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Der Liebesschwur - Roman

Stephanie Laurens

 

Verlag Blanvalet, 2010

ISBN 9783641039967 , 480 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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5,99 EUR


 

1


Oktober 1819
Northamptonshire

»Sie sollten sich etwas beeilen. Es sieht so aus, als seien uns die Höllenhunde auf den Fersen.«

»Was?« Vane Cynster wurde aus unangenehmen Gedanken gerissen. Er hob den Blick von den Ohren seines Leitpferdes und sah sich um, entdeckte Duggan, seinen Stallburschen, hinter sich, und auch eine dunkle Wolkenbank mit Gewitterwolken, die heranzog. »Verdammt!« Vane blickte wieder nach vorn und schnalzte mit den Zügeln. Die beiden Grauen, die seinen Zweispänner zogen, liefen schneller. Er warf über seine Schulter einen Blick zurück. »Glauben Sie, wir könnten schneller sein?«

Duggan betrachtete die Sturmwolken und schüttelte den Kopf. »Wir haben noch drei Meilen vor uns, vielleicht sogar fünf. Nicht genug, um nach Kettering zurückzufahren oder es bis Northampton zu schaffen.«

Vane fluchte. Es war nicht einmal sosehr der Gedanke, nass zu werden, der in seinem Kopf herumspukte. Er war verzweifelt und ließ die Straße nicht aus den Augen, und während seine Grauen dahingaloppierten, suchte er nach einem Ausweg, nach einer Möglichkeit, dem Unwetter zu entkommen.

Noch Minuten zuvor hatte er an Devil gedacht, den Herzog von St. Ives, seinen Cousin und den Kamerad aus seiner Kinderzeit, seinen engsten Freund – und an die Frau, die das Schicksal ihm beschert hatte, Honoria, die jetzt die Herzogin von St. Ives war. Sie war diejenige gewesen, die Vane und den anderen vier, bis jetzt noch unverheirateten Mitgliedern der Bar-Cynster-Familie befohlen hatte, an dem Einweihungsgottesdienst für das Dach der Kirche im Dorf Somersham teilzunehmen, das in der Nähe des herzoglichen Stammsitzes lag. Zugegeben, das Geld, das sie schließlich wegen des Drucks der Herzogin gespendet hatten, war unrechtmäßig erworben gewesen, es stammte aus einer Wette, mit der weder die neue Herzogin noch ihre Mutter einverstanden gewesen waren. Das uralte Sprichwort, nach dem die einzigen Frauen, vor denen die Männer der Cynsters sich fürchten mussten, die Ehefrauen der Cynsters waren, stimmte noch immer, auch für diese Generation, genauso wie für die vorherigen. Über den Grund dafür, warum das so war, wollten die männlichen Cynsters lieber gar nicht erst nachdenken.

Und daher fühlte Vane auch ein so überwältigendes Verlangen, dem drohenden Unwetter zu entkommen. Das Schicksal in der Gestalt eines Unwetters hatte dazu geführt, das Honoria und Devil sich kennen gelernt hatten, unter Umständen, die ihre darauf folgende Eheschließung beinahe unvermeidlich gemacht hatten. Vane hatte nicht die Absicht, ein unnötiges Risiko einzugehen.

»Bellamy Hall.« An diesen Gedanken klammerte er sich wie ein Ertrinkender. »Minnie wird uns Zuflucht geben.«

»Das ist ein guter Gedanke.« Duggan klang hoffnungsvoll. »Bis zu der Wegkreuzung sollte es nicht mehr weit sein.«

Sie lag gleich hinter der nächsten Biegung der Straße. Vane bog von der Straße ab, dann fluchte er und zwang seine Pferde, langsamer zu gehen. Der schmale Weg war nicht in einem so guten Zustand wie die Straße, die sie gerade verlassen hatten. Er liebte seine reinrassigen Pferde viel zu sehr, um das Risiko einzugehen, dass sie sich verletzten, deshalb konzentrierte er sich darauf, sie nur so schnell laufen zu lassen, wie er es ohne Risiko wagen konnte. Grimmig war er sich der Tatsache bewusst, dass eine unnatürliche, viel zu frühe Dämmerung einsetzte und dass der Wind auffrischte.

Er hatte Somersham Place, die fürstliche Residenz Devils, kurz nach dem Mittagessen verlassen. Den Morgen hatte er in der Kirche bei dem Einweihungsgottesdienst für das Dach verbracht, für das er und seine Cousins bezahlt hatten. Er hatte die Absicht gehabt, Freunde in Leamington zu besuchen, daher hatte er Devils Haus verlassen, damit dieser das Zusammensein mit seiner Frau und seinem Sohn genießen konnte, und war nach Westen gefahren. Er hatte erwartet, Northampton und die Bequemlichkeit im Blue Angel leicht zu erreichen. Stattdessen, und das verdankte er dem Schicksal, würde er die Nacht mit Minnie und ihren Mitbewohnern verbringen müssen.

Aber wenigstens wäre er in Sicherheit.

Durch die Hecken auf der linken Seite des Weges erkannte Vane in einiger Entfernung das Wasser, bleigrau unter dem immer dunkler werdenden Himmel. Das war der Fluss Nene, was bedeutete, dass es bis Bellamy Hall nicht mehr weit war. Das Haus stand auf einem lang gestreckten Hügel über dem Fluss.

Es waren schon Jahre vergangen, seit er zum letzten Mal hier einen Besuch gemacht hatte – er konnte sich gar nicht mehr daran erinnern, wie viele Jahre es gewesen waren, dennoch zweifelte er nicht daran, willkommen zu sein. Araminta, Lady Bellamy, die exzentrische Frau eines früh verstorbenen, reichen Mannes, war seine Patentante. Minnie hatte keine eigenen Kinder, auch ihn hatte sie nie wie ein Kind behandelt, und mit den Jahren waren sie gute Freunde geworden. Manchmal war sie eine zu raffinierte Freundin für ihn, ihre Strafpredigten kannten kein Ende, doch eine Freundin war sie ihm immer gewesen.

Als Tochter eines Vicomtes war Minnie seit ihrer Geburt ein Platz in der gehobenen Gesellschaft sicher. Nachdem ihr Ehemann, Sir Humphrey Bellamy, gestorben war, hatte sie sich aus dem gesellschaftlichen Leben zurückgezogen und zog es vor, in Bellamy Hall zu bleiben, wo sie einem Haushalt vorstand, in dem die verschiedensten mittellosen Verwandten lebten und auch einige andere Menschen, die sie ihrer Barmherzigkeit für würdig fand.

Als man sie einmal gefragt hatte, warum sie sich mit einem solchen Anhang umgab, hatte Minnie geantwortet, dass in ihrem Alter die menschliche Natur ihre hauptsächliche Unterhaltung war. Sir Humphrey hatte dafür gesorgt, dass sie reich genug war, um diesen Unsinn ertragen zu können, und Bellamy Hall war, auch wenn es in seiner Mächtigkeit grotesk war, groß genug, um sie und ihre eigenartige ménagerie unterzubringen. Um nicht vollkommen den Verstand zu verlieren, gönnten sie und ihre Begleiterin, Mrs. Timms, sich ab und zu einen Ausflug in die Hauptstadt und ließen den Rest des Haushaltes in Northampton zurück. Vane besuchte Minnie immer, wenn sie in der Stadt war.

Gotische Türmchen stiegen aus den Bäumen vor ihnen empor, dann tauchten die aus Ziegeln gemauerten Pfosten des großen Tors auf. Die schweren, schmiedeeisernen Torflügel standen offen. Mit einem grimmig-befriedigten Lächeln lenkte Vane seine Pferde durch das Tor. Sie waren dem Unwetter entkommen – das Schicksal hatte ihn nicht erwischt, während er unaufmerksam gewesen war. Seine Grauen trotteten über die lange Einfahrt. Riesige Büsche säumten den Weg und schwankten im Wind, uralte Bäume beschatteten den mit Kies bestreuten Weg.

Dunkel und ernst stand Bellamy Hall am Ende des tunnelartigen Weges, seine vielen Fenster blickten trübe in dem heraufziehenden Sturm. Sie schienen ihn zu beobachten wie viele ausdruckslose Augen. Als ausgedehnte gotische Abscheulichkeit mit unzähligen architektonischen Elementen, die über die Jahre hinzugefügt und die vor kurzer Zeit mit georgianischer Üppigkeit verschönert worden waren, hätte das Haus eigentlich grauenhaft aussehen müssen, doch in dem überwucherten Park mit dem kreisförmigen Hof sah die Hall absolut nicht hässlich aus.

Es war, so fand Vane, als er über den Hof in Richtung der Ställe fuhr, ein passendes, esoterisches Zuhause für eine exzentrische alte Frau und ihren eigenartigen Haushalt. Als er um die Seite des Hauses bog, entdeckte er nirgendwo ein Anzeichen von Leben.

In den Ställen jedoch herrschte Aktivität. Stallknechte liefen hin und her und versorgten im Anblick des drohenden Unwetters die Pferde. Vane überließ es Duggan und Minnies Stallmeister, sich um die Grauen zu kümmern, und ging auf dem Weg zwischen den Büschen zum Haus. Obwohl der Weg überwuchert war, so war er doch gangbar. Er öffnete sich auf einen ungepflegten Rasen, der um eine Ecke eines Flügels des Hauses angelegt war. Gleich hinter der Ecke, das wusste Vane, befand sich der Seiteneingang des Hauses, hinter einer Wiese, auf der eine kleine Armee von riesigen Steinen lag, Überresten der Klosterkirche, auf der ein Teil der Hall erbaut worden war. Die Ruinen erstreckten sich ein ganzes Stück weit, die Hall selbst war um das Gästehaus der Klosterkirche herum gebaut worden, die während der Zeit der Dissolution geplündert worden war.

Als er sich der Ecke des Hauses näherte, konnte er die Blöcke des verwitterten Sandsteins sehen, die über den dichten grünen Teppich des Grases verstreut lagen. Etwa auf halber Strecke erhob sich ein einzelner Torbogen vor dem sich rasch verdunkelnden Himmel, alles, was von dem Längsschiff der Kirche noch übrig war. Vane lächelte. Alles war noch genau so, wie er es in Erinnerung hatte. Nichts hatte sich in den letzten zwanzig Jahren in Bellamy Hall verändert.

Er bog um die Ecke des Hauses – und stellte fest, dass er sich geirrt hatte.

Er blieb stehen, dann blinzelte er. Eine volle Minute lang stand er wie angewurzelt auf demselben Fleck, sein Blick war starr. Dann ging er langsam weiter, seine Gedanken mit dem beschäftigt, was sich seinen Augen bot. Seine Schritte wurden von dem dichten Rasen gedämpft. Er blieb vor einem großen Bogenfenster und dem halbkreisförmigen Blumenbeet stehen, das sich davor ausdehnte.

Gleich hinter der Lady, die ein feines, im Wind wehendes Musselinkleid trug, das mit Blütenzweigen bestickt war, und die sich bückte und etwas in dem Blumenbeet suchte.

»Du könntest ruhig helfen.« Patience Debbington blies sich die Locken aus dem Gesicht, die über ihre Augen fielen, und sah Myst, ihre Katze, mit gerunzelter Stirn an, die in dem Unkraut saß und einen rätselhaften Ausdruck auf ihrem unbeweglichen Gesicht zeigte. »Es muss hier irgendwo...