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Im Tod vereint - Roman

J.D. Robb

 

Verlag Blanvalet, 2010

ISBN 9783641040345 , 576 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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9,99 EUR


 

Prolog
Der Tod war noch zu gut für ihn.
Schließlich stellte der Tod ein Ende, ja sogar eine Art Befreiung dar. Er würde zur Hölle fahren, und dort würde er ewig Qualen leiden, das stand für sie fest. Und das wünschte sie ihm auch, nur eben nicht sofort. Erst sollte er dort leiden, wo sie es mit eigenen Augen sähe.
Dieser verlogene, heuchlerische Hurensohn! Er sollte winseln, betteln und auf dem Boden kriechen wie die Ratte, die er war. Er sollte wie ein Mädchen schreien. Sie wollte seinen betrügerischen Schwanz zusammenknoten, während er um die Gnade flehte, die von ihr nicht zu erwarten war.
Sie wollte sein schönes, verlogenes Gesicht mit ihren Fäusten bearbeiten, bis nur noch eine eitrige, weiche Masse aus Blut und Knochen davon übrig war.
Dann, erst dann, dürfte der schwanz- und gesichtslose Bastard sterben. Einen langsamen, schmerzlichen, qualvollen Tod.
Niemand, niemand betrog Reva Ewing.
Sie musste den Wagen auf die Standspur der Queensboro-Brücke lenken und dort halten, bis sie wieder ruhig genug zum Fahren war. Weil jemand sie betrogen hatte. Der Mann, den sie geliebt, geheiratet und dem ihr uneingeschränktes Vertrauen gegolten hatte, trieb es – genau in diesem Augenblick – mit einer anderen Frau.
Berührte eine andere, küsste eine andere, trieb eine andere dadurch in den Wahnsinn, dass er seine straffen, betrügerischen Lippen, seine cleveren, unehrlichen Hände über ihren Körper gleiten ließ.
Nicht irgendeine andere. Sondern eine Freundin. Einen anderen Menschen, den sie geliebt, dem sie vertraut, an den sie geglaubt, auf den sie sich verlassen hatte.
Es machte sie nicht nur wütend, und es war nicht nur schmerzlich, dass ihr Mann und ihre Freundin direkt vor ihrer Nase ein Verhältnis miteinander hatten. Es war vielmehr beschämend zu entdecken, dass sie dem uralten Klischee der betrogenen Ehefrau, des ahnungslosen Dummkopfes entsprach, der niemals argwöhnisch geworden war, wenn ihr Mann behauptet hatte, er müsste länger arbeiten, er hätte noch ein Geschäftsessen mit einem Kunden oder er müsste für ein paar Tage fort, um einen Auftrag unter Dach und Fach zu bringen oder eine Arbeit persönlich zu überbringen.
Unglaublich, dachte Reva, während der Verkehr an ihr vorüberzog, dass ausgerechnet sie so leicht zu täuschen gewesen war. Verdammt, schließlich war sie Sicherheitsexpertin. Schließlich hatte sie vor ihrem Wechsel in die Privatwirtschaft fünf Jahre beim Geheimdienst zugebracht und während dieser Zeit eine Präsidentin bewacht. Wo waren ihre Instinkte, ihre Augen, ihre Ohren nur gewesen, als es um ihren eigenen Mann gegangen war?
Wie hatte Blair nur jeden Abend von einer anderen Frau zu ihr nach Hause kommen können, ohne dass ihr etwas aufgefallen war?
Sie hatte ihn ganz einfach geliebt, gestand sich Reva widerwillig ein. Der Gedanke, dass ein Mann wie Blair – ein so gut aussehender, weltgewandter Mensch – sie liebte und begehrte, hatte sie anscheinend nicht nur überglücklich, sondern gleichzeitig blind und taub gemacht.
Er war so attraktiv, so talentiert, so klug. Ein eleganter Bohemien mit einem mörderischen Lächeln, seidig weichem, dunklem Haar und Augen wie Smaragden. Als er sie zum ersten Mal aus diesen leuchtend grünen Augen angesehen hatte, war es bereits um sie geschehen. Sechs Monate später waren sie verheiratet gewesen und hatten in dem großen, abgeschiedenen Haus in Queens gelebt.
Zwei Jahre, dachte sie, zwei Jahre lang hatte sie ihm alles gegeben, was sie hatte, hatte alles, was sie war, mit ihm geteilt, hatte ihn abgöttisch geliebt. Während sie von ihm zur Närrin gemacht worden war.
Nun, jetzt würde er dafür bezahlen. Sie wischte sich die Tränen von den Wangen und ersetzte das Gefühl der Scham durch glühend heißen Zorn. Jetzt würde sie Blair Bissel zeigen, dass sie eine echte Powerfrau und kein naives Dummchen war.
Sie lenkte ihren Wagen wieder auf die Straße und setzte ihren Weg in die Upper East Side von Manhattan fort.
Die ehebrecherische Schlampe, wie Reva ihre bisherige Freundin Felicity Kade inzwischen nannte, lebte in einem wunderbar umgebauten Sandsteinhaus am nördlichen Rand des Central Park. Statt sich daran zu erinnern, wie oft sie auf Partys, zu zwanglosen Abendessen oder zu Felicitys berühmten sonntäglichen Brunches hier gewesen war, konzentrierte Reva sich vollkommen auf das Sicherheitssystem.
Es war wirklich gut. Felicity sammelte Kunst, hütete ihre Sammlung wie ein Hund einen dicken Knochen, und hatte vor drei Jahren ein Alarmsystem in dem Gebäude installieren lassen, an dessen Entwicklung Reva maßgeblich beteiligt gewesen war.
Nur ein Experte käme hier herein, und selbst wenn es ihm gelänge, sich Zugang zu verschaffen, würde ihm im Inneren des Hauses das Leben durch diverse Backup- und zusätzliche Sicherheitssysteme schwer gemacht.
Eine Frau jedoch, die alles andere als schlecht damit verdiente, dass sie derartige Systeme auf Schwachstellen überprüfte, täte immer irgendeine, wenn auch noch so kleine Lücke auf. Sie hatte zwei Störsender, einen aufgemotzten Handcomputer, einen verbotenen Generalschlüssel und einen Stunner in der Tasche, den sie Blair in die Eier rammen würde.
Was sie dann weiter täte, wusste sie noch nicht genau. Das entschiede sie spontan.
Sie nahm die Tasche mit dem Werkzeug vom Rücksitz ihres Wagens, schob sich den Stunner in die Gesäßtasche von ihrer Jeans und marschierte durch die laue Septembernacht entschlossen auf die Haustür zu.
Im Gehen schaltete sie den ersten Störsender ein und wusste, sobald er an das externe Schaltbrett angeschlossen wäre, hätte sie dreißig Sekunden Zeit. Zahlen blitzten auf dem Display des Handgeräts und ihr Herz begann zu rasen. Drei Sekunden vor Ausbruch des Alarms hatte der Störsender den Zahlencode geknackt. Sie atmete erleichtert auf und blickte in Richtung der dunklen Fenster des Schlafzimmers im ersten Stock.
»Macht ihr beide nur schön weiter«, murmelte sie leise und nahm den zweiten Störsender in Betrieb. »Ich brauche hier unten nur noch ein paar Minuten. Dann geht die Party richtig los.«
Sie hörte, dass hinter ihr ein Wagen die Straße heruntergefahren kam, und fluchte, als er plötzlich hielt. Ein schneller Blick über die Schulter zeigte ihr ein Taxi, aus dem ein lachendes Paar in Abendgarderobe stieg. Reva drückte sich im Dunkeln an die Wand.
Mit einem Minibohrer schraubte sie den Handscanner neben der Haustür auf und merkte, dass der Hausdroide selbst die winzig kleinen Schrauben wöchentlich zu putzen schien.
Mit einem haarfeinen Draht schloss sie ihren Handcomputer an den Scanner an, wartete mit angehaltenem Atem, dass das grüne Lämpchen zu blinken begann, schraubte den Deckel wieder fest und schloss den zweiten Störsender an den Stimmdekoder an.
Es dauerte fast zwei Minuten, um das Ding zurückzuspulen, aber neben ihrem Zorn wogte Erregung in ihr auf, als endlich die Stimme ihrer Freundin an ihre Ohren drang.
August Rembrandt.
Angesichts des Passworts verzog Reva verächtlich das Gesicht.
Jetzt brauchte sie nur noch die geklonten Zahlen einzugeben und mit ihrem Werkzeug das letzte, manuelle Schloss zu öffnen, und schon wäre sie im Haus.
Sie glitt in den Flur, machte die Tür wieder hinter sich zu und schaltete gewohnheitsmäßig die Alarmanlage wieder ein.
Da sie davon ausging, dass jeden Augenblick der Hausdroide auf der Bildfläche erschiene, nahm sie ihren Stunner in die Hand. Natürlich würde er sie erkennen, und das gäbe ihr gerade genügend Zeit, um seine Sicherungen durchbrennen zu lassen, damit sie ungehindert weiterkam.
Aber es blieb alles still, kein Droide kam in das Foyer. Dann hatten sie ihn also für den Rest des Abends ausgeschaltet. Damit sie noch ungestörter wären, dachte sie erbost.
Sie roch den Duft der Rosen, die immer auf dem Tisch in der Eingangshalle standen – pinkfarbene Rosen, jede Woche frisch. Eine kleine Lampe stand direkt neben der Vase, Reva aber hätte gar kein Licht gebraucht. Sie wusste ganz genau, wohin sie wollte, und marschierte direkt auf die Treppe zu, über die man in die obere Etage kam.
Oben angekommen sah sie etwas, das ihren Zorn noch größer werden ließ. Achtlos über dem Geländer hing Blairs leichte Lederjacke. Die Jacke, die er im letzten Frühjahr von ihr zum Geburtstag bekommen hatte. Die Jacke, die er noch heute Morgen lässig mit zwei Fingern über seine Schulter gehängt hatte, als er ihr einen liebevollen Abschiedskuss gegeben und gesagt hatte, wie sehr er sie vermissen würde, und wie schrecklich er es fände, wegen der Geschäftsreise auch nur für kurze Zeit von ihr getrennt zu sein.
Reva nahm die Jacke vom Geländer und hob sie an ihr Gesicht. Sie konnte ihn in dieser Jacke riechen, und der vertraute Duft rief außer neuerlicher Wut ein Gefühl der Trauer in ihr wach.
Um die Trauer zu verdrängen, nahm sie eins der Werkzeuge aus ihrer Tasche, schnitt das teure Leder lautlos in dünne Fetzen, warf diese auf den Boden und trampelte noch kurz darauf herum.
Mit vor Zorn gerötetem Gesicht stellte sie ihre Tasche ab und nahm abermals den Stunner in die Hand.
Als sie sich dem Schlafzimmer näherte, sah sie durch die halb offene Tür warm flackerndes Licht. Kerzen, die sie bis hier draußen riechen konnte,...