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Der alte Dessauer - Karl May´s Gesammelte Werke Band 42

Karl May

 

Verlag Karl-May-Verlag, 2013

ISBN 9783780215420 , 528 Seiten

Format PDF, ePUB, OL

Kopierschutz Wasserzeichen

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9,99 EUR


 

DREI FELDMARSCHALLS (1741) (S. 310-311)

Eine seltsame Order


Es war eine schlimme Zeit für Deutschland und ganz besonders auch für die Bewohner der brandenburgisch- hannoverschen Grenze. Im Dezember 1740 hatte Friedrich der Große gegen Maria Theresia von Österreich losgeschla- gen; Kurfürst Georg August von Hannover, der als Georg II. zugleich auch König von Großbritannien war, erachte- te es als Reichsfürst und Mitunterzeichner der Pragmati- schen Sanktion für seine Pflicht, gegen Preußen Front zu machen.

Darum erhielt der Feldmarschall Fürst Leopold von Anhalt-Dessau von Friedrich den Befehl, Branden- burg gegen einen Einfall Georgs zu schützen; dieser legte längs der Scheidelinie zwischen den beiden Ländern seine ‚Buntröcke‘ auf die Lauer, die, in einer langen Kriegsschule gestählt und abgehärtet, nichts sehnlicher wünschten, als hinüberzuströmen und neuen Ruhm zu dem alten erwer- ben zu dürfen. Leider ging das nicht so schnell, wie sie es erwarteten.

Der Befehl lautete nicht auf Angriff, sondern auf den Schutz der Grenze. Fürst Leopold durfte also nicht, wie er gern wollte; das wussten die Hannoveraner sehr wohl und darum fühlten sie sich sicher, blinzelten lustig hinter den Marksteinen herüber, huschten zuweilen auch etwas wei- ter, als es ratsam war, in das feindliche Gebiet hinein und trieben allerlei Schabernack, der ganz gut geeignet war, die Geduld der Preußen auf eine harte Probe zu stellen.

In der an der Löcknitz und ungefähr eine halbe Stunde von der Elbe gelegenen Stadt Lenzen, im Kreis Westpriegnitz des Regierungsbezirks Potsdam, war heute Wochenmarkt und die Bauern der Umgebung strömten schon am frühen Morgen herbei, um den Erlös für ihre Feldund Gartenfrüchte zum Ankauf derjenigen Notwendigkeiten zu verwenden, die ihnen auf ihren Dörfern nicht geboten wurden. Sämtliche Gasthöfe und Schwenkwirtschaften des Ortes waren stark besucht, nirgends waren die Tische so besetzt wie im ‚Blauen Stern‘; dort verkehrten die Landbewohner am liebsten, weil Döring, der Wirt, stets für ordentliche Stallung und gutes Futter sorgte, alle Neuigkeiten zu erzäh- len wusste und neben den besten Speisen und Getränken auch dieses und jenes zum Vorschein brachte, was einem klugen und verschwiegenen Menschen von Nutzen sein konnte.

Er stammte aus dem hannoverschen Lüchow, hatte noch viele alte Beziehungen und galt unter seinen näheren Bekannten für einen Mann, dem die berühmte Streusand- büchse des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation nicht gar so sehr an das Herz gewachsen sei. In der hintersten Ecke der Schenkstube, da, wo der Familientisch des Gastgebers stand, saß ganz allein eine kurze, dicke Gestalt, die mit gelangweiltem Blick den Be- wegungen Dörings folgte, der es sehr eilig hatte, die zahl- reichen Gäste zu befriedigen. Schon einige Male hatte er beruhigend herübergewinkt oder im Vorbeistreifen ein halblautes „Ich komme gleich!“ gerufen, war aber zu sehr in Anspruch genommen, um bald Wort halten zu kön- nen.