Herkules, Homer und die Metaphysik: Zur Philosophie von Giambattista Vico - Allgemeine Zeitschrift für Philosophie 31.3

Giambattista Vico ist wieder einmal zum Vorgänger von ihm eher fernliegenden modernen Bemühungen ausgerufen worden, diesmal zum „Gründerhelden“ der Kulturwissenschaft. Der vorliegende Aufsatz versucht im Kontext der neueren Forschung, diese sicher nicht unberechtigte Aneignung in den systematischen Zusammenhang der vicoschen Philosophie zu stellen. Ausgehend von den Hauptfiguren des berühmten Frontispizes der Scienza Nuova - Metaphysik, Herkules, Homer - werden die drei Hauptstränge der Neubegründung des wahren und sicheren Wissens herausgearbeitet: die auf den mondo civile, die gesellschaftlich- kulturelle Welt, zurückgreifende Metaphysik, die materielle Bearbeitung und politische Organisation der Welt (Herkules) und die theoretisch-poetische Aneignung der Welt durch die Zeichen (Homer). Auf das Resümee der Scienza Nuova folgt eine systematische Skizze dieser wahrlich neuen Wissenschaft. Der Blick auf die Rezeption zeigt, dass die vorwiegend geschichtsphilosophische (19. Jahrhundert) und epistemologische (Begründung der Geisteswissenschaft) Rezeption heute durch eine sematologische Interpretation ergänzt wird, die sich aber schon in den Haupttrend aktueller Vicoforschung einfügt, nämlich Vico jenseits aller Vorgängerschaft als Vico ernstzunehmen.