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Die achte Sünde - Thriller

Philipp Vandenberg

 

Verlag Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG, 2009

ISBN 9783838700151 , 462 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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9,99 EUR

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Kapitel 1


Alberto, der Fahrer des Kardinals, drückte das Gaspedal des kleinen Fiat so tief durch, dass der Motor aufheulte wie ein gequältes Tier.

Kardinal Gonzaga saß aufrecht und steif wie eine ägyptische Statue auf dem Rücksitz. Mit belegter Stimme krächzte er: »Wir müssen vor Tagesanbruch am Ziel sein!«

»Ich weiß, Excellenza!« Alberto blickte auf die Uhr, die grün auf dem Armaturenbrett leuchtete: zweiundzwanzig Uhr zehn.

Schließlich erwachte der Beifahrer neben Alberto aus seinem Schweigen. Seit sie kurz hinter Florenz auf der Autostrada A 1 in Richtung Bologna eingebogen waren, hatte der Monsignore kein Wort von sich gegeben. Monsignor Soffici, der Privatsekretär des Kardinals, war gewiss kein großer Schweiger. Doch in dieser Situation schnürte ihm die Aufregung die Kehle zu.

Soffici räusperte sich gekünstelt. Dann meinte er, während er den Blick nicht von den Rücklichtern eines vorausfahrenden Wagens ließ: »Es ist keinem damit gedient, wenn wir im Straßengraben landen, Ihnen nicht und der heiligen Mutter Kirche schon gar nicht – wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf, Excellenza!«

»Ach was!«, zischte Gonzaga unwillig und wischte sich mit dem Ärmel seines schwarzen Jacketts über den schweißnassen Kahlkopf. Die Hitze der schwülen Augustnacht machte ihm zu schaffen.

Alberto beobachtete ihn im Rückspiegel.

»Es war Ihre Idee, Excellenza, die Sache mit meinem Privatwagen durchzuführen. Ihr Dienstwagen hätte eine Klimaanlage, und das wäre in Ihrer Situation gewiss von Vorteil.«

»Das brauchen Sie mir nicht zu sagen«, herrschte Gonzaga den Chauffeur an.

Jetzt mischte sich auch der Monsignore ein: »Ja, eine schwarze Limousine mit Vatikan-Kennzeichen! Am besten noch eine Polizeieskorte mit Blaulicht und die Ankündigung in den Nachrichten: Heute Nacht transportiert auf der Autostrada von Florenz nach Bologna Seine Excellenz Kurienkardinal Philippo Gonzaga …«

»Schweigen Sie!«, unterbrach der Kardinal den Redefluss seines Sekretärs. »Kein Wort mehr. Ich habe mich nicht beklagt. Wir haben uns entschieden, dass es am unverfänglichsten ist, wenn drei Männer bei Nacht in einem unscheinbaren Fiat von Rom in Richtung Brenner fahren. Basta

»War nur gut gemeint, Excellenza«, entschuldigte sich Alberto. Dann fielen die drei Männer erneut in angespanntes Schweigen.

Alberto hielt die Geschwindigkeit des Wagens konstant bei hundertsechzig Stundenkilometern. Der Kardinal auf dem Rücksitz starrte angestrengt durch die Windschutzscheibe nach vorne, wo die abgeblendeten Scheinwerfer sich mühsam einen Weg bahnten.

Soffici, ein drahtiger Vierziger mit Bürstenhaarschnitt und einer Brille mit Goldrand, bewegte in kurzen Abständen die Lippen, als ob er betete. Dabei verursachte er ein Geräusch wie ein tropfender Wasserhahn.

»Können Sie Ihre Gebete nicht stumm verrichten?«, sagte der Kardinal genervt. Devot wie ein gemaßregeltes Kind stellte der Monsignore seine Lippenbewegungen ein.

Hinter Modena, wo die A 1 weiter nach Westen, in Richtung Milano, führt, und die A 22 nach Norden abzweigt, wurde das Dröhnen des Motors von Händels Halleluja unterbrochen. Die Melodie kam aus der Innentasche von Sofficis Sakko. Nervös fingerte der Sekretär sein Mobiltelefon hervor und blickte auf das Display. Mit einer Verrenkung reichte er das kleine Gerät nach hinten: »Für Sie, Excellenza!«

Gonzaga, mit seinen Gedanken ganz woanders, streckte die Linke aus, ohne seinen Sekretär anzusehen: »Geben Sie her!« Schließlich presste er das Telefon an sein Ohr.

»Pronto!«

Eine Weile lauschte er wortlos, dann sagte der Kardinal knapp: »Ich habe das Codewort verstanden. Hoffentlich können wir die Zeit einhalten. Im Übrigen fühle ich mich wie eine ägyptische Mumie, wie dieser ...« Er stockte.

»Tut-ench-Amun!«, kam Soffici auf dem Vordersitz zu Hilfe.

»Genau. Wie dieser Tut-ench-Amun. Gott zum Gruß.«

Kardinal Gonzaga reichte das Mobiltelefon zurück. »Wenn es schiefgeht, können Sie sich bald eine neue Melodie auf Ihr Handy herunterladen«, meinte er mit einem sarkastischen Unterton.

Der Sekretär wandte sich um: »Was sollte jetzt noch schiefgehen, Excellenza?«

Gonzaga hob theatralisch beide Arme, als wollte er das Tedeum anstimmen; aber seine Worte klangen eher blasphemisch: »Ein bisschen viel, was uns unser Herr Jesus in letzter Zeit zumutet. Würde mich nicht wundern, wenn unser Vorhaben noch in letzter Minute scheitert.«

Eine Weile herrschte nachdenkliches Schweigen. Schließlich sagte Gonzaga im Flüsterton, als könnte jemand ihr Gespräch belauschen: »Das Codewort lautet ›Apokalypse 20‹. Alberto, haben Sie mich verstanden?«

»Apokalypse 20,7«, wiederholte der Fahrer und nickte geflissentlich. »Wann werden wir erwartet?«

»Drei Uhr dreißig. Auf jeden Fall noch vor dem Morgengrauen.«

»Madonna mia, wie soll ich das schaffen?«

»Mit Gottes Hilfe und Vollgas!«

Schier endlos und schnurgerade führte die Autobahn durch die Poebene. Bei Nacht und mit erhöhtem Tempo verführt diese Straße zum Sekundenschlaf. Auch Alberto hatte mit der Müdigkeit zu kämpfen.

Aber dann ging ihm der Zweck der Reise durch den Kopf.

Ein absurdes Unternehmen, in das nur der Kardinalstaatssekretär, Monsignor Soffici und er eingeweiht waren.

An Soffici gewandt, begann der Kardinal erneut nach einer längeren Strecke des Schweigens: »Wirklich sinnreich dieses Codewort. Sie kennen den Text der Geheimen Offenbarung?«

»Natürlich, Excellenza.«

»Auch Kapitel zwanzig, Vers sieben?«

Soffici kam ins Stottern: »Ausgerechnet dieser Vers ist mir gerade nicht gegenwärtig; aber alle anderen vermag ich durchaus aus dem Gedächtnis zu zitieren.«

»Schon gut, Soffici, jetzt wissen Sie, warum Sie es bisher nur zum Monsignore gebracht haben und nicht weiter.«

»Wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf, Excellenza, ich verneige mich in Demut vor dem Titel, den mir mein Amt einbrachte!«

Gonzaga verstand es vortrefflich, seinen jungenhaften Sekretär immer wieder auf perfide Weise zu beleidigen. Soffici blieb nur die Freiheit seiner Gedanken.

Die Luft im Wagen war penetrant mit »Pour Monsieur« von Coco Chanel geschwängert, einem gewöhnungsbedürftigen Männerparfüm, das der Kardinal in der exquisiten Boutique im Vatikan-Bahnhof günstig erstand. Mit dem Duftwasser pflegte der Kardinal seine marzipanfarbige Glatze einzureiben, seit der Küster von Santa Maria Maggiore ihm nach einem Pontifikalamt unter strengster Geheimhaltung verraten hatte, dass die genannte Prozedur den Haarwuchs fördere.

Auch von hinten und in der Dunkelheit entgingen dem Kardinal nicht die ruckartigen, unwilligen Kopfbewegungen, welche die Gedanken seines Sekretärs begleiteten. »Ich will Ihnen sagen, was in 20, 7 geschrieben steht!«

»Nicht nötig«, unterbrach Soffici den Kardinal. »Ich hatte nur einen kurzen Blackout. Der fragliche Satz lautet: ›Wenn die tausend Jahre vollendet sind, wird der Satan losgelassen werden aus dem Kerker.‹«

»Respekt, Monsignore«, erwiderte Gonzaga. »Allerdings erkenne ich keinen Zusammenhang mit unserer Mission.«

Alberto, der von Anfang an in das geheime Unternehmen eingeweiht war, unterdrückte ein verlegenes Kichern und wandte seine Aufmerksamkeit einem Fahrzeug zu, das seit beinahe dreißig Kilometern an seiner Stoßstange klebte. Jedes Mal wenn er seinen Fiat beschleunigte, blieb ihm auch dieser unangenehme Fahrzeuglenker auf den Fersen. Verlangsamte er die Fahrt, wurde auch das Auto hinter ihm langsamer.

Um den lästigen Hintermann abzuhängen, gab Alberto Gas.

Irgendwo zwischen den Ausfahrten Mantua und Verona passierte es: Mit brüllendem Motor scherte der verfolgende Wagen aus, überholte und setzte sich so dicht vor Albertos Fiat, dass dieser sich genötigt sah, abrupt abzubremsen. Alberto kommentierte das riskante Manöver mit einem Schimpfwort übelster Sorte, worauf der Sekretär sich mahnend räusperte. Plötzlich erschienen auf der rechten Seite des Fahrzeugs ein Arm und eine rot blinkende Kelle: Polizia.

»Auch das noch«, stöhnte Alberto. Widerwillig fügte er sich den heftigen Armbewegungen des Polizisten, seinen Anweisungen zu folgen.

Die Polizeiaktion war sorgfältig geplant. Keine dreihundert Meter entfernt gab es einen unbeleuchteten Parkplatz. Dorthin, wurde dem Fahrer bedeutet, möge er dem Polizeifahrzeug folgen.

Kaum hatte Alberto den Wagen zum Stehen gebracht, als drei Männer mit Maschinenpistolen aus ihrem Fahrzeug sprangen und den Fiat, ihre Waffen im Anschlag, umstellten.

Soffici hielt die Hände verschränkt und begann, deutlich hörbar die Lippen zu bewegen. Auf dem Rücksitz saß der Kardinal steif und bewegungslos, als wäre er tot. Eher gelassen begegnete der Chauffeur des Kardinals der brisanten Situation. Stumm kurbelte er die Seitenscheibe herab und blinzelte in das grelle Licht einer Handlampe.

»Aussteigen!«

Betont langsam und unwillig kam Alberto der rüden Aufforderung nach. Doch kaum war der Fahrer ausgestiegen, packte ihn je ein Carabiniere am linken und rechten Oberarm und presste seine Hände auf das Wagendach.

Alberto, ein in jeder Situation furchtloser Mann, und in dieser Hinsicht nicht gerade ein typischer Italiener, stieß einen gequälten Schrei aus, welcher der Situation in keiner Weise angemessen war. Er beruhigte sich erst, als...