dummies
 

Suchen und Finden

Titel

Autor/Verlag

Inhaltsverzeichnis

Nur ebooks mit Firmenlizenz anzeigen:

 

Pflegefamilien- und Heimplatzierungen - Eine empirische Studie über den Hilfeprozess und die Partizipation von Eltern und Kindern

Claudia Arnold, Tanja Wicki, Kurt Huwiler, Barbara Raulf, Hannes Tanner

 

Verlag Verlag Rüegger, 2008

ISBN 9783725308903 , 320 Seiten

Format PDF, OL

Kopierschutz Wasserzeichen

Geräte

30,70 EUR

Für Firmen: Nutzung über Internet und Intranet (ab 2 Exemplaren) freigegeben

Derzeit können über den Shop maximal 500 Exemplare bestellt werden. Benötigen Sie mehr Exemplare, nehmen Sie bitte Kontakt mit uns auf.


 

2 Anlage der Untersuchung (S. 23) 2.1 Fragestellung und ZielsetzungAusserfamiliäre Platzierungen erfordern im Interesse des Kindeswohls eine sorgfältige Vorbereitung und Begleitung. Angesichts der einschneidenden Konsequenzen einer Platzierung wird in der UNO-Konvention über die Rechte des Kindes den Betroffenen in Art. 9 das Recht eingeräumt, «am Verfahren teilzunehmen und ihre Meinung zu äussern ». Die Partizipation an der Hilfeplanung zählt zu den zentralen Forderungen dieser Konvention, die 1997 auch von der Schweiz ratifiziert wurde. Die in der Konvention formulierten Rechte basieren auf vier Grundprinzipien:

• Recht auf Gleichbehandlung
• Prinzip der bestmöglichen Berücksichtigung des Kindeswohls
• Recht auf Leben und persönliche Entwicklung
• Achtung vor der Meinung und dem Willen des Kindes

Bei der praktischen Umsetzung bestehen in der Schweiz im Vergleich mit anderen europäischen Staaten erhebliche Defizite: In der Bundesrepublik Deutschland, in den Niederlanden, in Finnland, England und Wales, in Schweden und Teilen Belgiens (Region Flandern) ist die Partizipation der Betroffenen am Hilfeplanverfahren explizit und landesweit einheitlich geregelt (Spitzl, Kretschmer &, Schwarz 2003), während dies in der Schweiz, in Österreich, Griechenland und Italien nicht der Fall ist.

In der Schweiz fallen das Schul- und Sozialwesen sowie die Jugendhilfe traditionsgemäss vornehmlich in den Zuständigkeitsbereich der Kantone. In der neuen Bundesverfassung, welche seit dem 1. Januar 2000 in Kraft ist, wurde die föderalistische Struktur des schweizerischen Schul- und Sozialwesens erneut festgeschrieben. Der Bund garantiert im Rahmen eines erweiterten Kataloges von Grundrechten den Anspruch von Kindern und Jugendlichen auf besonderen Schutz ihrer Unversehrtheit und auf Förderung ihrer Entwicklung (Art. 11), das Recht auf Hilfe in Notlagen (Art. 12), den Anspruch auf ausreichenden und unentgeltlichen Grundschulunterricht (Art. 19). Die Bundesverfassung listet in Art. 41 auch Sozialziele auf, für die sich Bund und Kantone nach dem Subsidiaritätsprinzip, das heisst in Ergänzung zu persönlicher Verantwortung und privater Initiative, einsetzen sollen. Die Notwendigkeit solcher Sozialziele zählte in den Beratungen des Parlamentes und im Abstimmungskampf zu den umstrittensten Neuerungen der Verfassungsrevision.

Der grosse Gestaltungsfreiraum der Kantone hat zur Folge, dass die Zuständigkeiten für die Heimerziehung und das Pflegekinderwesen je nach Kanton unterschiedlich geregelt sind und auch die Zahl der Pflegefamilien- und Heimplätze von Kanton zu Kanton unterschiedlich erfasst wird. Mehrere Initiativen zur Etablierung einer gesamt- schweizerischen Heimstatistik sind am fehlenden Konsens oder am offenen Widerstand der Kantone gescheitert. In einer kritischen Analyse des schweizerischen Fürsorgewesens forderte Professor Heinrich Hanselmann schon 1918 die Errichtung eines «Archivs für die gesamte (private) Fürsorge und Gemeinnützigkeit» mit folgenden Hauptfunktionen: (1) Dokumentation und Statistik, (2) Entwicklung von Theorie und Methodologie der Fürsorge als Grundlage für Praxis und Ausbildung, (3) Planung und Beratung sowie (4) Vermittlung zwischen Praxis, Behörden und Wissenschaft (Hanselmann 1918, S. 49–54). Im Sinne dieser Empfehlung wurde 1920 der Schweizerische Verband für erziehungsschwierige Kinder und Jugendliche SVE2 gegründet.

Im Nachgang zur Heimkampagne der 68er-Bewegung und aufgrund von parlamentarischen Vorstössen im Nationalrat erarbeitete dieser Verband 1978 in Zusammenarbeit mit dem Inhaber des kurz zuvor geschaffenen Lehrstuhls für Sozialpädagogik an der Universität Zürich, Professor Heinrich Tuggener, ein Konzept für eine Fachstelle für Heimerziehung. Diese sollte in Zusammenarbeit mit dem Eidg. Justiz- und Polizeidepartement, dem Bundesamt für Sozialversicherung und dem Eidg. Statistischen Amt eine Sammlung einschlägiger Dokumente und eine Heimstatistik einrichten.