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Die Deutschlandakte - Was Politiker und Wirtschaftsbosse unserem Land antun

Hans Herbert Arnim

 

Verlag C. Bertelsmann, 2009

ISBN 9783641019884 , 368 Seiten

Format ePUB

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8,99 EUR

  • Der Rächer - Roman
    Schwarzbuch Scientology
    Höhenrausch - Die wirklichkeitsleere Welt der Politiker
    Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11. September - Ein SPIEGEL-Buch
    Chance Energiekrise - Der solare Ausweg aus der fossil-atomaren Sackgasse
    Weltmacht Indien - Die neue Herausforderung des Westens

     

     

     

 

 

X Wissenschaft und Schulen (S. 232-234)

1 Wissenschaft an den Problemen vorbei: Warum Staatsrechtslehre und Politikwissenschaft versagen

Abweichungen des »Ist« des Staates und der Politik vom gewünschten »Soll« zu erforschen, nach den Gründen zu fragen und über mögliche Abhilfen nachzudenken – das ist die zentrale Aufgabe der Rechts- und Sozialwissenschaften, jedenfalls sollte sie es sein. Tatsächlich versagt die Wissenschaft weitgehend vor dieser Aufgabe. Der Hauptstrom der Staatsrechtslehre konzentriert sich auf die Auslegung von Verfassungen und Gesetzen. Eine darüber hinausgehende Mängelanalyse ist selten, und mögliche Alternativen werden kaum erörtert. Die Konzentration auf Normen verführt die Staatsrechtslehre dazu, die Normen für die Wirklichkeit zu nehmen oder diese ganz auszublenden.

So verlor zum Beispiel der Verfasser einer Habilitationsschrift über »Die Personalgewalt öffentlicher Dienstherren« kein Wort zur verbreiteten Parteibuchwirtschaft (siehe S. 92 ff.). Das ist symptomatisch. Die Staatsrechtslehre pflegt problematische Bereiche, für die die politische Klasse als Ganzes verantwortlich ist, zu ignorieren oder herunterzuspielen. Auch den Umstand, dass Amtsträger häufig ihre eigenen Interessen verfolgen, statt gemeinwohlorientiert zu handeln, nimmt die Staatsrechtslehre entweder gar nicht zur Kenntnis oder zieht daraus doch keine Konsequenzen. Sie neigt dazu, die Augen vor der Welt, wie sie tatsächlich ist, zu verschließen.

Der Hauptstrom der Politikwissenschaft ist nicht weniger systemtreu. Er beschränkt sich auf die affirmative Beschreibung des Wirkens der Macht und die Analyse der zu beobachtenden »Gesetzmäßigkeiten«, ohne sich auch die nötige Kritik zuzutrauen oder gar Verbesserungsvorschläge zu machen. Das würde Wertungen verlangen. Die aber werden ausgeblendet, was vordergründig mit methodischer Sauberkeit begründet wird. Das macht die Politikwissenschaft blind für ihre eigentliche Berufung: die Beschäftigung mit dem Gemeinwohl, verstanden als Wohl der Bürger insgesamt.

Deshalb schlägt auch die Politikwissenschaft einen großen Bogen um die schwelenden Wunden unseres Parteienstaats. Sie lässt sich im Gegenteil häufig in Hofkommissionen einbinden, die der politischen Klasse nach dem Mund reden (siehe S. 203 ff.). Eine oberflächliche Bestandsaufnahme ist unzureichend, um die Probleme unserer Republik in praxisrelevanter Weise in den Blick und in den Griff zu bekommen. Ein problemorientierter Ansatz kommt nicht ohne die abgewogene Bewertung der ermittelten soziologischen Phänomene aus. Weil es daran fehlt, hat die gesamte Politikwissenschaft z. B. die grotesken Auswüchse der Politikfinanzierung verschlafen, und es war einem Außenseiter der Disziplin vorbehalten, sie an die Öffentlichkeit zu bringen und ihre Eindämmung zu erzwingen.

Wertende Ansätze dürfen sich aber nicht in der Schwarz- Weiß-Fragestellung der Staatsrechtslehre (verfassungswidrig: ja oder nein) erschöpfen, sondern müssen auch rechts- und verfassungspolitische Fragestellungen mit abdecken. Die Metho den und Ergeb nisse zweier ganz unterschiedlicher Arten von Disziplinen: empirischer und normativer, müssen zusammengeführt und integriert werden. Solch interdisziplinäres Arbeiten ist selten. Das liegt an der methodischen Schwierigkeit, aber auch daran, dass die Probleme oft von den Mächtigen im Staat verursacht sind und ihre Behandlung die Qualität und Leistungsfähigkeit und letztlich die Legitimität der Machthaber betrifft, weshalb sie (und bestimmte bekannt parteinahe Wissenschaftsrichtungen mit ihnen) die Fragen ungern öffentlich thematisiert und problematisiert sehen (siehe S. 244).