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Perry Rhodan-Paket 33: Die Ennox - Perry Rhodan-Heftromane 1600 bis 1649

Perry Rhodan Redaktion

 

Verlag Perry Rhodan digital, 2013

ISBN 9783845329727 , 3000 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz frei

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59,99 EUR


 

1.


Silvester 1199

 

Nur noch wenige Minuten bis Mitternacht – und das Solsystem erwartete in ungezügelter Festtagsstimmung das neue Jahrhundert.

Das erste Jahrhundert seit langem, das die Galaktiker in Frieden und Wohlstand einleiten konnten. Zuletzt hatte man vor 800 Jahren Gelegenheit dazu gehabt. Aber gar so ungetrübt waren damals die Aussichten auch nicht gewesen, denn die Geschehnisse um Seth-Apophis hatten ihre Schatten bereits vorausgeworfen.

Und zumindest die galaktischen Führungskräfte hatten eine Ahnung des zu erwartenden Unheils gehabt.

Diesmal waren die Voraussetzungen ungleich besser.

Man konnte auf 25 Jahre relativer Ruhe zurückblicken, und man durfte der Zukunft voller Zuversicht entgegensehen. Entsprechend ausgelassen war die Stimmung auf der Erde und den Planeten. Klar, dass auch andere galaktische Völker mitfeierten, jedoch ohne so recht zu wissen, warum. Denn Tradition hatte dieses Fest nur für Terraner. Doch was machte das schon, man soll die Feste feiern, wie sie fallen.

Silvester 1199.

Und die CROMAGNON folgte der Mitternacht.

Die CROMAGNON war ein gewaltiger fliegender Palast von 700 Metern Länge und einer Höhe von 400 Metern, der im Orbit von Terra geparkt war. Man hatte die Raumstation aus blitzendem Stahl und Panzerglas gerade rechtzeitig für das bevorstehende Großereignis fertiggestellt. Eigner war die Kosmische Hanse. Aber Homer G. Adams, immer noch Hansechef, war nicht an Bord. Dafür hatten sich zehntausend Galaktiker, die Creme aus Gesellschaft, Politik, Wissenschaft und Kunst für dieses Ereignis eingekauft.

Für dieses Jahrhundertereignis, das unter dem Slogan »24 Stunden Mitternachtszauber« vermarktet worden war. Der Reinerlös sollte einer Stiftung zufließen, die sich »Hilfe für Monosgeschädigte« nannte.

Die CROMAGNON schwebte hoch über den Aleuten in Warteposition. Der Sekt war gekühlt, die Stimmung ausgelassen. Und dann begann der Countdown, der von der Mondsyntronik NATHAN gezählt wurde, und die zehntausend an Bord zählten mit. Man drängte sich an den unzähligen aus dem ovalen gläsernen Stationskörper hervorquellenden Bullaugen in ebenfalls transparenten Aussichtsgondeln, spazierte auf die strahlenartig aus dem Rumpf ausgefahrenen Plattformen aus Formenergie hinaus, oder aalte sich faul in den Logen und ließ sich das Ereignis vor die Nase projizieren. Aber alle waren in Erwartung des Kommenden, aufgeregt schnatternd, sich Glückwünsche an den Kopf werfend, händeschüttelnd, sich scheinheilig umarmend, die Vibroklinge hinter dem Rücken des anderen stoßbereit.

So sah es zumindest Homer Angulin, der Gesellschaftsreporter, der dieses Ereignis kommentieren und Prominente interviewen sollte.

Er war mit 1,62 Meter ein unterdurchschnittlich großer Terraner, und mit der zu großen Nase, dem fliehenden Kinn und einer Sammlung von Warzen um seine Mausaugen auch nicht besonders attraktiv. Aber er war in seinem Metier erfolgreich, und er dachte gar nicht daran, sein Aussehen verschönern zu lassen.

Er war freier Mitarbeiter bei verschiedenen galaktischen Medien und stolz darauf, als das kleinste und frechste Lästermaul der Mächtigkeitsballung ES und Umgebung bezeichnet zu werden, und er tat alles, um seinem Ruf treu zu bleiben. Häme war sein Visier, Zynismus seine Rüstung, Schläge unter die Gürtellinie waren sein bevorzugter Stil. Seine Intelligenz konnte zum tödlichen Giftpfeil werden.

Und dennoch war er mit dem Erreichten unzufrieden, denn sein Ziel war es immer gewesen, seriöse Recherchen zu betreiben und über große galaktische Geschehnisse zu berichten. Aber das hatte er nie geschafft. Seine Erfolge als Klatschmaul waren für ihn zum Bumerang geworden; er war als Gesellschaftsjournalist abgestempelt.

Endlich war es Mitternacht. Zum Knallen der unzähligen Sektpfropfen und den Klängen der terranischen Hymne wurde ein kolossales Feuerwerk entzündet. Ein Feuersturm aus allen Farben des Spektrums ergoss sich in den Himmel, und für Homer Angulin schien es, als würde sich die nachtschwarze Erde öffnen wie eine riesige Feuerblume. Das zuerst eruptive, elementare Spiel der flammenden Farben beruhigte sich allmählich, die Blüten der Feuerblume fielen sanft in sich zusammen, anstatt in Explosionen zu verglühen, und fielen wie blinkende Sternschnuppen auf die Erde zurück.

Irgendwo hoch über Petropawlowsk sammelten sich die glühwürmchenartigen Lichtpünktchen und begannen sich neu zu formieren. Sie vollführten einen rasenden Reigen um einen gemeinsamen Mittelpunkt, häuften sich im Zentrum und begannen dort einen stabilen, hell leuchtenden Kern zu bilden, der zur Peripherie hin eine leuchtende Spur von Spiralarmen hinter sich herzog. Anstatt den rasenden Reigen jedoch weiterzuführen, was Homer Angulins Stimmung viel besser entsprochen hätte, sanken sie in behäbiges Rotieren, zur Simulation einer Galaxis. Homer Angulin würde sie 24 Stunden lang in verschiedenen Variationen ertragen müssen, denn NATHAN war so programmiert, sie überall auf der Erde zum Jahreswechsel ablaufen zu lassen.

Er wusste, dass es die ursprüngliche Absicht gewesen war, nicht die Geburt des Universums und die Entwicklung der Milchstraße zu einer Bastion der Mächte der Ordnung zu simulieren, sondern eine durch entfesselte Kernspaltung entflammende Erde. Gewissermaßen zur Erinnerung an die sorglose Handhabung der Atomkraft im ausgehenden 20. Jahrhundert und als Mahnung für die Zukunft. Aber diese progressive Idee wurde rasch wieder verworfen, weil sie nicht in das Konzept eines Wegweisers in eine glorreiche Zukunft gepasst hätte.

Homer Angulin trauerte dem verworfenen Konzept nach, denn es hätte ihn inspirieren können. Aber wie es aussah, würde er sich damit begnügen müssen, sich auf gesellschaftlichen Klatsch zu beschränken.

Homer Angulin gab seinen beiden Mitarbeitern, die mit versteckter Kamera Publikum spielten, einen Wink.

»Die Show kann beginnen«, sagte er.

Ihm standen noch ein halbes Dutzend weiterer Mitarbeiter zur Verfügung, die nichts anderes zu tun hatten, als Interviewpartner für ihn auszuwählen und vor die Kamera zu bringen.

 

*

 

Die CROMAGNON hatte einen Kurs gewählt, der sie über die meisten Großstädte der Erde führte. Sie würde ihre Geschwindigkeit auf eine Weise verändern, dass sie sich stets um null Uhr über der jeweiligen Zielstadt befand. Der Start war über den Aleuten an der Datumsgrenze erfolgt.

Die kolossale Vergnügungsschaukel überquerte gerade den 140. Längengrad, als Homer Angulins Mitarbeiter Gileen Kuusinen, die Konstrukteurin der CROMAGNON, in ihrer Loge aufgegabelt hatten. Tief unter ihnen schalteten die Bewohner von Tokio und Yokohama zur Begrüßung der orbitalen Globetrotter sämtliche Lichter ein, während sich in der Lasershow die Galaxien der Lokalen Gruppe gerade in die übergeordnete Supergalaxis mit dem Virgohaufen integrierten.

»Hallo, Gileen«, begrüßte Homer Angulin die attraktive Mittvierzigerin und stellte dann ein paar belanglose Fragen zum Aufwärmen, bevor er seine Giftpfeile abschoss: »Ich habe mich schon immer gefragt, ob du mit dem früheren Ersten Terraner verwandt bist. Darum bin ich der Sache nachgegangen und habe herausgefunden, dass du eine geborene Tschangtschuna bist. Kuusinen ist also nur dein Künstlername. Hast du ihn gewählt, um am Ruhm von Kallio Kuusinen mitzunaschen?«

Schallendes Gelächter. Die Ingenieurin lachte mit, denn es galt als schick, sich von Homer Angulin durch den Kakao ziehen zu lassen.

»Nein, das war nicht der Grund«, rechtfertigte sich Gileen. »Ich habe dieses Pseudonym gewählt, weil ich eine Verehrerin von Kallio Kuusinen bin.«

»Leider konntest du mit deiner Verehrung für diesen großen Terraner nicht verhindern, dass wir als seinen Nachfolger mit Koka Szari Misonan eine Erste Terranerin von Monos' Gettowelt Kassakan erhielten, wo der Legende nach Menschenfresserklone gezüchtet wurden«, sagte Homer Angulin scheinheilig. Er hatte mit dieser geschmacklosen Bemerkung die Lacher erneut auf seiner Seite; jeder andere als er, Homer Angulin, wäre wohl ausgebuht worden. Er fuhr rasch fort: »Apropos Namen. Wie bist du eigentlich auf CROMAGNON gekommen, Gileen?«

»Weil mit der Cromagnonrasse auf der Erde der Funke der Intelligenz entzündet worden ist«, sagte die Frau. »Ich finde das als gute Symbolik.«

»Wäre es da nicht treffender gewesen, einen auf den Schwarm oder die Sporenschiffe bezogenen Namen zu wählen? Denn schließlich waren sie es, die die Biophore ausgestreut und den Funken der Intelligenz gezündet haben«, meinte Homer Angulin hinterhältig.

»NOON-QUANT, wie der Intelligenzauslöser der Biophore heißt, halte ich für keinen guten Namen eines Vergnügungsorbiters«, sagte Gileen schlagfertig.

»Dann hätte es vielleicht auch eine Anspielung auf den Aberglauben der Dämonenaustreibung, der dem Neujahrsfest zugrunde liegt, gemacht«, sagte Homer Angulin noch und leitete mit ein paar lockeren Worten zu seinem nächsten Opfer über.

Das mit Gileen war nicht so gut gelaufen, wie er es sich vorgestellt hatte. Aber er nahm sich vor, diese Scharte wieder auszuwetzen.

Während die CROMAGNON mit der Lasershow um exakt null Uhr über weitere japanische Städte und dann über Busan, Seoul und Peking hinwegzog, nahm sich Homer Angulin ein paar Galaktische Räte zur Brust und gab sie der Lächerlichkeit preis.

Aber das alles befriedigte ihn nicht ganz.

Etwas versöhnlicher wurde er durch den Galaktischen Rat der Arkoniden, Tydon von Tramis, gestimmt. Diesen fragte er nämlich, ob die Arkoniden ihren steilen Aufstieg während der letzten 25 Jahre aus eigener Kraft geschafft hätten, oder diesen nicht vielleicht doch...