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Betriebliche Gesundheitsförderung

Georges Steffgen

 

Verlag Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG, 2004

ISBN 9783840918599 , 240 Seiten

Format PDF, OL

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26,99 EUR

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2 Entwicklungspsychologische Grundlagen (S. 51-52)

Die Konstruktion von Auswertungsschlüsseln in der TAT-Tradition weist einen Widerspruch auf: Einerseits wurden Motive als stabile Persönlichkeitsmerkmale verstanden mit starken Wurzeln in der frühen Kindheit. Andererseits hat man jedoch die Schlüssel aufgrund von inhaltlichen Unterschieden entwickelt, die nach sozialpsychologischen Experimenten in der „Treatmentgruppe" auftraten. Wie weiter oben bereits berichtet, gründet bspw. der Schlüssel für das Bindungs- bzw. Anschlussmotiv auf solchen Experimenten von Shipley und Verroff (1952) mit amerikanischen College- Studenten. Konzeptionell war das unbefriedigend. Erstens ist zweifelhaft, ob kurzfristige, situative Einflüsse (bspw. von einer College-Bruderschaft abgelehnt zu werden) den gleichen Effekt auf das Testverhalten in einem operanten Test ausüben wie bspw. frühe Trennungserlebnisse. Zweitens hat die Motivationstheorie einen universellen Anspruch und sollte daher nicht nur auf Untersuchungen mit Menschen aus westlichen Industrienationen beruhen. Eine stärker theoriegeleitete Herangehensweise an die Definition von Motiven erscheint daher wichtig, die auch interkulturelle Entwicklungsuniversalien berücksichtigt.

Potenziell gibt es unendlich viele Kontextmerkmale, welche die Motiventwicklung beeinflussen könnten. Welche dieser Merkmale haben sich im Laufe der Evolution herauskristallisiert? Aus der klassischen Motivationsforschung kennen wir nur Einzelbefunde, die darauf hindeuten, dass die Bindungsmotiventwicklung irgendetwas mit Einsamkeit, die Machtmotiventwicklung etwas mit ungehemmter Ausübung der eigenen Bedürfnisse als Kind zu tun hat. Beim Leistungsmotiv gibt es, wie dargestellt, eine differenzierte Entwicklungstheorie (Trudewind, Unzner & Schneider, 1997).

Wie genau insbesondere Bindungs- und Machtmotive entstehen, welche Entwicklungsmechanismen diese Motive fördern oder hemmen, wissen wir nicht. Keller (2000) hat vorgeschlagen, den evolutionären Ansatz mit einer kulturvergleichenden Perspektive zu kombinieren und als „Metatheorie" für die Gewinnung entwicklungspsychologischer Hypothesen nutzbar zu machen. Tatsächlich haben dies für die Motiventwicklung McClelland und seine Mitarbeiter ja bereits schon getan, indem sie aus den unterschiedlichen Erziehungsmethoden von Indianerstämmen Rückschlüsse auf die Leistungsmotiventwicklung zogen (McClelland, 1961). Angehörige von Stämmen, bei denen früh in der Erziehung auf die Einhaltung von Gütemaßstäben und hohe Unabhängigkeit geachtet wurde, waren leistungsmotivierter als Angehörige von Stämmen, die dies nicht taten. In den letzten Jahren hat eine Theorie stark an Einfluss gewonnen, die zwei kulturell unterschiedliche „Pfade" universeller Entwicklung annimmt (Greenfield, Keller, Fuligni & Maynard, 2003; Keller, 1997a). Kulturen und Menschen unterscheiden sich u.a. darin, wie stark Bedürfnisse individuell erlebt oder aber in ein umfassendes, untergeordnet werden (Hofstede, 1980; Triandis, 1997). Aus kulturvergleichender Sicht ist die bei uns vorherrschende Wertschätzung von Individuation, Selbstverwirklichung, Neugier und Wettbewerb eine eher westliche, individualistische Orientierung, in der das Selbst (oder das „Ich") und nicht die Gruppe als Agens betont wird. Menschen in den meisten Kulturen dagegen glauben eher, dass überpersönliche Bedürfnisse der Gruppe Vorrang vor der Individualität haben. Diese Kulturen, die in Asien, Afrika, Südamerika und auch Südeuropa weit verbreitet sind werden als kollektivistisch oder interdependent bezeichnet. Kulturen hingegen, in der die persönlichen Bedürfnisse als entscheidend angesehenen werden, bezeichnet man als individualistisch oder unabhängig (Markus & Kitayama, 1991). Greenfield et al. (2003) beziehen diese beiden unterschiedlichen Pfade der Entwicklung auf drei universelle Entwicklungsaufgaben, die den drei Grundmotiven entsprechen. Der Aufbau sicherer Bindungen, der Erwerb von Wissen, und die Balance zwischen Autonomie und Bezogenheit. Keller (2000) nimmt an, dass diese beiden Entwicklungspfade in allen drei Motivbereichen durch Unterschiede in der Interaktion zwischen Eltern und ihren Kindern vermittelt werden. Dyadische Interaktionskontexte, die typisch für die Interaktion innerhalb der westlichen Kernfamilie sind, dienen dabei vorrangig dem Wissenserwerb. Die in vorindustriellen Gesellschaften und in vielen modernen nicht westlichen Kulturen anzutreffenden kohäsiven Strukturen der Großfamilie dienen dagegen eher dem Erhalt sicherer Bindungen und Bezogenheit (Keller & Eckensberger, 1998).

Aufgrund der universellen Gültigkeit von interdependenten und individualistischen Entwicklungsverläufen liegt es nahe, hier auch die Wurzel für die Entstehung von impliziten Motiven zu suchen. Wie bereits in der Einleitung angedeutet, könnte ein individualistischer Entwicklungspfad mit der Induktion von Motiven zusammenhängen, was deren implizite Repräsentation erklären würde: Eine auf Individualismus und Selbstverwirklichung abzielende Entwicklung ist egoistisch und wettbewerbsorientiert. Zumindest in den für die menschliche Evolution typischen Kleingruppen musste eine solche Orientierung unbewusst abgespeichert werden (Greenfield et al., 2003). Es leuchtet zunächst nicht ein, was das Bindungsmotiv mit Egoismus zu tun haben soll, da es doch auf zwischenmenschlichen Kontakt zielt. Wie wir sehen werden, lässt sich jedoch durchaus auch das Bindungsmotiv in die beiden universellen Entwicklungspfade einordnen.