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Ratgeber Depression. Informationen für Betroffene und Angehörige

Martin Hautzinger

 

Verlag Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG, 2006

ISBN 9783840918797 , 76 Seiten

Format PDF, ePUB, OL

Kopierschutz Wasserzeichen

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7,99 EUR


 

1 Depression – Was ist das? (S. 8-9)

1.1 Von der trüben Stimmung zur Depression
Nicht jede traurige Verstimmung darf mit einer Depression gleichgesetzt werden. Trübe Gedanken gehören zum Alltag, sie vergehen auch schnell wieder. Eine Enttäuschung wird nach Tagen durch neue Erlebnisse verdrängt. Die Zeit heilt Wunden. Beim Verlust oder Tod eines nahen, geliebten Menschen ist die Trauer oft tief und länger anhaltend, oft ein ganzes Jahr. Wir können aber voraussagen, dass sich die Stimmung fast immer wieder aufhellt. Eine solche traurige Verstimmung, auch wenn sie momentan noch so tief sitzt, bezeichnen wir nicht als Krankheit.

Schwermut, Melancholie oder moderner „Depressionen“ sind häufige Störungen und ernsthafte Erkrankungen, die den ganzen Menschen betreffen.

Sowohl seelische als auch körperliche Funktionen sind davon betroffen. Die seelischen Veränderungen betreffen vor allem das Gefühlsleben. Positive Gefühle, wie Freude, Lust, Energie, Interesse, Zufriedenheit, Entspannung fehlen oder treten stark in den Hintergrund. Negative, unangenehme und schmerzhafte Gefühle bestimmen in einem nicht bekannten Ausmaß das Leben. Zu diesen negativen Gefühlen gehören Niedergeschlagenheit, Traurigkeit, Angst, Verbitterung, Einsamkeitsgefühl, Hilflosigkeit, Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit. Sie wechseln ab mit Phasen der Erschöpfung, der Schwermut und der Leere, bei der sich die Betroffenen wie „eingemauert“, isoliert und innerlich wie tot vorkommen.

Eine Depression betrifft jedoch auch die Leistungsfähigkeit, das Denken, das Gedächtnis und das Urteilsvermögen. Betroffene klagen über Konzentrationsmangel, über Gedächtnisschwächen und Probleme, sich Ereignisse zu merken. Sie ermüden leichter, haben weniger Ausdauer und Kraft. Selbst bei Alltäglichkeiten fällt die Entscheidung oft schwer und das Urteilsvermögen ist eingeschränkt.

Verändert ist auch die Art und Weise, wie von Depression Betroffene sich selbst, ihre Angehörigen, ihre Lage, ihre Möglichkeiten und ihre Zukunft sehen. Es dominiert Pessimismus, auch wenn es dafür keinen eindeutigen Grund gibt. Die Umwelt, oft auch die Angehörigen werden als fremd, bedrohlich und feindselig erlebt. Die eigene Person ist schlecht und hat Schuld auf sich geladen. Das eigene Leben erscheint als eine Kette von Misserfolgen und Niederlagen. Die Zukunft ist unsicher, unausweichlich voll mit Bedrohlichem. Daher erleben viele depressive Menschen auch Angst und Hoffnungslosigkeit.

Verändert sind auch der Antrieb, die Begeisterungsfähigkeit, das Interesse, das Berührtsein von Dingen und Erlebnissen und die Anteilnahme. Schwermütige ziehen sich zurück, haben keine Ziele und Wünsche mehr. Das Leben ist fade, freudlos und leer. Schlimmstenfalls sieht man im Weiterleben keinen Sinn mehr und will nicht mehr am Leben bleiben. Besonders typisch für eine Depression sind zahlreiche körperliche Beschwerden. Betroffene leiden unter Schlafstörungen, Appetitlosigkeit, einem Verlust von sexuellen Interessen und Empfindungen bei Sex, fehlendem Geschmacksempfinden, Druck und Enge in der Brust, Kopf- und Bauchschmerzen, Magen- und Darmbeschwerden, Kraftlosigkeit, Erschöpfung, Vergesslichkeit, Gereiztheit, Unruhe und ziellosem Getriebensein. Insbesondere im fortschreitenden Alter bestimmen diese körperlichen Beschwerden das Bild einer Depression.

Schlafstörungen sind oft die ersten Anzeichen einer Depression und müssen immer sehr ernst genommen werden. Zwei oder mehr Stunden vor der gewohnten Zeit wachen depressive Patienten auf; in diesen frühen Morgenstunden wird die Depression als besonders schwer empfunden. Es ist das Morgentief der Depressiven. Der Schlafrhythmus ist bei ihnen gestört. Ein Zehntel der depressiven Patienten hat nicht zu wenig, sondern zu viel Schlaf. Die Ursachen für dieses Phänomen sind gänzlich unbekannt.