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Paradies perdu - Vom Ende des Schweizer Bankgeheimnisses

Lukas Hässig

 

Verlag Hoffmann und Campe, 2010

ISBN 9783455501476 , 224 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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8,99 EUR


 

DAS BANKGEHEIMNIS FÄLLT (S. 166-167)

Die Wucht der Detonation riss die Schweiz am 19. Februar 2009 aus dem Schlaf. Das Land hatte in einer Nacht-und-Nebel-Aktion den US-Behörden 285 umfangreiche Kundendossiers, die 255 individuelle Kunden der UBS betrafen, ausgehändigt, ohne ihnen das Recht auf eine Gerichtsentscheidung zuzugestehen. Die UBS wurde zudem mit einer Rekordbuße von 780 Millionen Dollar bestraft, rund 900 Millionen Franken oder 600 Millionen Euro. Das Bauchgefühl sagte den Eidgenossen, dass etwas Dramatisches, Einschneidendes, Unwiderrufliches passiert war. Die kleine, wehrhafte Nation, die vor 718 Jahren durch ein Bündnis auf einer grünen Wiese im Widerstand gegen fremde Herrscher gegründet worden war, hatte sich der Macht eines Großreichs gebeugt. Unerhört schien dies, unverantwortlich und unsäglich.

Am schnellsten war die Neue Zürcher Zeitung. Offenbar hatte der Chef ihres Wirtschaftsteils am Vortag einen Tipp gekriegt. »Die Aktion relativiert, wenn sie wirklich so, wie es die Gerüchte behaupten, durchgeführt wird, das schweizerische Bankgeheimnis in höchstem Maße«, schrieb Gerhard Schwarz in einem Kommentar, der für die Schweiz die erste fundierte Einschätzung der umwälzenden Ereignisse darstellte. Auch wenn der Buchstabe des Gesetzes mit Notparagraphen eingehalten werde, sei die Glaubwürdigkeit »dennoch dahin, von der Präjudiz-Wirkung ganz zu schweigen«, fuhr der renommierte Ökonom fort, der sich zu den Ordo-Liberalen zählte, die für eine freie Wirtschaftsordnung mit ethischen Leitplanken plädieren.

Was für die meisten Mitbürger erst ein dumpfes Gefühl war, brachte Schwarz zu diesem frühen Zeitpunkt treffsicher auf den Punkt. »Vor allem [aber] untergräbt die Freigabe geschützter Daten den Glauben an den helvetischen Rechtsstaat, im Inland ebenso wie im Ausland.« Die Schweiz unterbreche ein laufendes Rechtsverfahren, allein weil die Amerikaner über ein »beträchtliches Drohpotenzial« verfügten, und für die Freigabe von Daten würden Sonderparagraphen bemüht, die »eigentlich für ganz andere Krisensituationen gedacht« seien und die man für diese Aktion »ziemlich überinterpretieren« müsse.In der Westschweiz hatte die Zeitung Le Temps Vorabinformationen zur Datenherausgabe.

In ihrer Donnerstagsausgabe zitierte sie den Zürcher Anwalt Andreas Rüd, der mehrere von der Offenlegung betroffene US-Kunden vertrat. »Indem die UBS die Namen aushändigt, verliert sie den letzten Rest ihrer Glaubwürdigkeit«96, sagte der Verteidiger, der sich von der offiziellen Verlautbarung, wonach die nationalen Behörden die Preisgabe formell beschlossen hatten, nicht beirren ließ. Für ihn waren die Chefs der Großbank für die Aktion verantwortlich.