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Die Geheimnisse des Nicholas Flamel - Der dunkle Magier - Band 2 - Eine abenteuerliche Jagd nach den Geheimnissen des berühmtesten Alchemisten aller Zeiten
Michael Scott
Verlag cbj Kinder- & Jugendbücher, 2010
ISBN 9783641041144 , 512 Seiten
Format ePUB
Kopierschutz Wasserzeichen
"Kapitel Vierundzwanzig (S. 171-172)
Dr. John Dee knipste das Licht aus und trat von dem riesigen Schlafzimmer auf den Balkon. Er legte die Unterarme auf das Metallgeländer und blickte über die Dächer von Paris. Es hatte geregnet, die Luft war feucht und kalt, und der modrige Geruch der Seine, vermischt mit Abgasen, stieg zu ihm auf. Er hasste Paris. Das war nicht immer so gewesen. Früher einmal war ihm Paris von allen Städten Europas die liebste gewesen, angefüllt mit den schönsten und außergewöhnlichsten Erinnerungen. Schließlich war er in dieser Stadt unsterblich geworden. In einem Verlies tief unter der Bastille, der Gefängnisfestung, hatte die Krähengöttin ihn zu dem Älteren gebracht, der ihm als Gegenleistung für bedingungslose Loyalität Unsterblichkeit zugesichert hatte.
Dr. John Dee hatte für die Älteren gearbeitet, für sie spioniert und viele gefährliche Missionen in zahllosen Schattenreichen erfüllt. Er hatte gegen Armeen von Toten und Untoten gekämpft, Monster durch unwirtliches Ödland verfolgt und einige der wertvollsten magischen Gegenstände gestohlen, die einem ganzen Dutzend Zivilisationen heilig waren. Mit der Zeit war er für die Dunklen des Älteren Geschlechts zum Helden geworden. Nichts war unmöglich für ihn, keine Mission zu schwierig … solange es nicht um die Flamels ging. An dem Auftrag, Nicholas und Perenelle Flamel in seine Gewalt zu bringen, war der englische Magier gescheitert, immer wieder und mehrmals in genau dieser Stadt. Wie es die Flamels geschafft hatten, ihm immer wieder zu entwischen, blieb eines der größten Geheimnisse seines langen Lebens. Er hatte eine ganze Armee menschlicher und un menschlicher Agenten unter sich; er konnte die Vögel des Himmels für seine Zwecke einsetzen und Ratten, Katzen und Hunden Befehle erteilen.
Doch seit über vierhundert Jahren entzogen sich die Flamels seinem Zugriff, zuerst hier in Paris, dann in ganz Europa und schließlich in Amerika. Immer waren sie ihm einen Schritt voraus, verließen die Stadt oft erst wenige Stunden, bevor er eintraf. Es war fast, als würden sie gewarnt. Doch das war natürlich ausgeschlossen. Der Magier weihte niemanden in seine Pläne ein. Im Zimmer hinter ihm wurde eine Tür geöffnet und wieder geschlossen. Dee blähte die Nasenflügel auf, ein Hauch von modriger Schlange wehte ihn an. »Guten Abend, Niccolò«, sagte Dee, ohne sich umzudrehen.
»Willkommen in Paris.« Niccolò Machiavelli sprach lateinisch mit italienischem Akzent. »Ich darf davon ausgehen, dass du einen guten Flug hattest und das Zimmer deinen Vorstellungen entspricht?« Machiavelli hatte dafür gesorgt, dass Dee am Flughafen abgeholt und mit Polizeieskorte zu seinem großen Stadthaus am Place du Canada gebracht worden war. »Wo sind sie?« Es war unhöflich, wie Dee die Frage seines Gastgebers überging und seine Autorität herausstellte. Machiavelli trat zu Dee auf den Balkon und stellte sich neben ihn. Da er seinen Anzug nicht an der Metallbrüstung beschmutzen wollte, legte er die Hände auf den Rücken. Die beiden Männer hätten unterschiedlicher nicht sein können: hier der hochgewachsene, elegante, frisch rasierte Italiener mit dem kurz geschorenen weißen Haar, dort der kleine Engländer mit dem kantigen Gesicht, dem Spitzbart und dem zu einem Pferdeschwanz straff zurückgekämmten grauen Haar."