, bis hin zu dem Ärger, wenn wieder mal keine Klammern im Hefter sind.«
»Warum sind Sie dann gegenüber Detective Chief Superintendent Templer ausgerastet?«
»Keine Ahnung.«
»Sie glaubt, dass womöglich beruflicher Neid eine Rolle gespielt hat.«
Er lachte. »Hat sie das gesagt?«
»Sind Sie anderer Meinung?«
»Natürlich.«
»Sie kennen sie schon ein paar Jahre, stimmt’s?«
»Seit einer halben Ewigkeit.«
»Und sie hatte immer einen höheren Rang inne?«
»Das hat mich nie gestört, falls Sie darauf hinauswollen.«
»Ihre direkte Vorgesetzte ist sie aber erst seit kurzem.«
»Und?«
»Sie sind schon eine Weile DI. Hatten Sie nicht vor, sich zu verbessern?« Sie bemerkte seinen Blick. »›Verbessern‹ ist vielleicht der falsche Ausdruck. Wollen Sie denn nicht befördert werden?«
»Nein.«
»Wieso nicht?«
»Vielleicht habe ich Angst vor der Verantwortung.«
Sie schaute ihm direkt in die Augen. »Das kam mir etwas zu prompt.«
»›Allzeit bereit‹ lautet mein Motto.«
»Oh, Sie waren bei den Pfadfindern?«
»Nein«, antwortete er. Sie schwieg, nahm ihren Stift in die Hand und betrachtete ihn. Es war ein billiger, gelber Kugelschreiber. »Hören Sie«, sagte er, um das Schweigen zu brechen, »ich habe keinen Streit mit Gill Templer. Ich wünsche ihr viel Glück als DCS. Das wäre kein Job für mich. Ich bin mit meiner Situation ganz zufrieden.« Er schaute hoch. »Im Moment zwar nicht so, aber immer dann, wenn ich draußen unterwegs bin und Verbrechen aufkläre. Der Grund, warum ich die Kontrolle verloren habe, war... nun ja, die Art und Weise, wie die Ermittlungen geführt wurden.«
»Das ist Ihnen doch bestimmt auch früher schon so gegangen, oder?« Sie hatte ihre Brille abgenommen und rieb sich die roten Flecken auf ihrem Nasenrücken.
»Häufig«, gab er zu.
Sie setzte die Brille wieder auf. »Aber es war das erste Mal, dass Sie mit einem Becher geworfen haben?«
»Ich hab nicht auf Gill Templer gezielt.«
»Sie musste sich ducken. Und der Becher war voll.«
»Schon mal den Tee bei der Polizei probiert?«
Sie lächelte wieder. »Sie haben also keinerlei Probleme?«
»So ist es.« Er verschränkte die Arme in der Hoffnung, dadurch selbstsicher zu wirken.
»Und warum sind Sie dann hier?«
 
Nach Ende der Sitzung ging Rebus schnurstracks in die Männertoilette, wo er sich Wasser ins Gesicht spritzte und es anschließend mit einem Papierhandtuch abtrocknete. Er betrachtete sich im Spiegel, wie er eine Zigarette aus der Schachtel nahm, sie anzündete und den Rauch an die Decke blies.
In einer der Kabinen wurde die Spülung betätigt und dann die Tür entriegelt. Jazz McCullough kam heraus.
»Hab mir schon gedacht, dass du das bist«, sagte er, als er den Wasserhahn aufdrehte.
»Wieso?«
»Tiefes Seufzen und dann eine Zigarette anzünden. Typisch für jemand, der gerade bei der Psychotante war.«
»Sie ist keine Psychotante.«
»Wenn man bedenkt, wie klein sie ist, trifft Psychozwerg wohl eher zu.« McCullough nahm sich ein Handtuch, warf es nach Benutzung in den Mülleimer. Rückte seinen Schlips zurecht. Eigentlich hieß er James, aber niemand nannte ihn so. Entweder Jamesy oder, noch häufiger, Jazz. Groß gewachsen, Mitte vierzig, kurzes schwarzes Haar mit leicht angegrauten Schläfen. Er war sehr schlank. Klopfte sich jetzt gegen den Bauch, wie um das Fehlen einer Wampe zu betonen. Rebus hatte Mühe, seinen eigenen Gürtel zu sehen, selbst im Spiegel.
Jazz war Nichtraucher. Familienvater aus Broughty Ferry. Kannte kaum ein anderes Gesprächsthema als seine Frau und die beiden Söhne. Er musterte sich im Spiegel und schob ein abstehendes Haar hinters Ohr.
»Was zum Teufel tun wir hier eigentlich?«
»Andrea hat mich eben genau dasselbe gefragt.«
»Weil sie genau weiß, dass sie mit uns nur ihre Zeit verschwendet. Aber immerhin verdient sie mit uns Geld.«
»Dann sind wir ja wenigstens zu irgendetwas nütze.«
Jazz sah ihn an. »Alter Schwerenöter! Du bist in sie verknallt!«
Rebus zuckte zusammen. »Red keinen Unsinn. Ich hab bloß gemeint…« Aber es war zwecklos. Jazz lachte und schlug Rebus auf die Schulter.
»Auf ins Kampfgetümmel«, sagte er und öffnete die Tür. »Fünfzehn Uhr dreißig, ›Verhalten gegenüber der Öffentlichkeit‹.«
 
Es war ihr dritter Tag in Tulliallan, dem Scottish Police College. Es diente vor allem dazu, Berufsanfänger auszubilden, ehe man sie auf die Leute losließ. Aber es gab auch andere Polizisten dort, ältere, weisere. Sie belegten Kurse, um ihre Kenntnisse aufzufrischen oder sich fortzubilden.
Und dann gab es noch den »Errettungstrupp«.
Das College befand sich in unmittelbarer Nachbarschaft von Tulliallan Castle und setzte sich aus einem im neunzehnten Jahrhundert errichteten Herrenhaus und mehreren...