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Die Erben der Nacht - Pyras - Eine mitreißende Vampir-Saga

Ulrike Schweikert

 

Verlag cbt Jugendbücher, 2010

ISBN 9783641038380 , 544 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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9,99 EUR

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ABSCHIED VON DER INSEL
Es ging auf Mitternacht zu. Der Mond hielt sich beharrlich hinter dichten Wolken versteckt. Nur ein paar vereinzelte Sterne sandten ihr Licht herab, wenn der stürmische Wind die Wolkendecke für einige Augenblicke zerriss. Dann umschmeichelte der Sternenglanz eine einsame Gestalt auf den schwarzen Klippen, die weit vorragten, um dann schroff in die schäumende Gischt abzubrechen. Es war die Gestalt eines jungen Mädchens, dessen Haar das silberne Licht widerspiegelte. Seit Stunden saß sie nun schon so da, den Blick auf das aufgewühlte Meer gerichtet. Sie schien so tief in Gedanken versunken, dass sie nichts um sich herum wahrnahm. Auch nicht den hellen Schatten, der sich auf vier Pfoten und im Wolfspelz über die Landzunge näherte. Zumindest regte sie sich nicht, als der Jäger neben sie trat. Er ließ sich auf den Hinterpfoten nieder. Das Mädchen schwieg noch immer.
»Gibt es Neuigkeiten?«, fragte sie endlich.
Es gibt immer Neuigkeiten, ertönte die Stimme des Wolfs in ihrem Bewusstsein. Die Zeit fließt und die Erde ist einem ständigen Wandel unterworfen. Schicksale und Ereignisse werfen ihre Schatten und geschehen.
Das Mädchen stieß einen ärgerlichen Laut aus. »Seymour, du weißt genau, was ich meine! Gibt es Neuigkeiten vom Festland? Von der Versammlung der Clans?«
Der Wolf schien sich an ihrer Ungeduld zu weiden. Er legte sich an ihre Seite und leckte sich ausgiebig die Vorderpfoten, ehe er erwähnte, dass ein Falke mit einer Botschaft eingetroffen sei.
»Was? Warum sagst du das nicht gleich?« Ivy sprang auf die Füße. »Weißt du, wie sie lautet?«
Gewiss.
»Ja, und? Willst du es mir nicht sagen?«
Der Wolf öffnete das Maul und ließ die Zunge heraushängen. Es sah aus, als würde er lachen. Ach, kleine Schwester, lass mich diesen Moment noch ein wenig auskosten. Untersteh dich, mir einen Tritt zu verpassen. Ich werde dich beißen!, drohte er.
Ivy seufzte und ließ sich wieder neben ihn auf einen schwarzen Steinbrocken sinken. »Du verstehst mich nicht mehr. Wir waren uns doch stets so nah. Was ist nur geschehen?«
An mir liegt es nicht! Ich habe mich nicht geändert. Du benimmst dich plötzlich wie ein liebeskrankes Jungmädchen.
»Ich bin ein junges Mädchen – wenn auch nicht liebeskrank.« Das Bild eines Vampirs mit dunklem Haar und edlen Gesichtszügen, so schön, dass sein Anblick wehtat, stieg in ihr auf. Franz Leopold de Dracas.
Nicht liebeskrank?, spottete Seymour bitter.
»Nein«, bestätigte Ivy ernst. »Nur eine vorübergehende Verwirrung der Gefühle. Er ist ein Freund, ein guter, sehr geschätzter Freund, der mir nahesteht und dem ich vertraue, so wie Alisa und Luciano auch. Und was das junge Mädchen betrifft. Ich bin ein junges Mädchen, das sich auf ein weiteres Jahr gemeinsamer Ausbildung mit den Erben der anderen Clans an unserer Akademie freut.«
Ein junges Mädchen?, wiederholte der Wolf. Auch wenn du noch immer so aussiehst, das ist lange vorbei. Das warst du einmal vor einhundert Jahren, als der Biss eines Vampirs dich gewandelt hat. Wen willst du täuschen? Dich selbst?
»Meine Freunde jedenfalls nicht länger«, erwiderte Ivy trotzig. »Sie wissen, dass ich früher einmal ein Mensch war, bis ich zum Vampir gemacht wurde – und du zu einem Werwolf.«
Ja, zu einer Servientin oder Unreinen, wie die Dracas in Wien sagen. Nicht wert, an der Akademie der Erben reinen Blutes zu studieren.
»Die Täuschung habe nicht ich beschlossen«, wehrte Ivy ab. »Das war die Entscheidung unseres Clanführers. Und solange ich der Akademie nicht offiziell verwiesen werde, nehme ich die Chance wahr, von den Fähigkeiten der anderen Clans zu lernen.«
Nun, dann hoffe, dass sich deine Freunde als vertrauenswürdig erweisen und dich keiner verrät. Dass er dabei an den Dracas dachte, konnte Ivy in seinen Gedanken lesen.
»Franz Leopold wird mich nicht verraten!«, rief sie leidenschaftlich aus.
Ich hoffe für dich, dass dein Urteilsvermögen so klar und scharf ist, wie es nach einhundert Jahren Erfahrung sein sollte. Und dass die anderen noch lange genug zu blind sind, um zu sehen, dass sich alle Erben weiterentwickeln, du dagegen immer dreizehn Jahre alt bleibst.
Ivy runzelte besorgt die Stirn. »Ja, das hoffe ich auch.«
Plötzlich erinnerte sie sich wieder daran, dass Seymour ihre erste Frage noch immer nicht beantwortet hatte. »Was für Nachrichten hat der Falke gebracht? Wohin werden wir fahren?«
Der Wolf ließ seine gelben Augen über sie wandern und forschte in ihren Gedanken und Gefühlen. Du freust dich wirklich sehr, die Heimat zu verlassen. Kein Schmerz des Abschieds, keine Trauer darüber, die Wiesen und Hügel, die Klippen und das Meer, die weiten Moore ein Jahr lang nicht zu sehen.
Ivy überlegte kurz, dann schüttelte sie den Kopf. »Nein, ich empfinde keinen Trennungsschmerz, denn was bekomme ich stattdessen alles zum Tausch? Und nun sag, wohin geht es?«
Ivy las die Antwort in seinen Gedanken und ein Lächeln ließ ihr Gesicht erstrahlen. »Wann werden wir reisen?«
Unser Schiff wird in See stechen, sobald heute Abend die Sonne untergegangen ist.
Alisa bog um die Ecke und blieb unvermittelt stehen. Die Galerie, die an dieser Stelle in einen Korridor überging, war zu beiden Seiten von Türen gesäumt, wobei die letzte aus zwei Flügeln bestand und mit kunstvollen Zierbeschlägen versehen war, um schon von Weitem kundzutun, dass hinter ihr das Oberhaupt des Clans der Hamburger Vamalia zu finden war: Dame Elina. Vor der geschlossenen Tür stand Alisas jüngerer Bruder Tammo, das Ohr gegen das Holz gepresst.
Alisa blieb stehen. Wen belauschte er hier bloß? Dame Elina war mit zwei der Altehrwürdigen zum Treffen der Clans gereist. Das Zimmer war leer – oder etwa nicht? Alisa hatte die vergangenen drei Stunden damit zugebracht, durch die nächtliche Innenstadt Hamburgs zu streichen und nach weggeworfenen Zeitungen Ausschau zu halten. Ihre reichhaltige Beute trug sie zusammengerollt unter dem Arm.
Tammo gab seinen Lauschposten auf und huschte zu seiner Schwester, schwieg jedoch, bis sie die Galerie verlassen hatten, die sich um das großzügige Treppenhaus des herrschaftlichen Hauses zog, das einst einer reichen Hamburger Kaufmannsfamilie gehört hatte und nun zusammen mit einem weiteren Gebäude am alten Binnenhafen von den Vamalia bewohnt wurde. In diesem Haus, das größer und prächtiger als das andere war, hatten die Vamalia reinen Blutes und die Altehrwürdigen ihre Gemächer, im Nebenhaus wohnten die Servienten, jene Clanmitglieder, die einst Menschen gewesen und erst durch einen Biss zum Vampir geworden waren. Im Gegensatz zu den Reinen, die wie Tammo, Alisa und ihr Vetter Sören vom Kleinkind zum Erwachsenen heranwuchsen und sich veränderten, blieb das Äußere der Unreinen stets wie am Tag ihrer Wandlung. Egal was sie über Nacht taten, ob sie sich die Haare schnitten oder sich gar verwundeten, über Tag kehrte ihr Körper stets zu seinem ursprünglichen Zustand zurück. Das war zuweilen lästig, meist aber von Vorteil. Gerade wenn es um Verletzungen ging. Zwar schlossen sich Wunden bei reinen Vampiren auch viel schneller als bei M enschen, doch es dauerte einige Tage und Nächte, bis sie sich von einem starken Blutverlust erholt hatten oder ein Knochenbruch geheilt war.
Tammo ließ sich auf die oberste Stufe sinken und legte den Kopf in beide Hände.
»Was ist los?«, drängte seine Schwester. »Ist Dame Elina zurück?«
Tammo nickte stumm mit tragischer Miene.
»Was hast du gehört? Ist etwas passiert? Warum ist sie so früh zurückgekehrt? Nun sag schon!«
»Wir werden hierbleiben müssen«, stieß ihr Bruder hervor. »Das ganze, lange Jahr über.«
»Was? Sie schließen die Akademie? Wir werden keinen Unterricht mehr bekommen?« Alisa stöhnte und rang die Hände. »Das ist ja entsetzlich!«
Tammo schüttelte fassungslos den Kopf. »Das ist wieder einmal typisch für dich. Ist das das Einzige, was dir dazu einfällt?«
Alisa riss die Augen auf. »Wir werden die anderen nicht wiedersehen!« Ein kalter Schmerz durchfuhr sie. »Ivy und Seymour, Malcolm und Luciano – ja selbst Franz Leopold werde ich vermutlich vermissen. Nein, wie furchtbar!« Sie sank neben Tammo auf die Treppenstufe.
»Furchtbar, wenn es denn wahr wäre«, sagte eine Stimme hinter ihnen. Alisa und Tammo fuhren herum. Es war der Servient Hindrik, dem es wie immer gelungen war, sich unbemerkt zu nähern. Es tröstete Alisa nur wenig, dass er zweihundert Jahre Erfahrung für sich verbuchen...