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Die Ego-AG - Überleben in der Betrüger-Wirtschaft

Günter Ogger

 

Verlag C. Bertelsmann, 2005

ISBN 9783894807917 , 239 Seiten

Format ePUB, OL

Kopierschutz Wasserzeichen

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9,99 EUR

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  • Bleib cool, Papa - Guter Rat für viel beschäftigte Väter
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    Innovation und Information
    Psychologie des Wissensmanagements
    Elfenkind - Ein Vampir auf der Suche nach der Wahrheit. Und ein Elfenkind, das den Schlüssel zu allem in sich trägt ...
    Alphavampir (Alpha Band 2) - Fortsetzung der Paranormal Romance um eine Gruppe Gestaltwandler
 

 

Die Betrüger-Ökonomie

Wenn der Kanzler und seine Partei vor den Wahlen Steuererhöhungen für tabu erklären und sich wenige Tage danach nicht mehr an ihr Versprechen erinnern, dann ist das natürlich keine »Steuerlüge«, sondern ausgleichende Gerechtigkeit in schwierigen Zeiten.
Wenn die Deutsche Telekom tausenden Kunden immer wieder überhöhte Rechnungen ins Haus schickt, dann handelt es sich dabei selbstverständlich um »ein Versehen«.
Wenn Gastronomen und Hoteliers, Einzelhändler und Handwerker die Einführung des Euro zu unverschämten Preiserhöhungen nutzen, dann können das logischerweise stets nur einzelne »schwarze Schafe« sein, die das Ansehen ihrer Zunft schädigen.
Wenn kopfstarke Strukturvertriebe im Verein mit gewissenlosen Bankern hunderttausenden Bundesbürgern Schrott-Immobilien zu völlig überzogenen Preisen andrehen, dann handeln sie selbstverständlich nur »marktgerecht«.
Wenn Chirurgen gebrauchte Herzklappen implantieren und dafür den Neupreis berechnen und Hunderte ihrer Kollegen bei den Krankenkassen Leistungen abrechnen, die sie nie erbracht haben, dann beklagen wir allenfalls das »mangelnde Kostenbewusstein im Gesundheitswesen«.
Wenn der Frankfurter Oberstaatsanwalt Wolfgang Schaupensteiner Dutzende Beamte und Angestellte in den Baubehörden von »Mainhattan« der Korruption überführt, dann ist das auch nur wieder ein ganz normaler »Reinigungsprozess« innerhalb eines ansonsten hervorragend funktionierenden öffentlichen Dienstes.
Wenn die Vorstände von Konzernen wie Daimler-Chrysler, Deutsche Bank oder Deutsche Telekom ihre ohnehin üppigen Millionengehälter zweistellig aufbessern, während sie das Vermögen der Aktionäre ruinieren und tausende Mitarbeiter auf die Straße setzen, dann sprechen wir vornehm von der Notwendigkeit einer »wettbewerbsfähigen Vergütungsstruktur«.

Der schnelle Deal, das krumme Geschäft...

Wir haben uns daran gewöhnt, die täglichen Meldungen aus Politik und Wirtschaft mit den Augen eines Kindes zu betrachten, das Lesen lernte, als die Welt noch in Ordnung war. Unser Wahrnehmungsapparat stammt aus einer Zeit, als man noch zwischen Gut und Böse unterschied; einer Zeit, die zwar auch Ungerechtigkeiten, Neid und Zwietracht kannte, in der aber jeder sein gerechtes Auskommen fand.
Diese Zeit, wir ahnen es, ist passé. Ob aus Gewohnheit oder aus Sentimentalität aber halten wir an der Fiktion fest, dass es, allen Krisen zum Trotz, im Erwerbsleben eben doch gerecht zugehe. Dass jeder den seinen Talenten und Fähigkeiten entsprechenden Platz finde, wenn er sich nur hinreichend qualifizierte und anstrengte.
Weil wir davon ausgehen, dass die Wirtschaft alles in allem ganz in Ordnung sei, filtern wir den Jahr für Jahr anschwellenden Strom schlechter Nachrichten so lange, bis er sich in einer Vielzahl handlicher »Einzelfälle« auflöst. Beharrlich weigern wir uns, zur Kenntnis zu nehmen, dass schon die schiere Menge der Bestechungs- und Betrugs-Skandale ausreicht, den Gesamtzustand des Wirtschaftsgeschehens infrage zu stellen. Vernünftigerweise müsste man nämlich unterstellen, dass die bekannt gewordenen Fälle ohnehin nur die Spitze eines Eisbergs bilden, denn aufgedeckt wurden sie in der Regel ja mehr oder weniger zufällig.
Aber weil die Verursacher all dieser Pleiten-, Pech- und Pannen-Fälle so viele gute Gründe für ihr Versagen anführen, haben wir es längst aufgegeben, sie zur Rechenschaft zu ziehen. Wer will heute noch an die geheimen Spender des Altkanzlers Helmut Kohl erinnert werden, wen interessieren die Leuna-Akten, wen die Schuldigen der BSE- und Nitrofen-Skandale, wen die Urheber all der anderen Affären, mit denen uns die Medien täglich überfüttern? Ja, wir interessieren uns im Grunde nicht mal mehr für die Ursachen des jämmerlichen Zustands unseres Gemeinwesens, solange er uns nicht persönlich trifft. Wir haben uns einlullen lassen von der gut geölten Propagandamaschinerie der Parteien und Ministerien, der Unternehmen und Verbände und übersehen den tief greifenden Wandel, den das Wirtschaftsleben in den letzten Jahren durchgemacht hat.
Das Gift im Öko-Weizen, die Steuerflucht der Konzerne, der Betrug an der Börse, die gefälschten Bilanzen, der Spendensumpf in der Kölner SPD, die flächendeckende Korruption, die endlose Pleitewelle - all das nehmen wir nur am Rande wahr, als zwar bedauerliche, aber unvermeidliche Betriebsunfälle einer im Kern gesunden Wettbewerbsgesellschaft. Ein Irrtum, wie sich noch zeigen wird.
In Wahrheit nämlich ist die Kriminalisierung unseres Wirtschafts- und Polit-Systems schon so weit fortgeschritten, dass korrektes Verhalten bereits als Ausnahme gelten darf. Unaufhaltsam hat sich die soziale Marktwirtschaft Ludwig Erhards weiterentwickelt zur höchst unsozialen Machtwirtschaft. Jeder nimmt, was er kriegen kann, und behält, was er geben sollte. Hier herrscht kein fairer und offener Wettbewerb, sondern das Diktat der Dunkelmänner und das Recht des Stärkeren. Nicht mehr der Austausch reeller Waren und Dienstleistungen ist das Ziel des ökonomischen Prozesses, sondern die leistungslose Bereicherung. Der schnelle Deal, das krumme Geschäft, der große Reibach - das ist es, wovon mittlerweile allzu viele Unternehmer und Manager träumen.
Galt früher die Gründung eines eigenen Unternehmens, der Aufbau einer Kanzlei oder Praxis oder wenigstens die Karriere in einem renommierten Konzern als höchstes aller Berufsziele, so haben jetzt der millionenschwere Börsencoup, das schnelle Provisionsgeschäft, der elegante Steuerbetrug den größeren Reiz.
Beschleunigt wurde der Verfall der Sitten vom Siegeszug des amerikanischen Turbokapitalismus. Wall Street war zu Beginn der 90er-Jahre angetreten, die Wirtschaft zu reformieren. Gebieterisch forderten Banken und Pensionsfonds, Sparer und Investoren höhere Renditen für ihr Kapital, und um ihre Interessen durchzusetzen, schlossen sie einen verhängnisvollen Pakt mit den angestellten Managern der Publikumsgesellschaften: Wenn sie den Aktienkurs in die Höhe trieben, so versprachen sie den Firmenlenkern, dürften diese teilhaben am großen Geldsegen.
Das war nicht nur der Beginn einer beispiellosen Börsenhausse, sondern auch der Anfang dessen, was wir als »Globalisierung« oder »Turbokapitalismus« fürchten. Der »Spiegel« verstieg sich in einer Titelgeschichte gar zu dem romantischverklärenden Begriff »Raubtier-Kapitalismus«. Inzwischen wissen wir, dass es sich eher um eine Betrüger-Ökonomie handelt. Der Turboantrieb der amerikanischen Volkswirtschaft bestand zu einem großen Teil aus falschen Zahlen, und die Raubtiere entpuppten sich als gewöhnliche Kriminelle.
Bevor der Schwindel aufflog, verbreitete die vorgebliche »Shareholder Revolt« jedoch Angst und Schrecken. Überall auf dem Globus kopierten die Wirtschaftsbosse das amerikanische Erfolgsmodell. Die Firmen organisierten sich neu, sortierten ihr Portefeuille, entließen massenhaft Personal und versuchten mit aller Gewalt die Renditen zu steigern. »Ich kenne nur ein Ziel: Profit, Profit, Profit«, verkündete im fernen Deutschland Daimler-Benz-Vorsteher Jürgen Schrempp, und sein Managerkollege Jürgen Dormann fand nichts dabei, um dieses Ziels willen den hundertjährigen Chemiekonzern Hoechst zu zerschlagen.
An der Börse freilich stiegen die Kurse noch schneller als die Gewinne der Unternehmen, und so baute sich allmählich eine gewaltige Spekulationsblase auf.