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Krisenintervention

Margret Dross

 

Verlag Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG, 2001

ISBN 9783840911552 , 96 Seiten

Format PDF, OL

Kopierschutz Wasserzeichen

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17,99 EUR

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2 Krisenkonzepte2.1 Historischer Ausgangspunkt:
Lindemann und Caplan Die Konzepte der Pioniere der Krisenintervention Lindemann (1944) und Caplan (1964) sind bis heute, z.T. unkritisch übernommen, wirksam (Fiedler 1988). Lindemann unterschied zwischen normaler Trauerarbeit und pathologischen Trauerreaktionen infolge von unterbliebener Trauerarbeit nach traumatischen Ereignissen. Im Anschluss daran postuliert man traumatische Krisen mit den regelhaften Phasen von Schock, Reaktion, Bearbeitung und Neuorientierung, wobei es bei nicht geglückter Bearbeitung zu Pathologie und Chronifizierung kommen könne. Von traumatischen Krisen unterscheidet man im Rückgriff auf Caplan Veränderungskrisen als vorübergehende Ungleichgewichte zwischen bedeutungsvollen Problemen und zur Problembewältigung verfügbaren Ressourcen, also Übergangsperioden, die für das Individuum die Chancen zur Persönlichkeitsentfaltung wie die Gefahr erhöhter Anfälligkeit für Störungen enthalten. Für Veränderungskrisen wird ein Phasenverlauf von Konfrontation, Versagen, Mobilisierung und Vollbild der Krise beschrieben, der in der Wiederherstellung der Homöostase bzw. positiver oder negativer Fortentwicklung enden könne. Krisen wären somit Weichenstellungen zwischen gesunder und kranker Entwicklung; rechtzeitige erfolgreiche Intervention diene der Prävention von Störungen. Das Ziel der von Lindemann und Caplan mitinitiierten Mental-Health-Bewegung galt der möglichst frühzeitigen Bearbeitung von Krisen in gemeindenahen Kriseninterventionszentren. Dies wird als sekundäre Prävention verstanden im Unterschied zu primärer Prävention, die durch gesellschaftliche Organisation primär förderlicher ökonomischer, sozialer und struktureller Bedingungen geschieht.

Die mit den Forschungen von Lindemann und Caplan aufgeworfenen Probleme des "Übergangs" von Normalität in Störung sind bis heute nicht befriedigend beantwortet, ihre präventiven Postulate nicht eingelöst und wahrscheinlich in der angenommenen Verallgemeinerung auch nicht realisierbar. Auch die Regelhaftigkeit der von Lindemann und Caplan beschriebenen Phasenverläufe lässt sich empirisch nicht belegen. Diese Verläufe beschreiben allenfalls heuristisch nützliche idealtypische Durchgangsstadien von Krisen. Tatsächlich werden diese Phasen zirkel- und spiralförmig immer wieder durchlaufen - mit diversen möglichen Ausgängen (Ulich et al., 1985).

Übrigens wird immer noch die Krisendauer von 6 bis 8 Wochen als angeblich normal tradiert, was zu ganz unangemessenen Bewertungen führt, z.B. für die Dauer von normaler Trauer. Denn Menschen reagieren auf extern ähnliche Anlässe sehr vielfältig, mit erheblichen interindividuellen und im Verlauf eines Lebens je nach Bereich auch intraindividuellen Unterschieden.

2.2 Phasen- und aufgabenbezogene Konzepte

Bis heute wird für das Verständnis von Krisen ein Modell benutzt, das auf das normativ- universelle Konzept Eriksons (1973) von Entwicklung als gelungener oder miss- lungener Bewältigung von stadienspezifischen Entwicklungskrisen zurückgeht. Dies geschieht vor allem, wenn zwischen akzidenziellen, nicht antizipierbaren Krisen und Entwicklungskrisen unterschieden wird und wenn z. B. Adoleszenzkrisen als Gefährdungen einer gelungenen Identitätsfindung interpretiert werden.

Auch Havighurst (1948) strukturierte den Lebenslauf als eine Abfolge von Problemlösungen für Entwicklungsaufgaben, die er allerdings stärker gesellschaftlich-normativ bestimmt sah. Entwicklungskrisen würden danach dann auftreten, wenn solche Aufgaben anstehen, die sich sowohl an persönlichen Zielen wie an gesellschaftlichen Erwartungen gemessen mehr oder weniger gelungen meistern lassen.

2.3 Das Zweifaktorenkonzept der Bewältigung von Entwicklungsproblemen
Im Anschluß an Piaget (1981) unterscheidet man - bei bedeutsamen Ist-Soll-Diskrepanzen zwischen wichtigen Lebenszielen und selbsteingeschätzten Handlungsmöglichkeiten - assimilierende und akkomodierende Bewältigungsprozesse (Rothermund & Brandstätter, 1997). Sie setzen erst dann ein, wenn der Widerspruch zwischen Anspruch und Realität so groß wird, dass er durch implizite Immunisierungen nicht mehr abgewehrt werden kann.

Assimilierende Bewältigungsvorgänge sind aktive Veränderungsanstrengungen auf der Ist-Seite; das Ziel wird mehr oder weniger beibehalten. In der akkomodierenden Bewältigung dagegen korrigiert das Individuum teils bewusst, teils auf nicht intentionale Weise die ursprünglichen Ziele und passt sie an die als nicht veränderbar erlebte Realität an; es setzt sein Anspruchsniveau herab, ersetzt bisherige Ziele durch andere, sieht im Verlust einen Sinn. Akkomodierende Bewältigung hat vor allem bei faktisch irreversiblen Verlusten und als unbeeinflussbar eingeschätzten Gegebenheiten Vorrang, Situationen also, in denen ein unflexibles Festhalten an bisherigen Ansprüchen zu überdauernder Verstimmung führen muss. Das Konzept der akkomodierenden Bewältigung betont zudem die Bedeutung nicht intentionaler, adaptiver Prozesse bei der Meisterung von lebensverändernden Ereignissen.

2.4 Das Konzept der kritischen Lebensereignisse
Die Erforschung kritischer Lebensereignisse (Filipp, 1993) befasst sich mit den Folgen von Einschnitten im Lebenslauf, die die Bewältigung von Verlusten und Neuanpassungen erfordern. Solche Einschnitte sind z.B. Scheidungen, Ortswechsel, Arbeitslosigkeit, Victimisierungen, schwere Erkrankungen und Behinderungen. Da sich kritische Lebensereignisse gehäuft im Vorfeld psychischer Störungen auffinden lassen, geht es der Life-event-Forschung vor allem um den Beitrag von belastenden Lebensereignissen zur Voraussagbarkeit physischer und psychischer Störungen.