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Eine Insel zum Verlieben - Roman

Karen Swan

 

Verlag Goldmann, 2019

ISBN 9783641239664 , 512 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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4,99 EUR


 

1. Kapitel


New York, vier Wochen zuvor, Ende Juni 2018


Okay, bloß keine Panik!« Xan erhob sich von seinem Schreibtisch und wedelte panisch mit den Händen. »Aber ich brauche sofort dreißig Pinguine für eine Abendgala in East Hampton.« Er deutete auf seine beiden Kolleginnen. »Go!«

»Ich liebe Pinguine!«, rief Poppy aus und schwang begeistert auf ihrem Drehstuhl hin und her. Ihre Endlosbeine von sich gestreckt nippte sie an einem grünen Saft.

Chloe stützte das Kinn in die Hand. »Pinguine? Auf einer Abendgala? Wozu das denn?«

»Ehrlich jetzt?«, witzelte Poppy mit todernstem Gesichtsausdruck. »Du weißt das nicht?«

Xan kam hinter seinem Schreibtisch hervor und ließ sich auf den Papierstapeln nieder, die sich zwischen den Tischen der Mädchen anhäuften. »Die Kundin will, dass sie sich unter die Gäste mischen.«

»Hm-ja.« Poppy nickte, als wäre ein solcher Gedanke keineswegs so abwegig, wie es auf den ersten Blick erscheinen mochte. Pinguine waren schließlich gesellige Tiere. Sie tippte eine E-Mail und stieß dann geräuschvoll den Atem aus. »Solange sie nicht die Getränke servieren sollen … Das wäre dann doch etwas zu viel verlangt.«

Chloe gluckste. Gott, sie liebte ihren Job und die Tatsache, dass so was zu ihrem ganz normalen Arbeitsalltag gehörte. »Wann fängt sie an, die Party?«

Xan verzog das Gesicht. »In zwei Stunden.«

»Okaay …«, sagte Chloe bedächtig. Bis zu den Hamptons war es eine dreistündige Autofahrt, aber das galt nur bei verhältnismäßig freien Straßen und nicht an einem Freitagnachmittag, wie heute, an dem halb New York ins Wochenende startete. »Das heißt, du wirst nicht um einen Hubschrauber herumkommen.«

Xan zuckte lässig die Achseln. »Ihr kennt diese Kundin nicht! Ich würde notfalls auch einen Kampfjet buchen. Diese Frau stellt, was Ansprüche betrifft, sogar Melania Trump in den Schatten.«

Poppy lachte laut auf. Sie besaß einen Mund wie Julia Roberts, der beim Lachen breiter wurde als die Augenwinkel – und sie lachte oft. Poppy war eine seltsame Mischung aus Extremen: superschlank und supergroß, mit langen Gliedmaßen, riesigen Kinderaugen und zartem blondem Babyhaar. Sie gehörte zu den leitenden Mitarbeitern der Firma, was man ihr allerdings kaum anmerkte, denn sie nutzte ihre Machtstellung nie aus. Im Gegenteil, die meisten verwechselten sie erst mal mit einer Praktikantin. Aber der Eindruck täuschte. Poppy war unschlagbar.

»Ich habe bereits beim Heliport angerufen und eine Augusta Grand reservieren lassen. Da kriegt man doch hoffentlich dreißig Pinguine rein, oder?«, überlegte Xan.

Poppys Augen funkelten vergnügt. »Oh, wow, das ist was für Mathematiker! Wie viele Pinguine wohl in eine Augusta Grand passen? Weißt du zufällig, wie viel Platz so ein Pinguin braucht?« Ihre großen Babyaugen richteten sich ernst auf Chloe.

Diese lehnte sich nun ebenfalls zurück und schwang auf ihrem Drehstuhl hin und her. »Kommt drauf an, Pops. Handelt es sich um einen Kaiserpinguin? Oder um die kümmerliche antarktische Variante? Das lässt sich nämlich nur schwer vergleichen. Wie Äpfel und Birnen.«

»Apples and pears? Stairs?«, erwiderte Poppy lachend in ihrem besten Cockney-Akzent, der allerdings nicht sonderlich überzeugend war. Poppy Langham war die Tochter eines Earls und besaß dementsprechend eine makellos gepflegte Aussprache, daran konnte auch ihre Aufmachung – eine tief sitzende schwarze Zimmermannshose mit weitem Schlag – nichts ändern. Ihrer Familie gehörte halb Shropshire, mitsamt den Schafen, die darauf weideten.

»Wovon redet ihr?«, fragte Xan perplex. Die Mädchen wälzten sich vor Lachen. Manchmal fühlte man sich als einzige Engländern im Team zwar so fremd, als käme man vom Mars, aber witzig war es schon.

Chloe tätschelte Xans Knie. »Das ist dieser Cockney-Reim, den wir dir neulich vorgetragen haben, weißt du noch?«

Xan war ein glühender Anglophiler, bekam die Ausdrücke aber nicht immer richtig hin. Einmal hatte er Jack, ihrem Chef, auf dem Weg zum Lunch erzählt, sein neues Auto sei »The Bee’s Legs«, obwohl es natürlich »The Bee’s Knees« heißen musste.

Aber selbst er hatte momentan keine Zeit für eine Lehrstunde in Cockney-Slang. »Und was hat das mit meinen Pinguinen zu tun?«

Poppy legte ihre Füße auf den Tisch. Sie trug heute rot-weiß karierte Vans, ein klares Zeichen, dass sie einsatzbereit war. »Also gut: Nehmen wir an, der Hubschrauberflug dauert eine halbe Stunde, das bedeutet, dass uns noch neunzig Minuten bleiben, um eine Pinguinkolonie aufzutreiben.«

»Neunzig? Ich würde eher sagen, siebzig«, warf Chloe ein. »Du vergisst die Rushhour. Die Fahrt zum Heliport?« Sie zuckte vielsagend mit den Schultern.

Poppy nickte. »Ja, du hast recht. Siebzig ist realistischer. So viel Zeit bleibt dir noch, um die Viecher aufzutreiben.«

»Tolle Berechnungen«, sagte Xan zynisch. Er griff sich Poppys grünen Saft und saugte den Rest geräuschvoll mit dem Strohhalm auf, was seine Wangenknochen vorteilhaft hervorhob. »Aber abgesehen von der Größe und Rushhour – wo kriege ich jetzt die verdammten Pinguine her?«

Eine nachdenkliche Pause entstand.

»Hmm.« Poppy tippte mit dem Zeigefinger sinnend an ihre vollen Lippen. »Ich kann dir sagen, wo du sie nicht herkriegst.«

»Aus dem Zoo?«, vermutete Chloe.

»Exakt!« Poppy zeigte mit beiden Zeigefingern auf Chloe, als habe sie soeben in der Lotterie gewonnen. Sie richtete ihren Blick auf Xan und fügte bekümmert hinzu: »Ein schrecklicher Papierkrieg! Das würde Wochen dauern.«

»Okay, also nicht aus dem Zoo. Vielleicht aus dem …«

»Aquarium?«, schlug Chloe vor.

Er nickte. »Ja, genau das meine ich. Das Aquarium.«

Poppy bedachte ihn mit einem mitleidigen Blick. »Dasselbe Problem.« Sie zeigte mit ihrem abgekauten Kuli auf ihn. »Was du brauchst, ist ein Privatsammler.«

Xans Augen leuchteten auf. »Allerdings!«

Sie lachten.

»Ein exzentrischer Multimillionär?«, schlug Chloe vor. »Amerika: das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Hier gibt’s bestimmt Leute, die sich alle möglichen Tiere zum Zeitvertreib halten. Pinguine als übergroße Schachfiguren zum Beispiel.«

»Richtig«, stimmte Poppy nickend zu.

»Ja, aber wer an der Ostküste hat so eine Tiersammlung?«, wollte Xan wissen, der jetzt allmählich wirklich in Panik geriet. »Ich meine, ich kenne natürlich ein paar Ornithologen – Bob Truman hat … Eulen und Falken? Auch ein paar Adler, glaube ich.«

»Trump hat auf Mar-a-Lago bestimmt einen ganzen Schwarm Flamingos«, vermutete Chloe. »Vielleicht leiht er sie dir.«

Xan unterdrückte ein Schaudern. »Lachsrosa! Nee, das passt doch nicht zum Dresscode. Es wird eine Schwarz-Weiß-Party.«

»Ach ja, Mist.« Sie lehnte sich zurück und schwang nachdenklich hin und her, den Blick auf die Fensterfassade gerichtet, wo unten auf dem East River soeben eine Passagierfähre vorbeituckerte. Die Sonne stand tief und warf ihre Strahlen schräg auf die verspiegelten Fassaden der Wolkenkratzer, verlieh dem ansonsten grünen Wasser einen rostbraunen Schimmer. Chloe setzte ihre neue Dior-Sonnenbrille auf, die sie, für Notfälle wie diesen, immer über einer Ecke ihres Monitors hängen hatte. Sie wandte ihr Gesicht Poppy zu und zog fragend die Augenbrauen hoch.

»Ah, sehr hübsch«, sagte Poppy anerkennend. »Ist das die Gleiche, die auch Charlize Theron hat?«

»Ja genau. Hab sie bei Barney’s entdeckt. Gefällt sie dir?«

»Sehr sogar. Darf ich sie mal anprobieren?«

»Hallo?! Meine Pinguine?«, unterbrach Xan erbost ihre Fachsimpelei. »Mir läuft die Zeit davon. Wie weit kommt man in siebzig Minuten mit einem Helikopter? Hin und zurück natürlich. Bis rauf nach Maine? Vielleicht sogar bis Quebec?«

»Ja, kann sein«, meinte Poppy, die sich in dem winzigen Schminkspiegel bewunderte, den sie rechts oben an ihren Monitor geklebt hatte.

»In Kanada ist’s doch kalt, oder? Saukalt«, überlegte er und zog dabei eine nachdenkliche Schnute. »Da gibt’s ganz bestimmt Pinguine.«

Aber Poppy schüttelte den Kopf. »Irrtum. Pinguine gibt es nur in der Antarktis. In Kanada haben sie Bären.«

Chloe seufzte. »Wenn sie doch bloß Bären verlangt hätten …«

»Das würde mal eine wirklich unvergessliche Party werden. Schwarz-Weiß. Und Blutrot.« Poppy giggelte.

Xan kam ein Gedanke, seine Miene erhellte sich. »Moment mal – arbeite nie mit Kindern oder Tieren, so heißt es doch, oder? Aber manche müssen nun mal, die spezialisieren sich sogar darauf. Das ist es: Ich brauche einen Tiertrainer! Jemanden aus der Filmbranche.«

»Hört sich gut an«, sagte Poppy und gab Chloe ihre Sonnenbrille zurück.

Xan war jetzt wie elektrisiert. »Mann! Gab’s da nicht diesen Spielfilm mit Jim Carrey vor ein paar Jahren? Wie hieß er noch gleich? In dem gab’s jede Menge Pinguine.« Er schnippte erregt mit den Fingern. »Mister Poppers Pinguine!«

Poppy drehte sich schwungvoll in ihrem Drehstuhl um sich selbst und musste dabei ihre Giraffenbeine anheben, damit sie nicht über den Boden schleiften. »Ah, ich liebe diesen Film! Hab eine Erdkundeexkursion geschmissen, nur um ihn mir ansehen zu können. In der Fünften war das, glaube ich.«

»Ach, den hab ich gar nicht gesehen.« Chloe zog nachdenklich die Stirn kraus und drehte sich ebenfalls schwungvoll um die eigene Achse.

»Oh, Süße, den musst du dir unbedingt ansehen!«

»Okay – jetzt muss ich nur noch rausfinden, wer solche Tiere im...