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Camillas geheime Zauberküche 1

Barbara Rose, Rea Grit Zielinski

 

Verlag Verlag Friedrich Oetinger, 2017

ISBN 9783960520146 , 224 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

Geräte

9,99 EUR


 

Erstes Kapitel Bloß nichts anbrennen lassen!


Es war ein herrlicher Morgen. Die Luft war fluffig und weich wie Eischnee, aus dem Gewächshaus im Garten strömte der Duft von Lavendel ins Zimmer. Missi hätte ewig so im Bett liegen können. Mit dem Zwitschern der Buchfinken im Ohr und diesem kribbeligen Sommergefühl in Nase und Bauch.

Wenn nur die blöde Schule nicht wäre. Sie spähte nach dem Wecker. Noch sieben Minuten. Ein Glück! Entspannt schloss Missi die Augen und wollte sich gerade wegträumen. Da stieß etwas Weiches, Warmes an ihren linken Fuß, der unter der Bettdecke hervorlugte.

»Morgen, Basil. Willst du kuscheln?«

Eigentlich hatte Missi jetzt das erfreute Kläffen des Familienhundes erwartet. Stattdessen hörte sie ein lautes »Määh. Meck, meck, meck!«

»Pimpi?« Missi blinzelte. »Oh nein … DU doch nicht. Lass mich in Ruhe, bitte nicht …«

Zu spät.

Pimpinella, die eigensinnige Ziege der Familie Zuckerschwert, schlabberte mit ihrer rauen Zunge über Missis Fuß. Ihre Spezial-Begrüßung. Danach knabberte sie an Missis Zehen und … zog ihr mit den Zähnen schwungvoll die gemütlich warme Federdecke weg.

»Pimpi! Verschwinde«, knurrte Missi, drückte die Ziege zur Seite und sprang aus dem Bett.

Erstaunlich, wie schnell man hellwach sein konnte.

Aus den Augenwinkeln beobachtete sie, wie sich die Ziege einen Salatkopf vom Boden schnappte und damit verschwand. Auch das noch! Hatte Pimpi also schon wieder Gemüse geklaut, das für das Gasthaus Zur Linde von Missis Eltern gedacht war. Eilig angelte Missi eine Jeans und ein T-Shirt vom Schreibtischstuhl, schlüpfte hinein und nahm die Verfolgung auf. Die Treppe hinunter, durch den Hausflur und … Missi stutzte … Wieso roch es hier eigentlich so komisch? … Sie überlegte kurz … Hier roch es ganz seltsam nach … Missi raste in die Küche. Ihr Blick fiel auf den Gasherd, die knisternde Flamme, den dampfenden Topf.

»Papa!«, brüllte Missi. »Du hast die Milch vergessen!«

Mit einem Satz war sie am Herd. Mit der rechten Hand schaltete sie das Gas aus, mit der anderen schnappte sie sich erst einen Lappen und dann den Topf mit der Milch. Oder besser dem, was davon übrig geblieben war. Eine eklige braunschwarze Kruste. Missi wuchtete das verkohlte Gefäß in die Spüle und ließ kaltes Wasser darüberlaufen.

Ein Zischen. Ein Brodeln. Nebelschwaden.

Dann war Ruhe.

»Geschafft!« Erschöpft sackte Missi auf einen Küchenstuhl.

»Morgen, Krümel!« Ein großer, schlanker Mann mit Dreitagebart und verstrubbelten Haaren polterte zur Tür herein. Missis Papa. Erstaunt sah er Missi an. »Heute bist du aber früh unten! Habe gerade erst die Milch für deinen Kakao aufgesetzt.«

Hinter ihm trabte Basil, die Französische Dogge mit den lustigen Ohren, eins schwarz, das andere weiß, in die Küche.

Missis Papa schnupperte. »Melissa! Sag mal, hast du mit Streichhölzern gespielt? Wieso riecht es hier so verbrannt?«

Missi wollte gerade antworten, da klopfte jemand ans halb geöffnete Küchenfenster.

»Frau Hütchen!«, stöhnten Missi und ihr Papa gleichzeitig.

Frau Hütchen, eigentlich Frau Schimmelmann, war die Nachbarin der Zuckerschwerts. Eine echte Nervensäge. Lieblingsbeschäftigung: meckern, stören und Klatschzeitschriften lesen. Ihren Spitznamen verdankte sie ihrer Lieblingsbekleidung: schrillen Hüten.

Gähnend schob Missi die Fensterflügel auseinander. »Ja, bitte?«

»Guten Morgen, Melissa. Es duftet nicht wirklich delikat aus eurem Haus. Ich würde mich sogar dazu hinreißen lassen, zu sagen: Es riecht verbrannt«, flötete Frau Schimmelmann. »Sollte ich bei der Feuerwehr anläuten? Oder möchtest du mir etwa mitteilen, dass dein Vater Brennsuppe kreiert hat?« Sie lachte schrill.

»Das war ich, Frau Hüt… äh, Frau Schimmelmann. Ich habe mit Kerzen gespielt. Bitte entschuldigen Sie!« Missi blinzelte treuherzig.

»Nun gut.« Frau Schimmelmann hob den Zeigefinger. »Aber du weißt, Melissa: Messer, Gabel, Schere, Licht sind für kleine Kinder nicht!«

»Äh …«, Missi verzog das Gesicht, »… so klein bin ich nun auch wieder nicht.«

Frau Hütchen rümpfte ihre Nase. »Wie dem auch sei, mein Kind. Pass ab jetzt besser auf! Einen schönen Tag wünsche ich.«

Eilig schloss Missi das Fenster.

»Du hast also wirklich mit Streichhölzern gespielt!«, stellte ihr Papa fest.

»Natürlich nicht.« Missi verdrehte die Augen. »Es riecht angebrannt, weil du die Milch auf dem Herd vergessen hast.«

»Habe ich das?« Missis Papa kratzte sich am Kinn. »Na ja, kann ja mal passieren. Danke, dass du mich nicht bei Frau Hütchen verpetzt hast.«

»Mal?« Missi lehnte sich zurück, setzte ihre allerwichtigste Miene auf und verschränkte die Arme. »Das ist schon der dritte verkokelte Topf in zwei Wochen.«

Missis Papa hüstelte verlegen. »Ich habe eben viel zu tun.«

»Quatsch mit Soße! Du bist einfach nicht richtig bei der Sache.« Missi kicherte. »Soll ich mal aufzählen? Gestern sind dir die Croissants im Ofen verbrannt. Am Tag davor hast du mein Käsebrötchen aus Versehen in Basils Fressnapf geworfen. Mama konnte dich gerade noch davon abhalten, mir stattdessen sein Hundefutter in die Schulbrotdose zu stecken.« Missi schüttelte sich, ihr Papa machte ein betretenes Gesicht.

»Das kommt davon, dass du ständig tausend Sachen auf einmal machst«, fuhr Missi ungerührt fort. »Echt komisch. Zu mir sagst du immer, ich soll mich auf eine Sache konzentrieren.«

»Gut. Okay. Ich war ein bisschen abgelenkt«, brummte Missis Papa, während er in einer Zeitschrift blätterte.

»Du warst abgelenkt? Du bist schon wieder nicht bei der Sache.« Missi wedelte ihrem Papa mit den Händen vor der Nase herum. »Haaaallloooo, Papa, hier bin ich!«

»Ach, Missi … damit das Restaurant gut läuft, muss ich mich informieren.« Er deutete auf die Fotos in der Zeitschrift. »Sieh dir diesen Thermo-Multikocher an, Missi. Wahnsinn! Mit dem kann man kochen, wiegen und mixen! Oder dieses Gerät hier … genial!« Seine Nase klebte fast am Papier. »Eine Art elektrische Bürste, die Obst und Gemüse aushöhlt. Wie von Geisterhand. Die muss ich haben!«

Missis Papa liebte alle technischen Geräte, die das Kochen erleichterten. Die Küche im Gasthaus Zur Linde war proppenvoll davon. Allerdings hatte die großartige Hightech-Ausstattung noch nicht dazu geführt, dass seine Gerichte auch großartig schmeckten.

»Neulich hast du dir erst den Kamikaze-Messerblock von diesem englischen Superkoch gekauft«, schimpfte Missi. »Hat aber nicht viel gebracht, finde ich.«

»Das Ding ist ein Akazien-Messerblock und …«, Missis Papa kratzte sich am Kinn, »… na ja … Eile mit Weile. Bei manchen Gerichten bin ich eben noch in der Übungsphase.«

Missi seufzte. Genau dafür liebte sie ihren Papa. Kochen war seine Leidenschaft und das eigene Restaurant sein absoluter Traum. Davon ließ er sich nicht abbringen. Ganz egal, wie oft etwas schief‌lief, er versuchte es immer weiter!

Vor einem Jahr hatten die Zuckerschwerts das Gasthaus mit angrenzendem Gewächshaus gekauft. Beide lagen in Spuckweite von ihrem Wohnhaus. Anfangs strömten neugierige Gäste aus der gesamten Gegend um Birkenberg herbei. Aber inzwischen konnte von strömen keine Rede mehr sein. Die Gäste tröpfelten nur noch ins Restaurant. Wenn überhaupt! Das lag wohl daran, dass die Kochideen von Missis Papa manchmal einfach zu verrückt waren. Außerdem ging bei der Arbeit ständig etwas schief, und er würzte entweder zu wenig oder zu viel, weshalb die Gericht häufig recht ungewöhnlich oder viel zu kräftig schmeckten.

»’tschuldige, dass die Milch angebrannt ist. Soll ich neue aufsetzen?«, fragte Missis Papa. »Muss nebenbei nur das Auto ausräumen. Mama und ich waren schon auf dem Großmarkt.«

»Bloß nicht! Ein verkohlter Topf am Tag reicht.« Missi winkte ab. »Kannst du eigentlich auch mal was nicht nebenbei machen? Dich mit mir unterhalten – zum Beispiel?«

»Klar. Gleich. Später. Mal sehen.« Er kratzte sich am Kopf.

»Die angebrannte Milch ist übrigens nicht die einzige Katastrophe heute. Pimpi hat sich über den kompletten Kopfsalat hergemacht. Ich wollte das Grünzeug noch retten, aber dann musste ich ja Feuerwehr spielen.«

»Oje, das war’s dann wohl mit der Beilage auf unserer Speisekarte!« Energisch drängte sich Jill Zuckerschwert an ihrem Mann vorbei, der auf dem Weg nach draußen war. Im Arm trug Missis Mama einen mächtigen Blumenbund, neue Dekoration für das Restaurant. »Hallo, Missi. Gut geschlafen? Hier ist ja ganz schön was los!«

»Allerdings!«, stimmte Missi zu. »Dabei hatte ich heute Morgen so ein wohliges Kribbeln im Bauch. Als würde etwas passieren. Etwas Magisches, Wunderbares. An so was wie verkokelte Milch oder grünen Salat im dicken Ziegenbauch habe ich dabei eigentlich nicht gedacht.«

Kurzerhand parkte ihre Mama die Blumen in einem leeren Suppentopf und umarmte die Tochter zärtlich. »Kopf hoch, Missi. Kann alles noch kommen. Wart’s ab.«

»Na, da bin ich aber gespannt!«

Missis Mama hob mahnend den Zeigefinger. »Jetzt iss mal was. Du bist dürr wie ein Spargel!«

»Das sagen die Jungs in der Schule auch immer.« Missi schmierte sich fingerdick Marmelade aufs Brot und biss hinein. Nebenbei kramte sie ein Blatt Papier und einen Bleistift aus ihrem Schulranzen und legte beides vor sich auf den Esstisch. »Mama?...