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Die besten Lehrmethoden im sozialwiss. Unterricht - Schüler aktivieren - Lernen individualisieren (5. bis 10. Klasse)

Wulf Schmidt-Wulffen

 

Verlag scolix, 2013

ISBN 9783403701507 , 175 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz frei

Geräte

16,99 EUR


 

Kapitel 1: Gemeinsame Themenfestlegung


Für die Methoden, die in diesem Kapitel vorgestellt und diskutiert werden, habe ich noch die traditionellen Medien und Materialien verwendet – Karteikarten, Filzstifte, Wandtafel und Kreide. In vielen Schulen werden die Wandtafeln mittlerweile aber nach und nach durch interaktive Whiteboards ersetzt. Auch damit kann man u. a. Brainstorming und Kartenabfrage durchführen und die Ergebnisse clustern. Die Prinzipien bleiben unverändert. Möglicherweise ist das aber mit einem Verlust an Schüleraktivität verbunden. Auch wenn es sich nur um formale Tätigkeiten wie das Aufhängen der Karten und das Sortieren an der Tafel handelt, sie dürften nun vom Lehrer durchgeführt werden statt von den Schülern – aus Gründen der Praktikabilität.

1. Begriffe sammeln

2. Clustern

1. Den eigenen Fragen nachgehen


1. Zweck und Ziel


Der Lehrer signalisiert seinen Schülern bezüglich eines Themas vollständige Gedankenfreiheit, indem er in Aussicht stellt, dass sie einer eigenen Frage nachgehen dürfen. Er vermag dadurch Vertrauen bei den Schülern zu gewinnen, die in ihrem Selbstbewusstsein gestärkt werden. Zwar macht der Lehrer zur Stimulation seiner Schüler eigene Vorschläge; diese können zwar, müssen aber nicht beachtet werden. Dominant werden Arbeitsthemen, die die Gedanken und Interessen der Schüler spiegeln. In freier Wahl schließen sich Gleichgesinnte zu Kleingruppen zusammen. In der Regel wird so eine Themenbehandlung vermieden, die einer eher abstrakten Sachsystematik folgt, an der viele Schüler schon oft gescheitert sind.

2. Zur Methode


Der Lehrer stellt ein neues Thema vor und begründet dabei, warum es ihm wichtig ist. Er „philosophiert“ über Fragen, die ihn interessieren, auf die er gern Antworten hätte. Er notiert sie an der Tafel. Er fordert die Schüler auf, eine sie interessierende Frage auf einen Zettel zu schreiben. Anschließend werden alle Fragen an der Tafel notiert, ohne kommentiert oder kritisiert zu werden. Jeder Schüler erhält dann drei Aufklebepunkte, auf die er seinen Namen schreibt. Lehrer- und Schülerfragen stehen nun gleichberechtigt zur Wahl. Die Schüler verteilen ihre Punkte auf die konkurrierenden Fragen. Die Themen, die die meisten Aufklebepunkte aufweisen, werden anschließend von jenen Schülern in einer Kleingruppe bearbeitet, die sie gewählt haben. Das können Schüler- und Lehrerfragen sein.

3. Einsatzmöglichkeiten


Die Methode ist verständlich und einfach. Sie lässt sich daher ohne Einschränkungen einsetzen, sofern sich mit dem Thema Alltagsvorstellungen der Schüler verbinden, die in eigene Fragen münden können.

4. Praxisbeispiel1


Januar 2010. Thema „Die Weimarer Klassik“. Statt Schulbuch-Unterricht: Jugendliche im Alter von 13 bis 17 Jahren, die sich bislang nicht kannten, fahren für fünf Tage nach Weimar. Untersucht werden soll die Weimarer Klassik – also Goethe und Schiller. Die ersten beiden Tage wird Kontakt zur Klassik durch „Spurensuche“ (z. B. Goethe- und Schillerhaus, Goethes Sommerhaus, Anna Amalia Bibliothek) hergestellt.

Dann folgt für drei Tage ein Projekt: „Unsere Tage in Weimar“.

Der Lehrer macht mehrere AG-Angebote; u. a.:

ƒKleidung und Mode zur Goethe-Zeit

ƒWar Schiller reich?

ƒacht Worte aus Klassik-­Gedichten heraussuchen und damit ein eigenes Gedicht schreiben

Die Schüler äußern eigene Themenwünsche:

ƒGraffiti zur Goethezeit anfertigen

ƒWeimar und die Klassik als Collage

ƒGoethe und Schiller – eine Fotodokumentation

5. Praxisanmerkungen


Vier der vorgeschlagenen Themen werden von den Schülern angenommen. Das sind die drei Schülerthemen sowie das vom Lehrer vorgeschlagene „neue“ Goethegedicht. Dieses wird auf Wunsch von Schülern in Form eines Rap erarbeitet und vorgeführt. Grundlage bilden Schillers „Ode an die Freude“ und Goethes „Eins und alles“ sowie Worte wie „Götterfunke“ und „Sternenzelt“. Das Beispiel zeigt, dass Jugendliche selbst für ein alltagsfernes Thema wie die deutsche Klassik ansprechbar sind, wenn der Lehrer ihnen „die Hand reicht“. Dies gilt sogar für ausgesprochene „Problemschüler“. Anders als man vermuten würde, handelt es sich bei den jugendlichen Akteuren nicht um Schüler der Sek. II aus bildungsnahen Schichten, sondern um gescheiterte Hauptschüler – ohne Abschluss, ohne Lehrstelle – aus den Berliner Brennpunkten Neukölln und Marzahn, im Alter von 13 bis 17 Jahren. Das Beispiel, das dem Engagement des Vereins „Cultures Interactive“ und der „Aktion Hauptschüler in den Beruf“ zu verdanken ist, zeigt, dass selbst ein hoher Grad an kultureller Heterogenität und ein mehrjähriger Alterssprung verkraftbar sind und die Methode in ihrer Anwendungsreichweite nicht einschränken. Das Beispiel zeigt ferner, was für die meisten der nachfolgend dargestellten Methoden gilt: Die Methode lässt ein hohes Maß an Flexibilität zu, sodass eine Kluft zwischen Theorie und Praxis problemlos überbrückbar ist.

Kassem, auf die Frage, warum ihn gerade das nicht gerade spannende Lehrerthema interessiert hatte: „Mit Goethe und Weimar hatte ich bislang wenig am Hut. Bücher lese ich in der Regel nicht, Goethe und Schiller schon mal gar nicht. Aber ich wollte mal was Neues ausprobieren.“

2. Zurufliste


1. Zweck und Ziel


Diese Methode zur Findung von Teil-/Unterthemen zu einem vorgegebenen, also feststehenden Thema (Lehrplan, curriculare Vorgaben) bedient sich eines denkbar einfachen Verfahrens, das Gedanken, Vorstellungen, Fragen und Lerninteressen der Schüler mobilisiert. Damit wird vermieden, bei der Themenbehandlung einer eher abstrakten Sachsystematik zu folgen, wie sie Fachlehrer als Ergebnis von Ausbildung und Fachbeherrschung häufig im Kopf haben. Die Methode ist für Einsteiger unter den Lehrern geeignet, die sich langsam von der eigenen absoluten Planungshoheit lösen möchten. Sie beansprucht einen nur geringen Zeitaufwand, der sich aufgrund der höheren Motivation der Schüler auch lohnt. Denn im Ergebnis kommen Arbeitsthemen heraus, die den Gedanken und Interessen der Schüler nahe sind. Zu deren Bearbeitung finden sich die einzelnen Schüler gemäß ihren Interessen in freier Wahl zu Kleingruppen zusammen.

2. Zur Methode


Das bisherige Thema ist abgeschlossen. Der Lehrer richtet es so ein, dass noch 5 – 10 Minuten bis zum Klingeln übrig bleiben. Er kündigt das Folgethema für die nächsten Wochen an und gibt eine kurze Einführung, einen Überblick, um was es dort geht, warum dieses Thema aus seiner Sicht für die Schüler wichtig ist.

Leider reiche die Zeit nicht aus, alles zu behandeln, was das Thema hergebe. Er möchte aber die Entscheidung – was gemacht und was weggelassen wird – nicht allein treffen: „Was interessiert euch an diesem Thema am meisten? Denkt kurz still nach, jeder für sich, danach nennt mir jeder eine oder zwei Fragen. Weil ich mir eure Fragen nicht alle merken kann, nehmt ­bitte einen Zettel und schreibt sie auf. Es können zwei Fragen sein, aber nicht mehr als drei!“

Als es klingelt, geben die Schüler ihre Zettel ab. Diese werden vom Lehrer zu Hause gesichtet und sortiert. In der Folgestunde (an einem anderen Tag) stellt der Lehrer die nun schon zu Clustern sortierten Fragen der Schüler vor (Folie). Mögliche Unklarheiten werden geklärt.

An Gruppentischen werden für die Cluster passende Überschriften gesucht; die endgültige Formulierung zu spannenden Gruppenarbeitsthemen wird dann gemeinsam vorgenommen. Die Schüler ordnen sich schließlich einem Cluster/Themenangebot nach Interesse zu.

3. Einsatzmöglichkeiten


Diese Methode kann bereits in der 5. Klasse eingeführt werden, aber genauso noch in der Sek. II (Schwerpunkt: sozialwissenschaftliche Fächer wie Erdkunde, Politik, Geschichte, Religion, Ethik) eingesetzt werden.

4. Praxisbeispiel


? 6. Klasse, Erdkunde

Im Rahmen des Jahrgangs­themas „Klima- und Landschaftszonen ­Afrikas“ ging es um eine Einführung in das Thema „Afrika“.

Am Anfang der Beschäftigung mit Afrika standen Spielzeug-Blechautos, die ich aus Ghana mitgebracht hatte. Insgesamt wurden in vier Stunden (je zwei Doppelstunden) auf Wunsch der Schüler eigene Spielzeugautos aus Wegwerfmaterialien hergestellt. Dabei wurde auch auf Fragen der Schüler zu den jugendlichen Spielzeugkonstrukteuren eingegangen. Die Autos wurden dann zu Hause (oft mit Unterstützung der gesamten Familie bis Mitternacht) fertiggestellt, stolz im Unterricht präsentiert und prämiert (Gummibärchen).

Anschließend fand das folgende Gespräch statt: „Ihr wisst doch ganz genau: Unterricht, in dem nur gespielt und gebastelt wird, den gibt es doch gar nicht! Da steckt doch etwas dahinter …“ – „Ja, jetzt geht es weiter über ­Afrika!“ – „Wie könnte denn das Thema heißen, das ich vorgesehen habe?“ Schülerantworten: „Leben in...