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Die Frauen der Calhouns 1. Catherine

Nora Roberts

 

Verlag Heyne, 2013

ISBN 9783641120795

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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4,99 EUR


 

2. KAPITEL

Tante Coco war eifrig damit beschäftigt, Treibhausrosen in jenen zwei übrig gebliebenen Dresdner Vasen zu arrangieren, die erst noch verkauft werden sollten. Sie summte einen aktuellen Rockhit während der Arbeit, wobei sie gelegentlich ein rasches »Bummbumm-bumm!«, oder »Ta-ti-da!«, hinzufügte.

Wie die anderen Calhoun-Frauen war sie groß, und ihre Gestalt, die im letzten Jahrzehnt nur ein wenig an Fülle zugenommen hatte, betrachtete sie am liebsten als majestätisch.

Sie hatte sich für den Anlass sorgfältig gekleidet und frisiert. Ihre kurzen, flauschigen Haare waren diese Woche rot gefärbt und gefielen ihr ungemein.

Eitelkeit war nach Cocos Einschätzung weder eine Sünde, noch ein Charakterfehler, sondern die geheiligte Pflicht einer Frau.

Ihr Gesicht, das Gott sei Dank noch von der Schönheitsoperation vor sechs Jahren bestens erhalten war, war peinlichst genau geschminkt. Ihre besten Perlen baumelten an ihren Ohren und schmiegten sich um ihren Hals.

Mit einem raschen Blick in den Spiegel in der Eingangshalle entschied Coco, dass der schwarze Hosenanzug sowohl dramatisch als auch schlank wirkte. Die hochhackigen Pumps ohne Fersenteil klapperten beeindruckend auf dem Fußboden aus Kastanienholz und brachten sie nahezu auf eine Größe von einsachtzig.

Sie war eine imposante und – ja – eine majestätische Gestalt, als sie von Raum zu Raum hastete und jedes Detail überprüfte und zurechtrückte. Ihre Mädchen mochten unter Umständen ein ganz klein wenig böse auf sie sein, weil sie einen Gast eingeladen hatte, ohne es zu erwähnen. Doch sie konnte sich jederzeit auf Zerstreutheit herausreden.

Was sie tat, wann immer es ihr passte.

Coco war die jüngere Schwester von Judson Calhoun, der Deliah Brady geheiratet und vier Mädchen in die Welt gesetzt hatte. Judson und Deliah, die Coco aufrichtig geliebt hatte, waren vor fünfzehn Jahren ums Leben gekommen, als ihr Privatflugzeug über dem Atlantik abstürzte.

Seit damals hatte sie ihr Bestes getan, um Vater und Mutter und Freundin für ihre hübschen kleinen Waisenkinder zu sein. Selbst seit fast zwanzig Jahren Witwe, war Coco eine sagenhafte Frau mit einem scharfen Verstand und einem Herz so weich wie Marshmallow-Creme.

Sie war fest entschlossen, das Allerbeste für ihre Mädchen zu bekommen, ob sie es wollten oder nicht. In Trenton St. James’ Interesse an The Towers sah sie eine Möglichkeit.

Es interessierte sie nicht im Geringsten, ob er diese weitläufige Festung von einem Haus kaufte. Obwohl Gott allein wusste, wie lange sie es überhaupt noch halten konnten angesichts der Steuern und Rechnungen für Reparaturen und Heizung. Was sie anging, konnte Trenton St. James III das Haus kaufen oder auch nicht. Aber sie hatte einen Plan.

Er sollte sich Hals über Bankkonto in eines der Mädchen verlieben. Sie wusste noch nicht, in welches. Sie hatte es mit ihrer Kristallkugel versucht, jedoch keinen Namen darin lesen können.

Aber sie wusste es. Sie hatte es von dem Moment an gewusst, als der erste Brief gekommen war. Der Junge sollte einen ihrer kleinen Lieblinge in ein Leben voll Liebe und Luxus entführen.

Sie wollte verdammt sein, wenn keines der Mädchen das eine ohne das andere bekam.

Mit einem Seufzer richtete sie die elegante Kerze in ihrem Lalique-Halter. Sie hatte den Mädchen Liebe geben können, aber der Luxus …

Wären Judson und Deliah am Leben geblieben, wäre alles anders gelaufen. Ganz sicher hätte Judson sich aus den finanziellen Schwierigkeiten herausgezogen, an denen er litt. Bei seiner Klugheit und Deliahs Schwung wäre das nur eine vorübergehende Angelegenheit gewesen.

Doch sie waren nicht am Leben geblieben, und Geld war zu einem wachsenden Problem geworden. Wie sie es hasste, das Erbe der Mädchen Stück für Stück verkaufen zu müssen, um das allmählich einstürzende Dach über ihren Köpfen zu retten, jenes Dach, das sie alle so liebten.

Trenton St. James III sollte das alles ändern, indem er sich ganz wahnsinnig in eines ihrer süßen Babys verliebte.

Vielleicht ist es Suzanna, dachte Coco, während sie die Kissen auf dem Sofa aufschüttelte. Die arme liebe Kleine, deren Herz von dem wertlosen Schurken gebrochen worden war, den sie geheiratet hatte.

Cocos Lippen wurden schmal. Wenn sie sich vorstellte, dass er sie alle dermaßen zum Narren gehalten hatte, sogar sie selbst. Er hatte ihrem Baby erst das Leben zur Hölle gemacht und sich dann von ihr scheiden lassen, um dieses Busenwunder zu heiraten.

Coco stieß angewidert den Atem aus und schoss einen Blick zu den Sprüngen in der Zimmerdecke. Sie musste sich davon überzeugen, dass Trenton als Vater für Suzannas zwei Kinder passte. Falls nicht …

Da war immer noch Lilah, ihr zauberhafter Freigeist. Ihre Lilah brauchte jemanden, der ihren lebhaften Verstand und ihre exzentrische Art zu schätzen wusste. Jemanden, der sie versorgte und gesetzt machte. Nur ein wenig. Coco wollte niemanden tolerieren, der versuchte, die mystische Neigung ihres kleinen Mädchens zu unterdrücken.

Vielleicht würde es Amanda sein. Coco zerrte an einem Vorhang, bis er ein Mäuseloch verdeckte. Also, das wäre ein Paar. Der erfolgreiche Geschäftsmann und die erfolgreiche Geschäftsfrau, die gemeinsam alles am Laufen hielten. Aber er musste auch eine sanftere Seite haben, eine, die erkannte, dass Mandy zärtlich geliebt und nicht nur respektiert werden musste. Auch wenn sie selbst das nicht erkannte.

Mit einem zufriedenen Seufzer wechselte Coco von dem Salon ins Wohnzimmer, vom Wohnzimmer in die Bibliothek, von der Bibliothek ins Arbeitszimmer.

Dann war da noch C. C. Kopfschüttelnd rückte Coco ein Gemälde so zurecht, dass es fast die Stockflecken auf der alten Seidentapete verbarg. Dieses Kind hatte die Sturheit der Calhouns gleich haufenweise geerbt. Man stelle sich vor, ein hübsches Mädchen, das sein Leben verschwendete, indem es an Motoren und Benzinpumpen herumspielte. Ein Schmierölaffe. Gott bewahre!

Es war mehr als zweifelhaft, dass ein Mann wie Trenton St. James III sich für eine Frau interessieren könnte, die ihre ganze Zeit unter einem Auto zubrachte.

Andererseits war C. C. mit ihren dreiundzwanzig Jahren ohnehin das Baby in der Familie. Coco fand, dass sie genug Zeit hatte, für ihr kleines Mädchen den perfekten Gatten zu finden.

Die Bühne ist vorbereitet, fand sie. Und bald wird Mr St. James im ersten Akt auftreten.

Die Eingangstür krachte zu. Coco zuckte zusammen, wusste sie doch, dass bei diesen Vibrationen Bilder an den Wänden verrutschten und Geschirr auf den Tischen tanzte.

Sie suchte sich ihren Weg durch die zahlreichen Räume und rückte überall unterwegs etwas zurecht.

»Tante Coco!«

Coco hob automatisch ihre rechte Hand und klopfte sich gegen die Brust. Sie erkannte nicht nur C. C.s Stimme, sondern auch die Wut darin. Was könnte denn geschehen sein, dass sich das Mädchen so aufregt?, fragte sie sich, während sie ihr schönstes mitfühlendes Lächeln aufsetzte.

»Komme schon, Liebste! Ich habe dich erst in ein paar Stunden zu Hause erwartet. Das ist ja eine so angenehme …«

Ihre Stimme erstarb, als sie ihre Nichte vor sich sah, kampfbereit in einer zerrissenen Jeans und einem T-Shirt, Ölspuren im Gesicht und an den Händen, die sie zu Fäusten geballt und in ihre Hüften gestemmt hatte.

Und dann sah sie den Mann hinter ihr – den Mann, in dem Coco ihren zukünftigen Schwiegerneffen erkannte.

»… angenehme Überraschung«, beendete Coco ihren Satz und setzte rasch wieder ihr Lächeln auf. »Mr St. James, wie zauberhaft!« Mit ausgestrecktem Arm ging sie auf ihn zu. »Ich bin Mrs McPike.«

»Angenehm.«

»Ich freue mich, Sie endlich kennenzulernen, und hoffe, Sie hatten eine gute Anreise.«

»Eine interessante, alles in allem.«

»Das ist noch besser als gut.« Sie tätschelte seine Hand, ehe sie sie losließ. Sein ruhiger Blick und seine wohlklingende Stimme gefielen ihr auf Anhieb. »Bitte, treten Sie näher. Ich finde, man sollte alles stets gleich so beginnen, wie man es weiterzuführen gedenkt. Deshalb sollten Sie sich hier sofort wie zu Hause fühlen. Ich mache uns allen etwas Tee.«

»Tante Coco«, warf C. C. mit leiser Stimme ein.

»Ja, Liebling, möchtest du lieber etwas anderes haben als Tee?«

»Ich möchte eine Erklärung haben, und ich will sie auf der Stelle!« Cocos Herz hämmerte ein wenig, aber sie schenkte ihrer Nichte ein offenes, leicht neugieriges Lächeln. »Eine Erklärung? Wofür denn?«

»Zum Teufel, ich möchte wissen, was er hier macht!«

»Catherine, also wirklich!« Coco schnalzte missbilligend mit der Zunge. »Deine Manieren! Einer deiner wenigen Fehler. Kommen Sie, Mr St. James. Oder darf ich Sie Trenton nennen? Sie müssen ein wenig mitgenommen sein nach der Fahrt. Warum gehen wir nicht alle in den Salon und setzen uns?« Sie schob ihn weiter, während sie sprach. »Wundervolles Wetter für eine Autofahrt, finden Sie nicht?«

»Halt!« C. C. bewegte sich blitzschnell und pflanzte sich vor den beiden auf. »Halt! Du wirst ihn nicht in den Salon verfrachten mit Tee und Geplauder. Ich will wissen, warum du ihn hierher eingeladen hast.«

»C. C.« Coco stieß einen leidvollen Seufzer aus. »Geschäfte sind angenehmer und erfolgreicher für alle Beteiligten, wenn man sie in persona führt und in einer entspannten Atmosphäre. Würden Sie mir darin nicht zustimmen, Trenton?«

»Ja.« Es überraschte ihn, dass er ein...