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Ich bin die Nacht - Thriller

Ethan Cross

 

Verlag Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG, 2013

ISBN 9783838745565 , 448 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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9,99 EUR

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2.


Marcus Williams machte sich kampfbereit. Er neigte den Kopf zur Seite und ließ die Nackenwirbel knacken. »Tut mir echt leid für dich«, sagte er, »aber ich kann gut verstehen, dass sie lieber mit einem wie mir zusammen ist, der normal mit ihr redet statt Grunzlaute auszustoßen, so wie du.«

»Mach hier bloß nicht auf Klugscheißer, Freundchen«, entgegnete der bierbäuchige Cowboy und blähte die Nüstern wie ein Bulle vor dem Losstürmen.

»Ja, ich sollte auf Dummschwätzer machen. Dann wären wir wenigstens auf einer Wellenlänge.«

Neben dem Cowboy, der Glenn hieß, postierten sich zwei Männer. Vom anderen Ende der Gasse hörte Marcus weitere Schritte, die näher kamen. Er streckte den Arm aus und zog Maggie hinter sich. Dumpfbacken wie diese hier rückten immer rudelweise an. Die Gasse war lang und schmal, kein Fluchtweg in Sicht.

Einer der Männer hinter Marcus klatschte irgendetwas rhythmisch in seine Handfläche – es hörte sich ganz nach einem Baseballschläger an. Der Mann rechts von Glenn hielt lässig ein Brecheisen in seiner schwieligen Pranke. Marcus blickte blitzschnell hinter sich. Noch zwei Typen. Also insgesamt fünf. Zwei trugen ihre Waffen offen, die anderen hatten wahrscheinlich Messer bei sich, oder Schlagringe, oder Schlimmeres.

»Ihr Wichser aus der Großstadt haltet euch für besonders schlau, was?«, sagte der Cowboy. »Ich hab die Schnauze voll davon, dass Typen wie du uns wie Hinterwäldler behandeln, die sich nicht mal die Schuhe zubinden können. Aber da liegst du falsch, Sackgesicht. Wir werden dir ein paar Dinge beibringen, die du so schnell nicht vergisst.«

Marcus dachte blitzschnell nach. Bis die Kerle sich auf ihn stürzten, blieben ihm nur wenige Sekunden. Auch wenn sie ihn nur zusammenschlagen wollten, konnte der Streit schnell von einer Prügelei zu einem Kampf auf Leben und Tod werden. Außerdem würde Maggie nicht ungeschoren davonkommen, nachdem sie ihn fertiggemacht hatten. War ein wütender Mob erst in Fahrt, war er ungefähr so leicht aufzuhalten wie ein Schnellzug.

Adrenalin schoss ihm ins Blut und verlieh ihm zusätzliche Kraft. Er packte die Ecke eines Müllcontainers, warf sich mit seinem ganzen Gewicht dagegen und schleuderte ihn herum. Der Container war fast leer, die Räder nicht arretiert. Er wirbelte ihn den beiden Männern in den Weg, die sich ihm von hinten näherten.

Dann schob er Maggie zur Wand und trat auf die andere Seite. Er wollte die Angreifer von dem Mädchen weglocken und sie zugleich vom Kampf abschirmen.

Er wandte sich den beiden Gegnern zu, die von vorn kamen. Glenn, den Cowboy, hielt er für einen Feigling. Er hatte von vornherein gewusst, dass dieses Großmaul die schmutzige Arbeit seinen Kumpels überlassen würde.

Der erste Mann bekam einen Tritt gegen die Brust, der ihn von den Beinen riss und aufs Pflaster schleuderte. Der zweite Angreifer jedoch traf Marcus mit dem Brecheisen in die Seite. Marcus taumelte und wäre beinahe in die Knie gegangen. Der Schmerz schoss ihm das Rückgrat hinauf, aber er mobilisierte alle Willenskraft. Er hatte keine Zeit, um Schmerz zu empfinden.

Er wirbelte zu dem zweiten Angreifer herum und legte sein ganzes Gewicht hinter einen Schlag mitten in das rundliche Gesicht. Der Hieb traf den Mann mit verheerender Wucht. Er krachte schwer auf den Rücken. Marcus sah mit einem Blick, dass er so schnell nicht wieder aufstehen würde.

Der erste Angreifer versuchte sich aufzurappeln, doch seine Hoffnung, wieder in den Kampf einzugreifen, wurde durch Marcus’ Fußtritt beendet, der ihn seitlich am Kopf traf.

Glenn hielt sich immer noch zurück. Er schob sich von einer Seite der Gasse auf die andere, ohne Marcus auch nur einen Sekundenbruchteil aus den Augen zu lassen.

Mittlerweile hatten die Schläger, die vom anderen Ende der Gasse gekommen waren, den schweren Müllcontainer umrundet. Der Glatzkopf, der mit dem Baseballschläger bewaffnet war, stürmte brüllend auf Marcus los. Marcus packte das Brecheisen, das neben dem Bewusstlosen auf dem Boden lag, und schleuderte es dem Glatzkopf entgegen, als dieser mit dem Holzknüppel ausholte.

Das Eisen traf sein Ziel, doch es war kein vernichtender Treffer. Dennoch erfüllte die kurzzeitige Ablenkung ihren Zweck und erlaubte es Marcus, an den Glatzkopf heranzukommen, ehe dieser wieder ausholen konnte. Er packte das dicke Ende des Baseballschlägers mit der Linken, riss ihn dem Mann aus der Hand und knallte ihm die Rechte ins Gesicht.

Der Glatzkopf heulte auf, schlug blind zu und landete einen Treffer an Marcus’ Schläfe. Marcus wich wankend zurück, rächte sich jedoch mit einem harten Stoß des Baseballschlägers, einem von Kirby Puckett signierten original Louisville Slugger.

Der Treffer ließ den Glatzkopf k. o. gehen.

Nur noch ein Angreifer blieb übrig, denn Glenn war mehr Zuschauer als Gegner. Der letzte Mann musterte Marcus wachsam, suchte nach einer Schwachstelle.

Marcus packte den Baseballschläger fester. »Überleg’s dir gut.«

Der Kerl zögerte einen Augenblick, dann rannte er mit einer Geschwindigkeit, die Marcus bei einem Mann seiner Größe nicht für möglich gehalten hätte, zum Ende der Gasse und verschwand um die Ecke. Marcus grinste. Niemand weiß, wie schnell er wirklich ist, bevor er nicht verfolgt wird.

Dabei hatte er gar nicht die Absicht, den Typen zu verfolgen. Vielmehr war es Zeit, sich Glenn zuzuwenden, dem Großmaul, das die Schlägerei vom Zaun gebrochen hatte.

Marcus drehte sich um und ging lässig auf Glenn zu, der unruhig von einem Fuß auf den anderen trat. Den Baseballschläger warf Marcus zur Seite – er wusste, dass er ihn nicht brauchte.

Glenn starrte ihn an. Marcus fragte sich, ob der Dicke sich in einen Kampfrausch zu steigern versuchte, oder ob er sich gleich in die Hose machte und die Flucht ergriff wie sein Kumpel eben. Mit zittriger Stimme sagte Glenn: »Dann muss ich dir wohl eigenhändig ’ne Lektion erteilen.«

Er griff in die Tasche und zückte ein Schnappmesser.

Das wird ein Spaß, dachte Marcus.

Glenn griff an und stach zu, doch die Klinge zischte ins Leere, weil Marcus ihr längst ausgewichen war. Der Cowboy konterte mit einem Bogenschnitt, der Marcus fast den Bauch aufgeschlitzt hätte, doch er sprang gerade noch rechtzeitig nach hinten und krümmte den Rücken, um der Klinge zu entgehen.

Das war knapp.

Glenn versuchte noch zwei weitere Blitzattacken, die aber beide erfolglos blieben. Beim dritten Stoß packte Marcus den Cowboy beim Handgelenk und zog, so fest er konnte. Das Messer segelte durch die Luft und tanzte klirrend durch die Gasse. Vom eigenen Schwung wurde Glenn nach vorn gerissen. Marcus packte ihn mit ausgestrecktem Arm, riss ihn herum und trat ihm die Beine weg. Glenn knallte mit dem Kopf auf das Pflaster. Der Aufprall trieb ihm die Luft aus der Lunge, und sein Körper erschlaffte.

Schwer atmend blickte Marcus auf seinen bewusstlosen Gegner hinunter. Er war immer ein Fan von Actionfilmen und den markigen Sprüchen der Helden gewesen. Und obwohl Dirty Harry oder der Terminator die besseren Sprüche auf Lager hatten, erfüllte es ihn mit Stolz, als er nun sagte: »Game over.«

***


»Alles in Ordnung?«, fragte Maggie besorgt, während sie ein Handy aus der Handtasche zog und es sich ans Ohr hielt. »Du blutest.«

Marcus wischte sich einen Blutfaden von den Lippen. Er zerrieb das Blut zwischen den Fingern. »Ach, das ist nichts. Alles bestens.«

Maggie nickte bloß. »Dad?«, sagte sie ins Handy. »Ich bin’s.«

Während sie mit ihrem Vater sprach, beobachtete Marcus ihre Haltung, schaute in ihre Augen und lauschte ihrem Tonfall und der Stimmhöhe. Es verriet viel über einen Menschen, wie er sich nach einer überstandenen Stresssituation verhielt. Maggies Stimme war ruhig, ihr Atem ging gleichmäßig, und ihre Körpersprache ließ Selbstsicherheit erkennen. Immer wieder streifte ihr Blick über die besinnungslosen Männer, die sie überfallen hatten. Marcus hörte zwar ein kaum wahrnehmbares Zittern in ihrer Stimme, aber damit war zu rechnen gewesen. Ansonsten hielt Maggie sich verdammt gut. Sie erinnerte ihn an einen Cop, der Verstärkung anforderte.

»Glenn und ein paar von seinen Kumpels haben mir und meiner Begleitung aufgelauert … Nein, ist nichts passiert, meine Begleitung hat sie erledigt … Ja, Dad, männliche Begleitung … Nein, du kennst ihn nicht. Jetzt ist wohl nicht der richtige Augenblick, meinst du nicht? Komm bitte her. Wir sind in einer Gasse neben der Bar. Okay. Beeil dich.«

Sie klappte das Handy zu und steckte es in die Handtasche zurück.

Marcus sah, dass Glenn aufzustehen versuchte, dann aber wieder zurückfiel und reglos liegen blieb.

»Meinst du nicht, du hättest lieber den Sheriff rufen sollen als deinen Vater?«, fragte er.

Maggie lächelte. »Mein Vater ist der Sheriff.«

»Oh.«

»Das ist doch kein Problem für dich? Du wärst nicht der Erste, der sich aus dem Staub macht, wenn er hört, dass mein Dad der Sheriff ist. Manche Männer sind leicht einzuschüchtern.«

»Ich nicht, das hast du doch gesehen. Aber ich habe großen Respekt vor einem Mann mit Dienstmarke. Ich war selbst Cop, sogar in dritter Generation.«

»Du warst?«

»Ja. Jetzt bin ich’s nicht mehr.«

Zum ersten Mal seit langer Zeit kam Marcus der Gedanke, dass er wieder Cop werden könnte. Dann bekam er vielleicht einen ruhigen Job als Deputy, saß am Highway im Streifenwagen und stellte ab und zu einen Strafzettel aus. Das wäre Lichtjahre entfernt von der Welt, die er hinter sich gelassen hatte. Ein Problem wäre nur die Leistungsbewertung, die sein früherer Dienstherr...