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Gesellschaftliche Verantwortung in Organisationen. Fallstudien unter organisationstheoretischen Perspektiven

Sonja J. Hafner, Jörg Hartel, Oliver Bluszcz, Wolfgang Stark (Hrsg.)

 

Verlag Rainer Hampp Verlag, 2007

ISBN 9783866181571 , 291 Seiten

Format PDF, OL

Kopierschutz Wasserzeichen

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27,99 EUR

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Industrie, Soziologie und CSR. Worüber man (sonst) nicht spricht: Zwang zur Moral, Geld und Wissenschaft im „stahlharten Gehäuse" (S. 39)

Sonja J. Hafner

„But money, of course, is never just money. It is always something else, and it is always something more, and it always has the last word."

Paul Auster

1. Moralische Krise, Zwang zur Moral und Geld

Die Soziologie ist von Hause aus eine „Krisenwissenschaft", die entstanden ist aus dem Bewusstsein, dass Moral und Handeln nicht mehr zusammen passen und die versucht hat, die Gründe dafür herauszufinden. Sie ist von Beginn an eine politischpraktisch orientierte Disziplin gewesen, keine primär kontemplative, die sich nur auf Analysen erstreckt. Soziologen sind von Hause aus Gestalter gesellschaftlicher und industrieller Reformprozesse, auch wenn gerade dies über weite Strecken ganz anders gesehen wird und heute schließlich neu zur Disposition steht (dazu weiter unten mehr).

„Tout par l’industrie, tout pour l’industrie" – damit hat der französische Soziologe und Sozialreformer Saint-Simon im frühen 19. Jahrhundert bereits die Bedeutung unterstrichen, „die die Industrie damals wie heute für die moderne Gesellschaft hat und wollte" (Springer 1999, S. 89). Im Zuge der Diskussion des Themas „gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen" geht es im Grunde um Phänomene, die bereits von Max Weber, Emile Durkheim oder Georg Simmel im Übergang zum 20. Jahrhundert scharfsinnig beschrieben und untersucht wurden.

Bei ihnen finden wir wertvolle Hinweise für die Erklärung der Hintergründe des Aufkommens solcher Konzepte wie CSR oder CC und ihrer nur zögerlich-gespaltenen Realisierung. Diese Klassiker sind deshalb heute von größter Aktualität für das Verständnis von Wirtschaftsprozessen und Organisationen, die, wie man heute sagt, in den gesellschaftlichen Raum „eingebettet" sind.

Einbettung klingt missverständlich sanft, weil damit tatsächlich vor allem institutionelle Zwänge, gegenseitige Erwartungen und Abhängigkeiten verbunden sind und weil wir uns bei genauerem Hinsehen vielmehr in einem Prozess institutioneller „Entbettung" bzw. Erosion befinden (vgl. Deutschmann 2005). Weber sprach bekanntlich von „stahlharten Gehäusen" (1904) und meinte damit die zunehmende Einengung von Handlungsräumen und Freiheiten des Individuums im Zuge der kapitalistischen Wirtschaftsordnung, die bei ihrem Vordringen „grundstür- zend" das Wirtschaftsleben und Kulturdasein umgestalte und zersetzend auf Ordnungen wirke.

In diesen stahlharten Gehäusen sind längst nicht nur moderne Individuen mit ihren vielfältigen individualistischen Strebungen und Lebensstilen unentrinnbar gefangen, sondern alle gesellschaftlichen Subsysteme und alle Organisationen. Weber wusste schon, dass das Kapital als „prozessierender Wert" schrankenlos ist – genau dies können wir immer deutlicher beobachten, denn auch solche Bereiche werden von ihm erfasst, die bisher meinten, sie hätten mit Geld und Wachstumszwängen nichts zu tun. Weber sprach kurz gesagt über die neuen Zwänge, die gerade mit dem Niederreißen patriarchalischer Herrschaftsverhältnisse Hand in Hand gehen.

Die Frage der Zwänge auf Organisationen wurde in der neueren, v.a. amerikanischen und skandinavischen Organisationsforschung weiter gedacht und in den letzten Jahren auch in der deutschen Soziologie diskutiert. Dies ist gerade deshalb wichtig, weil bspw. im CSR- Diskurs permanent die Freiwilligkeit betont wird. Ein Zwang ist zweifelsfrei: Vor allem Wirtschaftsorganisationen sind dem Wachstumsimperativ unterworfen und stehen nun zunehmend unter Druck, für seine Kehrseiten, auch die potentiell zerstörerischen Auswirkungen im gesellschaftlichen Raum, Verantwortung zu tragen.