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Invasion - Der Aufmarsch - Invasion Band 1

John Ringo, Werner Bauer

 

Verlag Heyne, 2013

ISBN 9783641121938

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

Geräte

7,99 EUR


 

Michael O’Neal war Junior-Programmierer in einer Firma in Atlanta, die Webpages entwickelte. In der Praxis bedeutete das, dass er acht bis zwölf Stunden am Tag mit HTML, Java und Pearl arbeitete. Wenn die Junior-Vertriebsbeauftragten oder die Vertriebsbeauftragten selbst jemanden brauchten, der wirklich eine Ahnung davon hatte, was das System leistete, wenn beispielsweise dem Kundenteam ein Ingenieur oder ein Computerfreak angehörte, pflegte man Michael zu der Besprechung einzuladen, wo er dann still sitzen musste, bis die Verhandlung irgendwie zum Stocken kam. In einem solchen Augenblick erwartete man von ihm, ein Mindestmaß an Computer-Chinesisch auszuspucken, das dem Kunden dann meist ausreichte und ihn überzeugte, dass wenigstens eine Person an seiner Website arbeitete, die etwas von der Sache verstand und nicht nur einen guten Friseur und ein niedriges Golf Handicap hatte. Anschließend lud dann der Vertriebsbeauftragte den Kunden zum Mittagessen ein, und Mike kehrte in sein Büro zurück.

Mike hatte zwar ebenfalls einen guten Haarschnitt, spielte aber weder Golf noch Tennis, war hässlich wie ein Troll und klein wie ein Kobold. Trotz dieser Handicaps war er dabei, sich auf der Hierarchieleiter stetig nach oben zu arbeiten. Vor kurzem hatte man sogar sein Gehalt erhöht, ohne dass er darum gebeten hatte. Das war eine gewaltige Überraschung für ihn gewesen, und man munkelte sogar, er könne möglicherweise mit weiteren Beförderungen rechnen. Das Büro, das ihm die neue Position eingetragen hatte, war nichts Besonderes; der Platz reichte kaum aus für eine volle Drehung seines Drehsessels, außerdem befand sich das Büro unmittelbar neben dem Pausenraum und war deshalb mehrmals täglich vom Geruch frischen Popcorns erfüllt. Um seine Fachbücher unterzubringen, hatte er ein Hängeregal anbringen müssen. Aber es war immerhin ein Büro, und das war im Zeitalter der verglasten vier Quadratmeter-Kabuffs schon ein großer Fortschritt. Irgendjemand im Hintergrund bereitete ihn offenbar auf etwas vor, und er konnte nur hoffen, dass es sich bei diesem Etwas nicht um eine Guillotine handelte. Doch das war unwahrscheinlich. Er war der Typ des aggressiven, lästigen Querdenkers, den jede Firma insgeheim dringend brauchte.

Im Augenblick war er stinksauer. Die aufgeblasenen Applets auf der Site ihres neuesten Kunden machten die Website so langsam, dass man es kaum erwarten konnte, bis sie sich aufgebaut hatte. Unglücklicherweise bestand der Kunde aber auf den »winzigen« Codes, die einen so großen Teil ihrer Bandbreite beanspruchten, dass er keine andere Wahl hatte, als sich eine schlaue Lösung einfallen zu lassen, damit es trotzdem schneller ging.

Er saß gerade an seinem Schreibtisch, die Füße auf dem Stapel von Büchern und Ausdrucken, die darauf lagen, öffnete und schloss die linke Hand rhythmisch über einem Torsionsübungsgerät, starrte das Poster an der Decke seines Büros an und dachte an seinen nächsten Urlaub. Noch zwei Wochen, dann würde es für ihn nur blaue Wellen, kaltes Bier und Korallenriffs geben. Ich hätte zu den SEALs gehen sollen, dachte er, das Gesicht vom ständigen Gewichtheben gerunzelt, und Surfinstruktor werden sollen. Sharon sieht im Bikini klasse aus.

Er hatte gerade einen Schluck abgestandenen, kalten Kaffee zu sich genommen und in Urlaubsträumen geschwelgt, als sein Telefon klingelte.

»Michael O’Neal, Web-Design, was kann ich für Sie tun?« Der Griff nach dem Telefon und die eingedrillte Meldung kamen, ehe sein Vorderhirn sich einschaltete. Als er dann die Stimme des Anrufers erkannte, hätte er beinahe seinen Kaffee ausgespuckt.«

»Hi, Mike, ich bin’s, Jack.«

Seine Füße krachten auf den Boden und gleich danach kam XML for Dummies. »Guten Morgen, Sir, wie geht es Ihnen?« Seit er das letzte Mal mit seinem alten Chef gesprochen hatte, waren fast zwei Jahre vergangen.

»Kann mich nicht beklagen, Mike. Ich brauche Sie Montag früh in McPherson.«

»Was? Sir, ich bin jetzt seit acht Jahren draußen. Ich hab mich vom Militär verabschiedet.« Ein beinahe Pavlowscher Reflex ließ ihn gleichzeitig in Gedanken bereits eine Liste von allem aufstellen, was er würde mitnehmen müssen.

»Ich habe gerade mit dem Präsidenten Ihrer Firma gesprochen. Das ist augenblicklich keine offizielle Einberufung ...«

Die versteckte Drohung gefällt mir wirklich, Boss, dachte Mike.

»Aber ich habe selbstverständlich darauf hingewiesen, dass Sie gemäß der Soldaten- und Matrosenakte jederzeit zur Verfügung ...«

Wieder mal echt Jack. Vielen Dank auch, Ex-Boss.

»Er schien darin kein Problem zu sehen. Ich habe nur den Eindruck, dass er Sie im Augenblick nicht sonderlich gut entbehren kann. Ihre Firma hat offenbar gerade einen neuen Auftrag bekommen, und es scheint ihm sehr wichtig zu sein, dass Sie den bearbeiten...«

Ja!, feixte Mike stumm. Wir haben den ersten Upgrade von Onion bekommen! Fast ein Jahr lang hatte die Firma sich um den lukrativen Vertrag bemüht.

»Aber ich konnte ihn überzeugen, dass es so am besten ist«, fuhr der General fort. Mike konnte hören, dass im Hintergrund gesprochen wurde, teils sogar mit erhobener Stimme, es klang ganz so, als würde der General aus einer Telefon-Werbefirma anrufen. Oder einige seiner Kollegen führten gerade ähnliche Gespräche. Wenn man genauer hinhörte, klangen einige der gedämpften Stimmen im Hintergrund beinahe verzweifelt.

»Worum geht es denn, Sir?«

Keine Antwort. Im Hintergrund fing eine Männerstimme zu schreien an, offensichtlich war ihr Besitzer mit der Reaktion auf seinen Anruf unzufrieden.

»Lassen Sie mich raten. Sicherheitsvorschriften?« Eine Antwort auf diese Frage würde ebenfalls die Sicherheitsvorschriften verletzen, also erwartete Mike keine, sondern kritzelte an einem Tintenfleck auf der zerschrammten Platte seines Schreibtischs herum und fing dann wieder an, seine linke Hand zu trainieren. Blutdruck ... das ewige Macho-Gehabe der Offiziere und das übertriebene Theater um Sicherheitsvorschriften hatten ihn schließlich dazu veranlasst, dem Militär den Rücken zu kehren. Und er hatte wirklich keine Lust, sich da wieder hineinziehen zu lassen.

»Seien Sie dort, Mike. Im Siglnt-Gebäude, gleich hinter FORCECOM.«

»Airborne, General, Sir.« Er hielt kurz inne und fügte dann trocken hinzu: »Sharon bekommt einen Anfall.« Dass er mit »Airborne« in militärische Sprachgewohnheiten seiner Vergangenheit zurückgefallen war, fiel ihm in diesem Augenblick gar nicht auf. Aber auch das war vielleicht ein Pavlowscher Reflex.

 

Mike war dabei, Brokkoli zu putzen, als er hörte, wie der Wagen vorfuhr. Er wischte sich die Hände ab und öffnete die Tür nach draußen, damit die Kinder ins Haus konnten, winkte ihnen zu und ging zur Spüle zurück.

Cally, die Vierjährige, kam als Erste hereingestürmt und bekam von Daddy einen großen, feuchten Schmatz.

»Daddy! Du hast mich nass gemacht!«

»Dicker, fetter, nasser Schmatz von Daddy! Brrr!« Er tat so, als wolle er mit seinen triefenden Händen nach ihr greifen, und sie stob kreischend in ihr Zimmer davon.

Unterdessen war Michelle, die Zweijährige, ins Zimmer getrottet und hielt ihm ihr neuestes Meisterwerk aus dem Kindergarten hin. Auch sie bekam von Daddy einen dicken, nassen Schmatz.

»Und was stellt dieses Meisterwerk dar?« Er betrachtete das grün-blau-rote Gekritzel und warf seiner Frau, die gerade zur Tür hereinkam, einen hilflosen Blick zu.

»Kuh!«, sagte sie, ohne dabei einen Ton von sich zu geben.

»Also, Michelle, das ist wirklich eine schöne Kuh!«

»Muh!«

»Ja, muh.«

»Saft!«

»Okay, kann mein großes Mädchen auch schon bitte sagen?«, fragte Mike grinsend und ging zum Kühlschrank.

»Pitte«, antwortete sie fröhlich.

»Okay.« Er griff in den Kühlschrank und holte den Becher heraus. »Nicht verschütten.«

»Pütze!«, erwiderte sie und drückte die Schnabeltasse an ihre Brust.

»Nicht verschütten.«

Sie trug den Becher ins Wohnzimmer, um sich dort ihr Nachmittagsvideo anzusehen. »Winnie!«

»Cinderella!«

»’Rella!«

Er hörte wie das Videogerät anlief, Cally hatte sich ihrer Schwester erbarmt, als seine Frau bereits umgezogen in die Küche zurückkam. Groß und schlank, mit einer kohlschwarzen, langen Mähne und hohen, kräftigen Brüsten, auch nach zwei Schwangerschaften immer noch mit der graziösen Eleganz einer Tänzerin, die sie gewesen war, als sie sich kennen gelernt hatten. Sie war in den Fitness-Club eingetreten, in dem er arbeitete, um ihren Muskeltonus zu verbessern. Er verstand sich von allen Clubmitarbeitern am besten auf Muskelentwicklung, also war es nur natürlich, dass er ihr zugeteilt wurde. So kam dann eines zum anderen, und da waren sie jetzt, acht Jahre später. Manchmal fragte sich Mike, was sie eigentlich an ihm fand. Andererseits hätte es schon eine Brechstange gebraucht, um ihn von ihr zu trennen. Oder zumindest die eiserne Hand der Pflicht.

»Deine Agentin hat mich in der Arbeit angerufen«, sagte sie, »sie konnte dich nicht erreichen.«

»Oh?«, sagte er, bemüht desinteressiert zu klingen. Sein Magen hatte bereits angefangen zu revoltieren. Er holte eine Flasche kalifornischen Chardonnay aus dem Kühlschrank und wühlte in der Schublade nach dem Korkenzieher.

»Sie hat gesagt, ein paar Stellen müssten noch umgeschrieben werden, aber Dunn könnte möglicherweise interessiert sein.« Sie lehnte sich an die Arbeitstheke und musterte ihn scharf. Seine Reaktionen stimmten überhaupt nicht.

»Oh. Das ist gut.«

»Du...