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In statu confessionis III - Texte zu Union, Bekenntnis, Kirchenkampf und Ökumene

Roland Ziegler, Werner Klän (Hrsg.)

 

Verlag Edition Ruprecht, 2011

ISBN 9783767571440 , 311 Seiten

Format PDF, OL

Kopierschutz Wasserzeichen

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48,00 EUR


 

IV. Gutachten und Stellungnahmen (S. 231-232)

Theologisches Gutachten zur Frage der Hochkirche (ein Exkurs)

Die Denkschrift von Pfarrer Rehbach473 nimmt in ihren Eingangsworten Bezug auf das 25-jährige Bestehen der „Hochkirchlichen Vereinigung“474 (im Folgenden abgekürzt HV). Sie gehört wie das Rundschreiben Friedrich Heilers475 an die Mitglieder der HV zu den Dokumenten dieses Jubiläums, das bei dem gegenwärtigen Mangel an Publikationsmöglichkeiten keinen literarischen Niederschlag finden konnte.

Da die grundlegenden Gedanken und Forderungen der Denkschrift zum Teil auch von Kreisen außerhalb der hochkirchlichen Bewegung vertreten werden (Berneuchener 476, konfessionelle Lutheraner, liturgisch interessierte Kreise der „Bekennenden Kirche“), worauf auch Pfr. Rehbach selbst hinweist, empfiehlt es sich, diese Fragen unabhängig von der auf Seite 2 der Denkschrift aufgeworfenen ganz anderen Frage zu erörtern, ob und wie weit die HV als solche von einer evangelisch-lutherischen Kirche als eine mit ihrem Bekenntnis in Einklang stehende Organisation anerkannt werden kann.

Das Ja oder Nein, das zu den einzelnen Gedanken und Forderungen der Hochkirche gesprochen werden muss, fällt keineswegs zusammen mit dem Ja oder Nein, das unsere Kirche zu der HV aufgrund von deren 25-jähriger Geschichte und aufgrund ihrer Kundgebungen und Taten sprechen muss. Da Pfarrer Rehbach (S. 2 und 9 Schluss) von der Kirchenregierung erwartet, dass eine Anerkennung der von ihm vorgetragenen Gedanken sofort automatisch nicht nur zu einer Anerkennung der HV führe, sondern sogar zu einer Unterstützung der hochkirchlichen Bewegung „mit allen Mitteln“, wird es angebracht sein, zunächst die Vorfrage zu stellen, welche Stellung unsere Kirche zu der HV einnehmen muss. Erst dann soll Recht und Unrecht der von Pfr. Rehbach geäußerten Gedanken und Fragen erörtert werden.

1.


Die Wurzeln der HV liegen in der tiefen seelischen Erschütterung, die in den Jahren 1917 und 1918 durch die deutsche und darüber hinaus durch die ganze Christenheit des Ostens und Westens ging. Die hochkirchliche Bewegung ist eine unter den vielen Strömungen, in denen die Unzufriedenheit mit den kirchlichen Zuständen und die Sehnsucht nach einer echten Erneuerung der Kirche damals ihren Ausdruck fanden. Das erste hochkirchliche Flugblatt erschien im Juni 1918. Seine Verfasser waren Pastor Hansen477 in Kropp (Schleswig), der schon zum Reformationsjubiläum 95 Thesen veröffentlicht hatte, in denen die evangelischen Kirchen vom hochkirchlichen Standpunkt aus scharf kritisiert wurden, und Pfarrer Mosel478 aus der Uckermark, der dann den Vorsitz der HV übernahm.

Diese selbst wurde am 9. Oktober 1918 auf einer konstituierenden Mitgliederversammlung zu Berlin begründet, an der außer den Genannten noch je ein Pfarrer aus Pommern, Schlesien, Provinz Sachsen und Westfalen teilnahmen.479 Ein Vorstand wurde gewählt, dem außer vier Pfarrern aus der altpreußischen Union noch ein Berliner Lehrer und ein pommerscher Adliger, ein Schwiegersohn Hindenburgs, angehörten. Die damals angenommenen Grundsätze, die jahrelang das Programm blieben480, proklamierten die Kirche als die von Christus und den Aposteln gestiftete Heilsanstalt und forderten von der evangelischen Christenheit das Bewusstsein, zu dieser sichtbaren Gesamtkirche zu gehören.

Sie verlangten die volle Selbstständigkeit der Kirche und die bischöfliche Verfassung. Ein maßvolles Zurücktreten der Predigt, stärkere Betonung der Sakramente und ihres objektiven Charakters, reichere Ausgestaltung der Gottesdienste, Reform der Beicht- und Abendmahlspraxis mit fakultativer Privatbeichte, Pflege frommer Übung auch bei den Laien bis hin zur Schaffung eines Breviers für evangelische Christen und zur Ermöglichung evangelischklösterlichen Lebens: das waren die praktischen Ziele, die in diesen „Grundsätzen“