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Referendare erfolgreich coachen - Coaching-Werkzeuge speziell für die Lehrerausbildung (Alle Klassenstufen)

Udo Kliebisch

 

Verlag scolix, 2012

ISBN 9783403700616 , 192 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz frei

Geräte

18,99 EUR


 

Beratung – ein Problem der Vielfalt


 

Wohin wollen wir? Wir wollen verstehen, was Coaching ist. Intuitiv wissen wir: Coaching ist eine Art der Beratung, nur eben doch etwas anderes als Beratung, irgendwie auch mehr als Beratung. Wie können wir uns dem Phänomen nähern? Denn: Eine Abgrenzung von Beratung gegenüber Coaching ist in bestimmten Bereichen tatsächlich schwierig. Schon Beratung kann vieles sein, manchmal mehr, als man glaubt und dem Begriff guttut. Die Onlineenzyklopädie Wikipedia nennt zum Stichwort Beratung etwa vierzig Unterkategorien, darunter so Verschiedenes wie Seelsorge, Schuldnerberatung, Feng-Shui- oder Berufsberatung, aber auch Coaching und systemisches Coaching. Beratung spielt scheinbar in allen Lebensbereichen eine Rolle; Beratung kann damit auch so ziemlich alles sein. 

Fazit: Kaum ein Leser des Wikipedia-Artikels weiß am Ende genau, was Beratung wirklich ist. Diese begriffliche Undifferenziertheit spiegelt sich auch in einer mehrdeutigen Verwendung des Beratungsbegriffs im Schulbereich. Beratung kann in der Schule in verschiedenen Kontexten auftreten:

  • Laufbahnberatung
  • Elternberatung
  • Sozialpsychologische Beratung
  • Lernberatung

 

 

Männchen mit Hinweisschildern © AirOne – Fotolia.com (#27435329)

 

Die unklare Verwendung des Begriffs Beratung zeigt sich vor allem in der konkreten Umsetzung von Beratung in der Schule: Der Zugang zu Schülern oder Eltern wird unterschiedlich sein, je nachdem ob der Lehrer in erster Linie informiert wie bei der Laufbahnberatung oder aber mit Verhaltensfragen der Schüler zu tun hat wie bei einer sozialpsychologischen Beratung. Ein weiteres Problem: Was Beratung angeht, sind viele Lehrer eher Autodidakten. Weder das Lehramtsstudium noch das Referendariat sind Trainingsräume für Beratung, obwohl Beratung ein verpflichtender Bestandteil der Ausbildung ist. Um professionell zu beraten, reicht es aber nicht, wenn man hin und wieder Kollegen beim Beraten über die Schulter schaut. Trotzdem: Lehrer müssen beraten. Beraten ist eines der Handlungsfelder, die die Lehrertätigkeit ausmachen. 

 

Auch Seminarausbilder müssen beraten, zum Beispiel im Anschluss an Unterrichtsbesuche, die sie bei Referendaren durchführen. Man spricht von Ausbildungsberatung und meint damit so Unterschiedliches wie:

  • anleiten
  • beurteilen
  • beraten (im engeren Sinn)
  • unterstützen
  • Feedback geben

Man sieht: Ausbildungsberatung ist stets eine Kombination aus Prozess- und Expertenberatung. Zum einen soll sie den Prozess der Professionalisierung der Referendare unterstützen, zum anderen kann das nur gelingen, wenn Ausbilder neben Grundlagenwissen auch ihr Expertenwissen an die Referendare weitergeben. Dieses Weitergeben kann natürlich auch durch Anregungen geschehen, die die Referendare selbstständig umsetzen sollen.

 

Wissen wir jetzt mehr darüber, was Beratung eigentlich ist, was Beratung in der zweiten Phase der Lehrerausbildung grundsätzlich bedeutet? Der Facettenreichtum bleibt! Ausbilder, die Referendare beraten, sollen gleichzeitig mehrere Funktionen ausüben: So sollen sie beraten und gleichzeitig beurteilen. Sie sollen unterstützen und zugleich anleiten. Zum Teil schließen sich die Rollen aus, die damit durchscheinen. Wie also ist Beratung bei Themen möglich, die die Referendare persönlich betreffen, ohne dass der Berater in einen Rollenkonflikt gerät? Welcher Referendar wird über sich als Person sprechen, wenn er weiß, dass der Seminarausbilder ihn auch beurteilen muss? Die Gefahr dieses Dilemmas: Ausbildungsberatung wird mehr und mehr zur Expertenberatung, bei der sich Fachleiter und Referendar auf „die Sache” zurückziehen. Prozessberatung retardiert zur punktuellen Betrachtung von Phänomenen. Persönlichkeitsentwicklung: Fehlanzeige! 

 

Licht ins Beratungsdunkel zu bringen heißt auch, sich nicht allein auf Vorgegebenes zu verlassen. Was bedeutet Ausbildungsberatung? Das ist die falsche Frage! Eine eindeutige Definition für Beratung im Vorbereitungsdienst lässt sich nicht finden. 

Was ist mein Verständnis von Ausbildungsberatung? So muss die Frage für Seminarausbilder lauten– und dann kann man sie auch beantworten. Und diese Antwort wird uns helfen zu klären, was Coaching von Ausbildungsberatung unterscheidet.

Ausbildungsberatung – eine Annäherung


 

Ausbildungsberatung ist ein zielführender Prozess. Dieser Prozess hat die gesamte Ausbildung der Referendare im Blick. Beratungsgespräche sind Kommunikationsprozesse, die der Seminarausbilder gestaltet. Dabei greift er im besten Fall auf Grundlagen zurück, die er sich selbst angeeignet hat. So kennt er vielleicht die eine oder andere psychologische Schule: Das Konzept von Rogers beispielsweise, das in der Beratung große Bedeutung gewonnen hat. Vielleicht weiß er aber auch einiges über das Neurolinguistische Programmieren (NLP), kennt Werkzeuge, die dieses Konzept bereithält. Oder Fachleiter wissen schon etwas über lösungsorientierte oder systemische Ansätze von Beratung. Zudem greifen Ausbilder (bewusst oder intuitiv) auf Gesprächstechniken zurück: Von aktivem Zuhören zum Beispiel haben manche gehört und können es anwenden.

 

 

Lesetipps
Kliebisch / Meloefski 2011a

 

 

Ausbildungsberatung basiert vor allem auf Unterrichtsbesuchen, die die Referendare während des Vorbereitungsdienstes durchführen. Unterrichtsbesuche bespricht man anschließend. Wer ist man? Natürlich nimmt an dieser Besprechung der Referendar teil, der den Unterricht gezeigt hat, aber auch der Seminarausbilder, der das entsprechende Unterrichtsfach vertritt (Fachleiter). An Unterrichtsnachbesprechungen können weitere Personen teilnehmen, die ein dienstliches Interesse daran haben:

  • Ausbildungslehrer
  • Schulleiter
  • Ausbildungsbeauftragte
  • andere Referendare

 

Die Teilnahme weiterer Personen an einer Nachbesprechung von Unterricht hat unterschiedliche Ziele, die von der Stellung der Personen im System abhängig sind:

  • Kooperation zwischen Schule und den Zentren für schulpraktische Lehrerausbildung ist wichtig.
  • Kooperation der Referendare untereinander ist wünschenswert.
  • Multiplikation von Expertenwissen erleichtert und beschleunigt Ausbildungsprozesse.

 

 

People talking © AirOne – Fotolia.com (#28142737)

 

Diese Ziele sind auf einer pragmatischen Ebene angesiedelt; sie fragen nicht primär nach dem Nutzen für den Referendar, der im Mittelpunkt der Besprechung steht. Der dialogische Charakter einer Beratung wird durch die Teilnahme weiterer Personen aufgehoben. Dies führt zu Nachteilen, die den Beratungsverlauf behindern:

  • Aspekte: Vielen Personen fällt meist viel ein, auch Unwichtiges. Das Gebot der Partizipation führt aber dazu, dass meist alles sagbar wird, was gefällt.

Fazit für den betroffenen Referendar: Zu viele Beratungsaspekte!

  • Struktur: Nachbesprechungen unter Teilnahme weiterer Personen verlaufen meist unsystematisch; niemand der Beteiligten strukturiert den Verlauf. 

Fazit für den betroffenen Referendar: Diffuser Eindruck von vielem ohne klare Gewichtung! 

  • Verlauf: Bei der Teilnahme weiterer Personen an der Unterrichtsnachbesprechung wechseln die Gesprächsformen: In der einen Phase der Besprechung berät der Ausbilder den Referendar direkt (Dialog) und die übrigen Teilnehmer hören nur zu. In einer anderen Phase kann dies ganz anders sein: Mehrere Referendare diskutieren untereinander oder ein Ausbildungslehrer spricht mit dem Seminarausbilder. 

Fazit für den betroffenen Referendar: Kein klarer Ansprechpartner und keine klare Beratungssituation!

  • Zeitrahmen: Je mehr Personen an einer Beratung teilnehmen, desto länger dauern oft die Nachbesprechungen. Die Rücksicht auf die Beteiligten legt eine Toleranz nahe, wie sie auch bei Kamingesprächen üblich ist. Besprechungen, die länger als eine Stunde dauern, sind anstrengend und lernpsychologisch wenig wirksam. 

Fazit für den betroffenen Referendar: Geringe Effizienz– viel Zeiteinsatz, wenig Ergebnis!

  • Praxisnähe: Angesichts des Settings vieler Unterrichtsnachbesprechungen bleiben Anregungen, die Ausbilder geben, auf einer mittleren Ebene der Konkretion und Verbindlichkeit stecken. Erste Schritte, Handlungspläne und zeitnahe Feedbackschleifen sind meist nur Lippenbekenntnisse, wenn sie denn überhaupt vorkommen. 

Fazit für den betroffenen Referendar: Kompetenzentwicklung ausgebremst!

 

Was bedeutet das für die Ausbildungsberatung? Welche Mindestanforderungen sollten gelten?

  • Je strukturierter der Gesprächsverlauf, desto klarer das Ergebnis.
  • Je weniger Beteiligte, desto mehr Effizienz.
  • Je weniger Aspekte, desto größer der Lernerfolg.
  • Je konkreter die Hilfe, desto mehr Kompetenzzuwachs.
  • Je mehr kurze Feedbackschleifen, desto produktiver die Prozessbegleitung.
  • Je kürzer die Nachbesprechung, desto größer der Mehrwert für alle Beteiligten.

 

Ausbildungsberatung kann auch dann ineffizient sein, wenn diese Regeln eingehalten werden. Warum? Weil Seminarausbilder zu viel reden! Sie reden in erster Linie als Experten, sie stoßen daher weniger die Denk- und Handlungsprozesse der Referendare an. Klarer Fall:...