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Der Spion von Ortry - Karl May´s Gesammelte Werke Band 58

Karl May

 

Verlag Karl-May-Verlag, 1954

ISBN 9783780217585 , 528 Seiten

Format PDF, ePUB, OL

Kopierschutz Wasserzeichen

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9,99 EUR


 

"16. Eine Tat aus der Hölle (S. 368-369)

In Trier hatte Fritz so viel Zeit, dass es ihm nicht einfallen konnte, auf dem Bahnhof zu warten. Er machte also einen Rundgang durch die Stadt und begab sich dann in eine Wirtschaft, wo er sich eine Flasche Wein geben ließ. Außer ihm befand sich nur noch ein Gast im Zimmer. Dieser war ein Mann von entschieden fremdländischem Aussehen.

Seine Gesichtsfarbe war dunkel und sein Haar kraus. Ein stattlicher Schnurrbart zierte seine Oberlippe. Der Fremde machte einen vornehmen Eindruck und war ein wirklich schöner Mann. Sein Blick war feurig und seine Bewegungen zeugten von Kraft und Gewandtheit. Seine Kleidung und Wäsche waren die eines reichen Mannes, der sich zu tragen weiß. Er mochte vierzig oder wenig mehr Jahre zählen, hätte aber, um das Herz einer Dame zu erobern, getrost mit einem Jüngling in die Schranken treten können.

Er las die Zeitung, langweilte sich jedoch offenbar, denn er legte das Blatt von Zeit zu Zeit fort und warf einen Blick zum Fenster hinaus. Während einer solchen Lesepause musterte er Fritz. Dieser schien einen befriedigenden Eindruck auf ihn zu machen, denn er erhob sich, schritt einige Male im Zimmer auf und ab und wendete sich dann mit einer Frage an ihn. „Entschuldigung, Monsieur, auch Sie scheinen nicht von hier zu sein.“ „Nein. Ich bin hier fremd.“ „Sind Sie aus dem Süden oder dem Norden?“

„Aus dem Süden, Monsieur.“ „Weit von hier?“ „Nicht sehr.“ „Dann sind Sie zu beneiden. Das Reisen ist zuweilen eine viel größere Anstrengung für den Geist als für den Körper. Die Einförmigkeit der Fahrt, die Gleichheit des Wirtshauslebens ist geradezu schrecklich. Da sitze ich und warte, bis der Zug nach Metz abgeht. Welche Langeweile! Was tut man dagegen?“ Seine rasche Sprache, seine ungeduldigen Bewegungen, das lebhafte Spiel seiner Mienen, alles dies zeigte den Südländer an. „Sie fahren nach Metz?“, fragte Fritz. „Nicht ganz. Ich steige in Thionville aus.“ Fritz stutzte. „Dorthin gehe ich zunächst auch.

Ich bin aus Thionville, obgleich ich heute weiterfahre.“ „Aus Thionville, Monsieur? Ah, erlauben Sie, dass ich bei Ihnen Platz nehme?“ „Gewiss. Man langweilt sich zu zweien weniger.“ „Mit welchem Zug fahren Sie?“ „Um zehn Uhr.“ „Ich ebenso. Ist Ihnen die Umgegend von Thionville bekannt?“ „Einigermaßen.“ „Kennen Sie den Namen Ortry?“

„Ja. Es ist ein Schloss in der Nähe der Stadt und gehört einem Baron de Sainte-Marie.“ „Wohnt dort nicht ein alter Herr, der Kapitän der Garde des ersten Kaiserreichs gewesen ist?“ „Sie meinen Kapitän Richemonte? Er wohnt auf Schloss Ortry.“ „Ist er jetzt dort?“ „Ja. Ich habe ihn erst gestern gesehen.“ „Das ist mir lieb. Ich muss zu ihm. Sind Sie ihm vielleicht persönlich bekannt?“ „Nein. Wir stehen einander ziemlich fern.“ „Aber seine Verhältnisse kennen Sie?“ „Nur vom Hörensagen.“ „Er soll ein großer Patriot sein.“ „Das ist wahr, vornehmlich ein Feind der Deutschen.“ „Das hörte ich. Man sagt, dass er sogar mit Personen des kaiserlichen Hofes in Verbindung stehe.“"