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Christenmut - Geistliche Übungen

Paul M. Zulehner

 

Verlag Gütersloher Verlagshaus, 2010

ISBN 9783641048297 , 176 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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6,99 EUR


 

WIDER DIE RESIGNATION (S. 80-81)

IN DER KIRCHE

DIE VERSUCHUNG DES JONA

Die Jonageschichte ist wie ein Spiegel, in dem sich viele von uns heute wiedererkennen werden. Jona, so erzählt der unbekannte Lehrer, der die Geschichte verfasst hat, war von Gott ausersehen, in seinem Namen nach Ninive zu gehen, um dieser Stadt Umkehr und Heil zu predigen.  »Jona machte sich auf den Weg; doch er wollte nach Tarschisch fliehen, weit weg vom Herrn.« (Jona 1,3) 

Gott aber holt ihn ein, schickt ihn neuerlich nach Ninive. Die Stadt bekehrt sich tatsächlich, was Jona stört, weil er meint, Gott dürfe die verderbte Stadt nicht verschonen. Eben dies war Gottes erklärte Absicht mit Jona, die große Stadt der Menschen zu retten:  »Mir aber sollte es nicht leid sein um Ninive, die große Stadt, in der mehr als hundertzwanzigtausend Menschen leben, die nicht einmal rechts und links unterscheiden können - und außerdem so viel Vieh?« (Jona 4,11) 

Die Versuchung vieler enttäuschter Kirchenmitglieder ist, wie bei Jona, die Flucht vor der von Gott gegebenen Berufung. Zwar haben wir heute andere Gründe zu fliehen als Jona in der Lehrerzählung. Jona neidete Ninive das Heil, wir hingegen lassen uns durch innerkirchliche Vorgänge von unserer Berufung abbringen. Das Ergebnis der Flucht hat sich hingegen nicht geändert: Ninive ist neuerlich in Gefahr, dass die rettende Botschaft Gottes zumindest durch uns nicht mitgeteilt wird. Denn wenn wir resignieren und emigrieren, ist ohne uns die Kirche ärmer und weniger handlungsfähig. Deshalb ist Widerstand gegen die inneren Fluchttendenzen gefordert. Dieses Anliegen hat Anfang 1989 auch der Wiener Kardinal König vertreten. Er ersuchte die Christen eindringlich: »Bleibt eurer Kirche und eurem Glauben treu!«26

Die vielen Gesichter der Flucht

Die Versuchung zur Flucht, zur Resignation und Emigration hat vielfältige Gesichter. Einige wollten sich von der Kirche längst formell zurückziehen. Soziale Rücksichten (auf die Familie, die Kinder, aber auch Freunde, Verwandte, das Dorf) haben sie aber noch daran gehindert. Nur unwillig zahlten sie ihren Kirchenbeitrag, manchmal erst nach Mahnung oder Exekution, was ihr Verhältnis zur Kirche nur noch mehr störte. Aber sie fanden es zugleich spießbürgerlich, inmitten des Wohlstands um des Geldes willen auszutreten. Jetzt aber spielt ihnen der Zufall über innerkirchliche Vorgänge ein willkommenes Alibi ins Haus. Es ist ein anständiger Zeitpunkt, das Nichtverhältnis zur Kirche zu veröffentlichen.