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Kirche und Gemeinde in freikirchlicher und römisch-katholischer Sicht

Burkhard Neumann, Jürgen Stolze

 

Verlag Edition Ruprecht, 2009

ISBN 9783767571273 , 325 Seiten

Format PDF, OL

Kopierschutz Wasserzeichen

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29,90 EUR


 

Der Wandel des katholischen Kirchenbildes bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil (S. 63-64)

Burkhard Neumann

In der Kürze der Zeit einen Überblick zu geben über den Wandel des (katholischen) Kirchenbildes im Laufe der vergangenen zwei Jahrtausende ist eigentlich kaum möglich. Selbst wenn man die Kirchengeschichte in entsprechende Epochen aufteilt, gibt es darin nicht das eine vorherrschende oder sich wandelnde Kirchenbild, sondern es gibt in der Aufnahme und Reflexion des neutestamentlichen Befundes in der Geschichte eine Fülle von Kirchenbildern, die sich zudem, gerade weil es sich um Bilder handelt, systematisch nicht auf den einen Begriff von Kirche bringen lassen und die darum, wenn überhaupt, erst dann ein Gesamtbild liefern können, wenn sie mit anderen Bildern zusammen gesehen werden.

Ich spreche dabei bewusst von Bildern der Kirche. Denn die Ekklesiologie vollzieht sich bekanntlich innerhalb der Dogmen- und Theologiegeschichte weitgehend indirekt. Traktate bzw. Summen der Ekklesiologie gibt es erst seit dem 14. Jahrhundert, und dabei handelt es sich vor allem um kirchenrechtliche Schriften, die die Frage nach der Vollmacht von Bischöfen und Päpsten untersuchen.

Wenn man bedenkt, dass erst die Kirchenkonstitution Lumen gentium des Zweiten Vatikanischen Konzils eine ausdrückliche und umfassende Reflexion der katholischen Kirche auf ihr Selbstverständnis bietet, dann wundert es nicht, dass erst im Anschluss an das Konzil die Ekklesiologie Gegenstand ausdrücklicher theologischer Traktate wurde. Die großen systematischen Summen des Mittelalters etwa behandeln die Kirche nicht in einem ausdrücklichen Abschnitt. Das heißt natürlich nicht, dass die Kirche in der theologischen Reflexion nicht gegenwärtig ist, aber sie ist, von Einzelfragen abgesehen, viel mehr der Raum, in dem sich Glaube, Liturgie und Theologie vollziehen und kommt von daher eher indirekt zur Sprache.

Dies vorausgesetzt möchte ich im Folgenden einige der Bilder benennen, unter denen die Kirche im Laufe der Geschichte bedacht und verstanden worden ist, Bilder bzw. Vorstellungen, die durch die Geschichte hindurch das römisch-katholische Kirchenbild geprägt haben und bis heute prägen und die den Grund bildeten, auf dem die Reflexion des Zweiten Vatikanischen Konzils aufbauen konnte.

Dabei möchte ich im Anschluss an Medard Kehl drei Phasen unterscheiden: die Zeit der Patristik als Zeit der Identifizierung von Kirche, die Zeit des Mittelalters als Zeit der Differenzierung der Christenheit und die Zeit von Reformation und Gegenreformation als Zeit der Legitimierung von Kirche. Dabei lassen sich innerhalb dieser Phasen nochmals verschiedene Schwerpunkte deutlich machen, die dementsprechend die Bilder von Kirche prägen.Kirche und Gemeinde im ökumenischen Dialog mit den Freikirchen (S. 247-249)
Tim Lindfeld
Die Aufgabe des anstehenden Referates erfordert in mehrfacher Hinsicht Eingrenzung. Weil sich die ökumenischen Kontakte zwischen Freikirchen und katholischer Kirche in Vergangenheit und Gegenwart auf verschiedensten Ebenen vollzogen haben, ist es kaum möglich, die vielen Gedanken, die zu unserem Thema im weiteren und im engeren Zusammenhang schon erwogen wurden, erschöpfend zu sammeln. So ist in jedem Fall eine Auswahl der Referenzen zu treffen, auf die wir uns für unser Thema beziehen können. Dabei kommt erschwerend der sehr unterschiedliche Charakter der freikirchlich-katholischen Kontakte hinzu. Mehr oder weniger offiziellen Status haben eigentlich nur die internationalen Gespräche zwischen dem Päpstlichen Rat zur Förderung der Einheit der Christen und solchen christlichen Weltbünden oder Gemeinschaften, deren ekklesiales Selbstverständnis sich als dasjenige einer „Freikirche“ bestimmen lässt. Diese Identifikation setzt freilich eine bestimmte konfessionskundliche Kriteriologie voraus. Das Problem der Referenznahme bei den internationalen Dialogen potenziert sich im Blick auf die Anschlussfähigkeit an unseren Kreis dadurch, dass nicht alle der in der VEF vertretenen Kirchen oder Gemeindebünde in einem internationalen Bund zusammengeschlossen sind, der mit der katholischen Kirche in einem offiziellen Kontakt steht.

Ich werde daher im Folgenden so vorgehen, dass ich zunächst die Frage nach einer freikirchlichen Ekklesiologie von Klaus-Peter Voß aufnehme, der einen Entwurf auf der Basis der Präambel der Vereinigung Evangelischer Freikirchen vorgenommen hat. Vor diesem Hintergrund sollen die Ergebnisse der internationalen Gesprächsebene in den Blick genommen werden, die ich den drei Bänden der „Dokumente wachsender Übereinstimmung“ entnehme. Dabei versuche ich den Ansatzpunkt für eine theologische Differenzierung zu finden, die es mir erlaubt, in Bezug auf das katholische Kirchenverständnis relevante Linien der Konvergenz oder Divergenz aufzuzeigen. So will ich auf den Unterschied der konfessionskundlichen Frage nach den Merkmalen freikirchlicher Identität gegenüber der ökumenischen Reflexion über die Kirche in den bilateralen Gesprächen aufmerksam machen. Dieses Vorgehen ermöglicht mir schließlich einen konfessionskundlich gesehen relativ freien, dafür aber systematisch zentrierten Aufgriff der internationalen Gespräche. Ich hoffe, deren Ansätze auf diesem Weg in unseren Austausch einbeziehen zu können.

1. Die Frage nach einer freikirchlichen Ekklesiologie und ihre ökumenische Problematik
Wie der Name der VEF zu erkennen gibt, sehen sich Freikirchen hierzulande vorwiegend als aus der Tradition der Reformation hervorgegangene ekklesiale Gemeinschaften. Unabhängig davon, ob die Bezeichnung „Kirche“ oder „Gemeinde“ bzw. entsprechende Derivate in der Selbstdeklaration der Freikirchen im Vordergrund stehen, kann eine Präferenz für das Gemeindeleben vor Ort in liturgischer, struktureller und diakonischer Hin- sicht allgemein als maßgeblich für freikirchliches Selbstverständnis gelten. Neben diesen sehr grundsätzlichen Bestimmungen lassen sich freilich weitere Kennzeichen des ekklesialen Typos „Freikirche“ benennen. Unter diesen treten auch solche hervor, die zwar die unterschiedlichen Freikirchen mehr oder weniger als solche kennzeichnen, aber in ihrer theologischen Dignität und ekklesiologischen Signifikanz in der Ökumene (auch von den Freikirchen selbst) nicht unbedingt als primäre Merkmale für die Wirklichkeit der einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche gesehen werden.

Elemente wie die Autonomie der Gemeindeordnung, besondere Formen der Kirchenzucht und der Mission oder die Ablehnung der Kirchensteuer sind weniger allgemeine Kennzeichen des Kircheseins als besondere Akzentsetzungen, die eine typologische Einordnung der verschiedenen christlichen Gemeinschaften unter den konfessionskundlichen Typ „Freikirche“ ermöglichen.