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OKR - Objectives & Key Results: Wie Sie Ziele, auf die es wirklich ankommt, entwickeln, messen und umsetzen

John Doerr

 

Verlag Verlag Franz Vahlen, 2018

ISBN 9783800657742 , 254 Seiten

Format PDF, ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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19,99 EUR

Für Firmen: Nutzung über Internet freigegeben

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DER VATER DER OKRs


Es gibt so viele Menschen, die so hart arbeiten
und doch so wenig erreichen.

Andy Grove

Es begann alles mit einer Ex-Freundin, die ich zurückzugewinnen versuchte. Ann hatte mich verlassen und arbeitete im Silicon Valley, leider wusste ich aber nicht genau wo. Es war der Sommer 1975 zwischen zwei Semestern an der Harvard Business School. Ich fuhr durch den Yosemite Nationalpark und kam im Valley an – ohne Arbeit und ohne Schlafplatz. Und obschon meine Zukunft unbestimmt war, konnte ich programmieren.9 Während ich meinem Masterstudium in Elektrotechnik an der Rice University nachging, hatte ich ein Unternehmen, das eine Grafiksoftware für Burroughs – einer der „sieben Zwerge“, die gegen IBM um Marktanteile kämpften – programmierte, mitgegründet. Ich liebte jede Minute davon.

Ich hatte gehofft, ein Praktikum bei einem der Venture Capital-Unternehmen im Valley zu bekommen, jedoch lehnten sie mich alle ab. Eines davon schlug mir vor, es bei einem Chip-Hersteller, den sie in Santa Clara gegründet hatten, zu versuchen. Ein Unternehmen namens Intel. Ich rief die in der Hierarchie höchste Person an, die ich ans Telefon bekommen konnte: Bill Davidow, Leiter der Microcomputer-Abteilung. Als Bill hörte, dass ich Benchmarks schreiben konnte, lud er mich ein, vorbeizukommen und ihn zu treffen.

34Der Hauptsitz von Intel in Santa Clara war eine offene Fläche an Großraumbüro-Boxen mit niedrigen Trennwänden – weit von einem vorbildlichen Design entfernt. Nach einer kurzen Unterredung verwies mich Bill an seinen Marketingverantwortlichen, Jim Lally, der mich wiederum nach weiter unten verwies. Um 17 Uhr hatte ich ein Sommerpraktikum bei einem Paradebeispiel einer wachsenden Tech-Firma erbeutet. Wie der Zufall es wollte, fand ich dort auch meine Ex-Freundin wieder. Sie war wenig erfreut, als ich aufkreuzte (aber einige Wochen später waren wir wieder zusammen).

Während der Einführung nahm mich Bill beiseite und sagte: „John, sei dir über eines im Klaren. Es gibt hier einen, der den Laden schmeißt und das ist Andy Grove.“ Groves Titel war „Executive Vice President“, und er würde noch weitere zwölf Jahre warten, bis er Gordon Moore als CEO beerben würde. Aber Andy war Intels Kommunikator, der Antreiber par excellence, der oberste Zuchtmeister. Jeder wusste, dass er das Sagen hatte. Aufgrund seiner Herkunft war Grove der unwahrscheinlichste Kandidat der Intel-Dreifaltigkeit, der das Unternehmen über drei Jahrzehnte leiten würde. Gordon Moore war der scheue und allseits verehrte Denker, Autor des gleichnamigen Gesetzes, das die Skalierung von Technologie untermauert: die Computerprozessoren-Geschwindigkeit verdoppelt sich alle zwei Jahre. Robert Noyce, Miterfinder der integrierten Schaltung (alias Mikrochip), war der charmante Außenstehende; der Botschafter der Industrie, sowohl bei einer Kongressanhörung als auch beim Ausgeben an der Bar (die Halbleiter-Leute waren eine feierwütige Bande).

Und dann gab es noch András István Gróf, ein ungarischer Flüchtling, der knapp den Nazis entkam und die USA im Alter von 20 Jahren, ohne Geld, mit nur geringen Englischkenntnissen und einem ernsthaften Gehörverlust, erreichte. Er war ein steifer und massiver Mann mit lockigem Haar und einer mechanischen Art. Dank purer Willenskraft und Intelligenz stieg er an die Spitze eines der am meisten bewunderten Unternehmen im Silicon Valley auf und brachte es zu phänomenalem Erfolg. Während Groves elfjähriger Amtszeit als CEO, würde Intel jährlich mehr als vierzig Prozent an seine Aktionäre zurückgeben – was wieder dem Moore-Gesetz entspricht.

Intel war Groves Labor für Innovationen in der Unternehmensführung. Er liebte es zu unterrichten, und das Unternehmen profitierte davon.10 Ein paar Tage nach meiner Einstellung erhielt ich eine begehrte Einladung zu Intels Organisations-, Philosophie- und Volkswirtschaftskurs, bekannt als „iOPEC“, ein Seminar zu Intels Strategie und Betrieb. Präsentiert von Dr. Andy Grove.

Innerhalb von einer Stunde ging Grove die gesamte Unternehmensgeschichte durch. Er fasste Intels Kernerfolge zusammen: eine doppelt so hohe Gewinnmarge wie branchenüblich, Marktführerschaft in jeder Produktlinie, in der sie 35einstiegen, das Schaffen „herausfordernder Stellen“ und „Wachstumsmöglichkeiten“ für Mitarbeiter.11 In Ordnung, dachte ich, obwohl ich schon ähnliche Dinge an der Universität gehört hatte.

Andy Grove, 1983.

Dann sagte er etwas, das einen bleibenden Eindruck bei mir hinterließ. Er verwies auf sein früheres Unternehmen, Fairchild, wo er Noyce und Moore zum ersten Mal getroffen und Pionierarbeit in der Erforschung von Siliziumwafern geleistet hatte. Fairchild war der Industriestandard, aber es hatte einen großen Makel: fehlende „Leistungsorientierung“.

„Expertise wurde dort sehr wertgeschätzt“, erklärte Andy. „Das war der Grund, weshalb Leute engagiert wurden und weshalb sie aufgestiegen sind. Ihre Effektivität bei der Übersetzung dieses Wissens in tatsächliche Ergebnisse wurde irgendwie mit einem Achselzucken abgetan.“ Bei Intel, so fuhr er fort, „neigen wir dazu, das genaue Gegenteil zu machen. Es spielt kaum eine Rolle, was man weiß. Es ist das, was man tut mit seinem Wissen, was man erreicht, was hier geschätzt wird.“ Daher der Unternehmensslogan: „Intel liefert“.

Es spielt kaum eine Rolle, was man weiß … Zu behaupten, dass Wissen sekundär sei und Umsetzung am allerwichtigsten – naja, das würde ich nicht in Harvard lernen. Ich fand die Aussage spannend, ein Leistungsbekenntnis der echten Welt auch gegenüber Zeugnissen. Aber Grove war noch nicht fertig und bewahrte sich das Beste für den Schluss auf. Während ein paar abschließender 36Minuten umriss er ein System, dass er 1971 einzuführen begonnen hatte, als Intel drei Jahre alt war. Es war meine erste Begegnung mit der Kunst der formalen Zielsetzung. Ich war fasziniert.

Ein paar unveränderte Auszüge, unmittelbar vom Vater der OKRs:12

„Nun, die beiden Kernbegriffe … sind Objectives und Key Results. Und sie entsprechen den beiden Zwecken. Das Objective ist die Richtung: ,Wir möchten das Mittelklasse-Kleinrechner-Komponenten-Geschäft dominieren.‘ Das ist ein Objective. Das ist, wo wir hinwollen. Key Results für das laufende Quartal: `Zehn neue Entwürfe für den 8085 erreichen`, ist ein Key Result. Es ist ein Meilenstein. Das ist nicht dasselbe …

Das Key Result muss messbar sein. Am Ende kann man draufschauen und ohne Diskussion fragen: Habe ich das erreicht? Ja? Nein? Simpel und ohne Bewertungen.

Haben wir nun das Mittelklasse-Kleinrechner-Komponenten-Geschäft dominiert? Darüber können wir in uns in den nächsten Jahren streiten, aber im nächsten Quartal werden wir wissen, ob wir zehn neue Entwürfe erreicht haben, oder nicht.

Es ist ein „wirklich, wirklich simples System“, sagte er in dem Wissen, dass Einfachheit ein Leckerbissen für ein Publikum von Ingenieuren ist. Vordergründig schien die Vorstellung logisch, vernünftig und inspirierend. Grove hatte etwas Frisches und Originelles im Vergleich zu der tradierten Führungsorthodoxie der damaligen Zeit geschaffen. Streng genommen sind seine „Objectives and Key Results“ jedoch nicht aus dem Nichts entstanden. Der Prozess hatte einen Vorläufer. Auf seinem Weg verfolgte Grove die Spur eines legendären, in Wien geborenen Störenfrieds, des ersten großen „modernen“ Denkers in Unternehmensführung: Peter Drucker.

Unsere Management by
Objectives-Vorfahren


Die Urväter der Führungstheorien im frühen 20. Jahrhundert, insbesondere Frederick Winslow Taylor und Henry Ford, waren die ersten, die Produktionsleistung systematisch gemessen haben und eingehend analysiert haben, wie sie mehr davon erreichen können. Ihrer Auffassung nach waren die effizientesten und profitabelsten Organisationen autoritär.13 Wissenschaftliche Betriebsführung, 37so schrieb Taylor, bestünde aus „dem exakten Wissen, was Mitarbeiter tun sollen, um dann zu sehen, dass sie es auf die beste und günstigste Art und Weise erledigen.“ Die Ergebnisse, wie Grove feststellte, waren „klar und hierarchisch: es gab diejenigen, die Aufträge erteilten und diejenigen, die sie annahmen und ohne weitere Fragen erledigten.“

Ein halbes Jahrhundert später verwarf Peter Drucker – Professor, Journalist und Historiker – das Taylor-Ford-Modell. Er konzipierte ein neues Führungsideal, das zwar ergebnisgetrieben und dennoch humanistisch war. Ein Unternehmen, so schrieb er, sollte eine Gemeinschaft sein, die „auf Vertrauen und Respekt gegenüber den Mitarbeitern aufbaut und nicht nur eine Profitmaschine ist.“ Darüber hinaus forderte er, dass Mitarbeiter bei der Definition der Unternehmensziele herangezogen werden sollten. Anstelle von traditioneller Krisenbewältigung schlug er ein Gleichgewicht zwischen kurz- und langfristiger Planung vor, die von Daten geprägt und durch regelmäßige Gespräche unter Kollegen ergänzt wird.

Druckers Ziel war der Entwurf „eines Steuerungsmodells, das individueller Stärke und Verantwortlichkeit volle Entfaltungsmöglichkeit einräumt und gleichzeitig eine gemeinsame Richtung von Vision und...