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Die meta-sympotischen Oden und Epoden des Horaz - Vertumnus. Berliner Beiträge zur Klassischen Philologie und zu ihren Nachbargebieten

Nina Mindt

 

Verlag Edition Ruprecht, 2007

ISBN 9783897442573 , 98 Seiten

Format PDF, OL

Kopierschutz Wasserzeichen

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21,00 EUR


 

5. Schlussfolgerungen (S. 80-81)

Horaz rezipiert, erklärtermaßen in der Nachfolge der frühgriechischen Dichter (carm. 1,1, 35 quodsi me lyricis vatibus inseres inseres, carm. 4,9) jegliche „Gelegenheitsdich- Gelegenheitsdichtung”, also Dichtung mit einem konkreten Anlass. Damit revitalisiert er sympotische Dichtung – Dichtung, die auf dem Symposion ihren genuinen Ort hatte – als Ganzes: Es gibt „Elegien“, „Trinklieder“ – und „Kampflieder“, wenn man sie mit der traditionellen Terminologie benennen möchte.

Er kann in seiner spezifischen Kommunikationssituation gerade diese Dichtung gewinnbringend für sich nutzen. Die meta-sympotischen Elemente fließen deshalb umso mehr in die Dichtung hinein, weil sie außerhalb der Dichtung nicht existierten, also weil Horaz als Dichter nicht die Möglichkeit hatte, eben „Elegien“, „Trinklieder“ und „Kampflieder“ institutionell auf Symposia vorzutragen.

Die Oden sind, der Buchchronologie folgend und um die passenden meta-sympotischen Epoden erweitert, nach verschiedenen Gesichtpunkten hin untersucht worden. Es ist gezeigt worden, dass Horaz es narratologisch versteht, für die verschiedenen Adressatenkreise meta-sympotische Lyrik attraktiv zu nutzen, und auch, warum diese Dichtung mit den Adaptationen für ihn als Dichter so nutzbar werden konnte200. Hier sollen nun einige auffällige Aspekte, die sich aus den Einzeluntersuchungen ergeben haben, abschließend noch einmal genauer und systematisch betrachtet werden:

5.1 Poetik des Augenblicks

Es kehren bestimmte Elemente wieder, nämlich das, was sich mit den Worten carpe diem aus carm. 1,11 bis heute als Maxime gehalten hat. Die okkasitionellen Elemente des Ich und Du, des Hier und Jetzt wirken stets deiktisch als Imaginationshinweise für Situationen, die diese Aussage konkretisieren und illustrieren. Horaz nutzt dabei die Anredestruktur seiner griechischen Vorbilder, um Thematiken darin zu verpacken, die ihm wichtig waren, oder andersherum: Diese Anredestruktur bietet eine gewinnbringende Form, um die Inhalte wirksam zu machen. Schon das sympotische Bild allein also bringt Gegenwart zum Ausdruck, die gesamte sympotische Situation und die Worte ergänzen sich.

Eine reine carpe-diem-Lyrik ohne einen konkreten Kontext wäre nur halb so wirksam. Kurzum: Traditionelle Form und Aussage passen gut zusammen. Man muss nicht auf einem Symposion zu sein, damit die Augenblicklichkeit wirkt, aber sie muss gut suggeriert werden. Hätte Horaz die Oden und Epoden so gestaltet, dass sie nur aus ihrem Entstehungsanlass heraus und für die namentlich erwähnten Adressaten verständlich wären, hätte seine Lyrik nicht ihre Wirkungskraft in der Rezeption erhalten. Die verschiedenen sprachlichen und stilistischen Mittel, mit denen Horaz arbeitet, um die Poetik des Augenblicks für alle, auch für den anonymen Leser, zu transportieren, wurden bei der Einzeluntersuchung jeweils erwähnt (s. die Begriffe: carpe-diem-Konkretisierung, Deixis am Phantasma, Anrede / Apostrophe, Wetter- und Landschaftsmotivik, literarische Motti).5. Schlussfolgerungen (S. 80-82)

Horaz rezipiert, erklärtermaßen in der Nachfolge der frühgriechischen Dichter (carm. 1,1, 35 quodsi me lyricis vatibus inseres, carm. 4,9) jegliche „Gelegenheitsdichtung”, also Dichtung mit einem konkreten Anlass. Damit revitalisiert er sympotische Dichtung – Dichtung, die auf dem Symposion ihren genuinen Ort hatte – als Ganzes: Es gibt „Elegien“, „Trinklieder“ – und „Kampflieder“, wenn man sie mit der traditionellen Terminologie benennen möchte. Er kann in seiner spezifischen Kommunikationssituation gerade diese Dichtung gewinnbringend für sich nutzen. Die meta-sympotischen Elemente fließen deshalb umso mehr in die Dichtung hinein, weil sie außerhalb der Dichtung nicht existierten, also weil Horaz als Dichter nicht die Möglichkeit hatte, eben „Elegien“, „Trinklieder“ und „Kampflieder“ institutionell auf Symposia vorzutragen.

Die Oden sind, der Buchchronologie folgend und um die passenden meta-sympotischen Epoden erweitert, nach verschiedenen Gesichtpunkten hin untersucht worden. Es ist gezeigt worden, dass Horaz es narratologisch versteht, für die verschiedenen Adressatenkreise meta-sympotische Lyrik attraktiv zu nutzen, und auch, warum diese Dichtung mit den Adaptationen für ihn als Dichter so nutzbar werden konnte. Hier sollen nun einige auffällige Aspekte, die sich aus den Einzeluntersuchungen ergeben haben, abschließend noch einmal genauer und systematisch betrachtet werden:

5.1 Poetik des Augenblicks

Es kehren bestimmte Elemente wieder, nämlich das, was sich mit den Worten carpe diem aus carm. 1,11 bis heute als Maxime gehalten hat. Die okkasitionellen Elemente des Ich und Du, des Hier und Jetzt wirken stets deiktisch als Imaginationshinweise für Situationen, die diese Aussage konkretisieren und illustrieren. Horaz nutzt dabei die Anredestruktur seiner griechischen Vorbilder, um Thematiken darin zu verpacken, die ihm wichtig waren, oder andersherum: Diese Anredestruktur bietet eine gewinnbringende Form, um die Inhalte wirksam zu machen.

Schon das sympotische Bild allein also bringt Gegenwart zum Ausdruck, die gesamte sympotische Situation und die Worte ergänzen sich. Eine reine carpe-diem-Lyrik ohne einen konkreten Kontext wäre nur halb so wirksam.

Kurzum: Traditionelle Form und Aussage passen gut zusammen. Man muss nicht auf einem Symposion zu sein, damit die Augenblicklichkeit wirkt, aber sie muss gut suggeriert werden. Hätte Horaz die Oden und Epoden so gestaltet, dass sie nur aus ihrem Entstehungsanlass heraus und für die namentlich erwähnten Adressaten verständlich wären, hätte seine Lyrik nicht ihre Wirkungskraft in der Rezeption erhalten. Die verschiedenen sprachlichen und stilistischen Mittel, mit denen Horaz arbeitet, um die Poetik des Augenblicks für alle, auch für den anonymen Leser, zu transportieren, wurden bei der Einzeluntersuchung jeweils erwähnt (s. die Begriffe: carpe-diem-Konkretisierung, Deixis am Phantasma, Anrede / Apostrophe, Wetterund Landschaftsmotivik, literarische Motti).

5.2 Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft

Was zunächst als unvereinbar mit der eben ausgeführten Poetik des Augenblicks erscheint, ergibt aber ein gewinnbringendes Spannungsfeld für die Dichtung des Horaz. Denn meta-sympotische Dichtung spielt nicht nur in privatem Rahmen zum Genuss der Gegenwart eine Rolle. Gerade die Abgrenzung des privaten und öffentlichen Lebens wird oftmals verwischt. Denn erscheint die persona loquens durch ihre Ich-Äußerung als gegenwärtig („timeless present“ der Dichterstimme), muss nicht alles, was sie sagt, sich auf die Gegenwart beziehen: Erinnerungen an die Vergangenheit können in der dichterischen Äußerung zur Aufforderung für die Zukunft werden, was sich beispielsweise mit der großen Zahl der Paränesen belegen lässt.