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Spüre den Schmerz - Lass Dich bestrafen!

Kristel Kane

 

Verlag CARL STEPHENSON, 2009

ISBN 9783798603073 , 128 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz frei

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3,49 EUR


 

9. Kapitel


Die Aufmachung, in der sie zum Frühstück erschien, versetzte sogar Carol in Erstaunen. Rational betrachtet kam sie sich lächerlich und verkleidet vor, aber auf ihre Situation bezogen fühlte sie sich derartig überlegen, dass sie ihren Auftritt genoss. Die schulterlangen Haare hatte sie zu zwei Zöpfen zusammengeflochten. Diese Frisur ließ sie noch jünger erscheinen, als sie ohnedies schon war. Sie wirkte wie ein Schulmädchen und nicht wie die junge heranwachsende Frau, die sie war. Ludwigs Worte waren ihr nicht mehr aus dem Sinn gegangen. Von nun an wollte sie mit aller Konsequenz ihre Jugend und Leidenschaft ausleben. Im Traum hatte sich ihr ihre latente Veranlagung bereits offenbart, nun musste sie sich nur dazu bekennen. Der Anfang war bereits gemacht, der Rest würde, im wahrsten Sinne des Wortes, ein Kinderspiel sein.

„Hast du gut geschlafen, mein Kind?“ Niemandem war es entgangen, dass sich Carols Wangen plötzlich röteten, als sie Kurts harmlose Frage mit einem schüchternen „Ja, danke“ beantwortete. Möglicherweise würde sie später Ludwig von ihrem Traumerlebnis erzählen, aber vorerst sollte dies ihr Geheimnis bleiben. „Was werdet ihr Kinder nach dem Frühstück unter­nehmen?“ Beinahe hätte Carol gekichert, als sie von Regina als Kind bezeichnet wurde. „Da sie gestern nicht alles gesehen hat, werde ich Cari heute ein bisschen herumführen.“ „Ich heiße nicht Cari.“ Carol legte mehr Hysterie in die Stimme, als sie wollte. „Benimm dich, junges Fräulein, oder wir werden andere Saiten bei dir aufziehen.“ Als sie Reginas strenger Blick traf, duckte sie sich unwillkürlich. Augenblicklich ärgerte sie sich, dass sie allein von Reginas Auftreten eingeschüchtert wurde. Carol hatte sich fest vorgenommen die erste Gelegenheit zu nutzen und entschieden als ungezogene Göre vorzupreschen. Jetzt traute sie sich nicht mehr. So traf sie mit sich die Abmachung bei der nächsten Gelegenheit zuzugreifen. Es gab außerdem andere Arten in den Morgen zu starten als mit einer Tracht Prügel. Brav mampfte sie ihre Cornflakes. „Tante Regina, ich habe mein Frühstück beendet. Darf ich aufstehen und spielen gehen?“ Gebannt hörte Carol dem Gespräch zwi­schen Regina und Ludwig zu. Es fiel ihr noch ein wenig schwer, sich an ihre neue Rolle zu gewöhnen. Gleichzeitig keimte in ihr der Wunsch auf zu rülpsen und vom Tisch aufzuspringen. Selbstverständlich ließ sie es bleiben; vorerst. Beide Kinder bekamen die Erlaubnis den Tisch zu verlassen und spielen zu gehen. Erst als sie bereits ein Stück gegangen waren, bemerkte Carol, dass Ludwig kurze Hosen trug. Seine Kleidung wirkte auf sie dermaßen stereotypisch, dass sie sich ihr Lachen nicht verkneifen konnte. Ludwig fühlte sich angegriffen. „Du siehst auch nicht besser aus. Die Zöpfchen sind richtig niedlich, kleines Mädchen.“ „Ich bin kein kleines Mädchen!“, gab sie zurück und bückte sich nach einem Klumpen Dreck. Der zerplatzte auf Ludwigs weißem Hemd und hinterließ dort eine deutlich sichtbare Spur. „Na warte, das kriegst du zurück.“ Schon warf er ihr einen Klumpen Dreck auf die rosa Bluse. Empört starrte Carol auf den Fleck, den Ludwig verursacht hatte. „Das hast du nicht umsonst gemacht!“, schrie sie und stürzte auf ihn zu. Ludwig drehte sich geistesgegenwärtig um und rannte los. Carol nahm die Verfolgung auf. Grölend rannten sie in das kleine Waldstückchen. „Deine Flucht wird dir nichts nützen, Ludwig. Ich werde dich schon zu fassen kriegen.“ Wie eine wilde Furie rannte sie hinter ihm her und erwischte ein Stück seines Hemdes. Dieses zerriss augenblicklich bei Carols Versuch Ludwigs Lauf auf diese Weise zu stoppen. Sie hatte ihr Ziel erreicht. Ludwig war stehen geblieben. Ungläubig starrte er sie an und hielt ihr anklagend ein Stück seines Hemdes entgegen. „Was hast du getan? Das gibt bestimmt Ärger.“ Erschrocken sah sie ihn an. Sekunden später erinnerte sie sich, dass alles nur ein Spiel war. Von nun an wollte sie so sein, wie sie im normalen Leben nie war. Sie wollte frech und verwegen auftreten. Provozierend ging sie auf ihn zu und schubste ihn an der Schulter. „Hast du etwa Angst vor Tante Regina, du Weichei?“ Für einen Augenblick schaute Ludwig sie irritiert an, verstand allerdings, worauf sie hinaus wollte. „Ich habe keine Angst. Hast du?“ „Wieso sollte ich? Meine Kleidung ist nicht kaputt!“ Siegessicher hob sie ihr Kinn. „Noch nicht“, schrie er, während er sie zu Boden riss. Gemeinsam wälzten sie sich über den Waldboden. Ludwig versuchte ihr die Bluse ebenso zu zerreißen, wie sie es mit seinem Hemd gemacht hatte. Sie bot ihm allerdings erbitterte Gegenwehr, mit der er nicht gerechnet hatte. Carols Haargummi löste sich bei dem Gerangel und ihre Frisur geriet in Unordnung. Nach einigen Minuten blieben beide erschöpft nebeneinander liegen und fingen an zu lachen. „Du bist eine richtige kleine Wildkatze. Hätte ich nicht von dir gedacht.“ Das Kompliment tat ihr gut. „Ein Weichei bist du nicht. Jedenfalls noch nicht.“ „Verstehe ich nicht. Wie meinst du das?“ Beide richteten sich auf. Sie ließ sich mit ihrer Antwort Zeit. Carol genoss es, Ludwig ein wenig auf die Folter zu spannen. „Weil du erst noch beweisen musst, ob du ein Weichei bist oder nicht. Denkst du nicht, dass dir Tante Regina deinen niedlichen kleinen Po versohlen wird, wenn sie dich so sieht?“ Sie grinste überlegen. „Glaubst du etwa, dass du ungeschoren davonkommen wirst? Onkel Kurt wird dich bestimmt übers Knie legen.“ Aus ihrem Grinsen wurde ein breites Lächeln. „Das, mein Lieber, wird sich noch zeigen.“

Ohne ein weiteres Wort zu verlieren drehte sie sich um und rannte in Richtung Villa zurück. Verdutzt blieb Ludwig stehen und starrte ihr hinterher. Nach einigen Sekunden entschloss er sich ihr zu folgen. Vollends konnte er sie nicht einholen. Sie hatte die Terrasse fast erreicht, als er beim Waldrand ankam. Er konnte ihre aufgeregten Rufe hören. „Tante Regina, Tante Regina … Sieh, was Ludwig mit mir gemacht hat …“ Mit ihrem Gezeter schaffte sie es tatsächlich, Regina auf die Veranda zu locken. Neu­gierig stand sie da und nahm die schreiende Carol in ihre Arme. „Was ist passiert, Kleine?“ Carol schaffte es, ihrer Stimme einen weinerlichen Unterton zu verleihen. „Ich weiß nicht, Tante Regina. Ludwig ist auf einmal verrückt geworden. Er hat mich geschubst und ganz schmutzig gemacht. Ludwig ist böse.“ Ihre schau­spielerische Leistung war beachtlich. Sie brachte es sogar fertig, eine kleine Träne aus ihrem Augenwinkel zu drücken. Zur Beruhigung strich ihr Regina übers Haar. „Mach dir keine Sorgen, meine Kleine. Ludwig wird bekommen, was er verdient.“ Mit fast erstickter Stimme presste Carol hervor: „Du wirst ihn doch verhauen, Tante Regina! Nicht wahr?“ „Sicherlich werde ich das!“ Sie ließ sie los, stellte sich kerzengerade auf und rief in Ludwigs Richtung: „Komm sofort her, du ungezogener Bengel! Ich habe ein Wörtchen mit dir zu reden.“

Ludwig war von dem ganzen Szenario überrascht worden. Da er nicht am Waldrand stehen geblieben, sondern weitergelaufen war, hatte er alles mit ansehen und anhören können. Niemals hatte er erwartet, dass in Carol ein derartig verlogenes Biest steckte. Es würde für ihn schwer werden, die Tante von seiner Unschuld zu überzeugen. Wie ein geprügelter Hund stieg er die kleine Treppe zu Terrasse hinauf. „Tante Regina, ehrlich, ich habe nichts getan. Sie lügt.“ „Wer hier lügt und wer nicht, das entscheide ich. Ich glaube schon, dass du so etwas tun würdest, schließ­lich kenne ich dich gut genug. Also komm her, damit ich dich bestrafen kann.“ Vorsichtig ging Ludwig auf seine Tante zu. Carol drehte den Kopf in seine Richtung und streckte ihm kurz die Zunge heraus. „Hast du das gesehen? Sie hat mir die Zunge heraus­­ge­streckt“, empörte er sich der Tante gegenüber. Regina packte ihn bei seinem Arm und zog ihn an sich heran. „Ich bitte dich, mach es für dich nicht noch schlimmer. Deine Lügen werden dir nicht helfen. Warum sollte die Kleine so etwas tun?“ Es wurde ihm klar, dass Carol sie auf ihre Seite gezogen hatte. Egal was er sagen würde, es würde Regina nur noch mehr von seiner Schuld überzeugen. So be­schloss er zu schwei­gen. „Um dir deine Frechheiten auszutreiben werde ich dir den Hintern versohlen. Offenbar war die Lektion vom letzten Mal nicht sehr lehrreich für dich. Daher werde ich diesmal gründ­licher sein. Der Rohrstock scheint bei dir keinen großen Eindruck zu hinter­lassen, deshalb versuchen wir es heute mal mit einer Haselrute. Los, geh in den Garten und schneide eine frische vom Strauch. Sieh aber zu, dass sie fingerdick ist.“ Ludwig ge­horchte ohne Widerrede. „Während wir auf Ludwigs Rückkehr warten, kannst du dich schon mal auf diesen Sessel setzen und eine Kleinigkeit trinken. Du muss ganz durstig sein nach deinem staubigen Erlebnis.“ So streng Regina zu Ludwig zwar, so nett zeigte sie sich Carol gegenüber. Sie merkte, dass sie bei ihr eine Sonderstellung ge­noss. Also versucht sie diese auszu­spielen. „Tante, darf ich zusehen, wenn du Ludwig verhaust? Schließ­lich war er ganz böse zu mir.“ Wie­der hatte Carols Stimme diesen unschuldigen kind­lichen Unterton. Wie erhofft sprang Regina darauf an und gewährte ihr den Wunsch. Ludwig brachte während dessen die verlangte Haselrute. Verlegen über­reichte er sie seiner Tante, die sie gierig entgegennahm. „Das hat aber lange gedauert. Hast dir wohl die Beste aussuchen wollen“, bemerkte sie spöttisch. Ludwig schwieg. „Da du deine kleine Schwester so sehr gequält hast, halte ich es nur für fair, wenn sie bei deiner Bestrafung zusieht.“ Triumphierend warf Carol ihren Kopf zu­rück. Er wusste, dass ein Kommentar seinerseits...