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Skulduggery Pleasant (Band 5) - Rebellion der Restanten

Derek Landy

 

Verlag Loewe Verlag, 2013

ISBN 9783732000746 , 512 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz DRM

Geräte

9,99 EUR


 

DER LÄCHELNDE
DETEKTIV

Weihnachten stand vor der Tür und mit Ausnahme eines Hauses brannten in dieser Vorortstraße von Dublin in sämtlichen Fenstern Lichter. Drei der ehrgeizigsten Nachbarn hatten ihre kleinen Vorgärten mit blinkenden Weihnachtsmännern und herumtollenden Rentieren bestückt und irgendein Idiot hatte sogar eine Lichterkette um den Laternenpfahl vor seinem Gartentor geschlungen. Schnee lag nicht, aber die Nacht war kalt und Frost überzog die Stadt wie Silberglitter.

Der große Wagen, der vor dem Haus ohne Lichter hielt, war ein 1954er Bentley R Continental, eines von lediglich 208 Exemplaren, die von diesem Typ je hergestellt worden waren. Es war eine Luxuskarosse, nachträglich mit den Annehmlichkeiten moderner Technik ausgestattet und auf die Bedürfnisse ihres Besitzers zugeschnitten. Sie war schnell, sie war stark und sollte jemand auch nur die allerwinzigste Beule ins Blech drücken, würde sie auf der Stelle auseinanderfallen.

Das jedenfalls hatte der Mechaniker gesagt. Er hatte schon so oft alles in seiner Macht Stehende getan, um den Wagen vor dem Schrotthändler zu bewahren – doch die nächste Beule, so hatte er prophezeit, wäre seine letzte. Sämtliche Tricks, die er angewandt hatte, um den Wagen am Laufen zu halten und wieder in Form zu biegen, würden dann gegen ihn arbeiten. Die Scheiben würden zerspringen und die Reifen platzen; die Karosserie würde brechen, der Rahmen sich verbiegen, der Motor würde den Geist aufgeben … Die einzige Möglichkeit, den Super-GAU zu vermeiden, hatte der Mechaniker gesagt, wäre, sicherzustellen, dass man nicht in dem Wagen saß, wenn all das eintraf.

Skulduggery Pleasant stieg als Erster aus. Er war groß und schlank, trug einen dunkelblauen Anzug und schwarze Handschuhe. Er hatte braunes, gelocktes Haar, hohe Wangenknochen und ein eckiges Kinn. Seine Haut wirkte etwas wächsern und sein Blick ging ruhelos hin und her, aber alles in allem war es ein recht gut geschnittenes Gesicht. Eines seiner besseren.

Walküre Unruh stieg auf der Beifahrerseite aus. Es war kalt und sie zog den Reißverschluss an ihrer schwarzen Jacke hoch, bevor sie mit Skulduggery zur Haustür ging. Sie schaute ihn von der Seite an und sah, dass er lächelte.

Sie seufzte. „Hör auf damit.“

„Womit soll ich aufhören?“, fragte Skulduggery mit seiner herrlich samtenen Stimme.

„Hör auf zu lächeln. Die Person, mit der wir reden wollen, wohnt im einzigen dunklen Haus in einer hell erleuchteten Straße. Das ist kein gutes Zeichen.“

„Mir war nicht bewusst, dass ich lächle“, entgegnete er.

Vor der Haustür blieben sie stehen und Skulduggery unternahm einen entschlossenen Versuch, seine Gesichtszüge neu zu arrangieren. Seine Mundwinkel glitten nach unten. „Lächle ich immer noch?“

„Nein.“

„Ausgezeichnet.“ Sofort war das Lächeln wieder da.

Walküre gab ihm seinen Hut. „Warum legst du das Gesicht nicht ab? Da drinnen brauchst du es nicht.“

„Du bist doch diejenige, die mir ständig predigt, wie viel Übung ich noch bräuchte“, konterte er, steckte aber trotzdem die Finger in den Hemdkragen und drückte auf die in sein Schlüsselbein eingeritzten Symbole. Gesicht und Haar verschwanden und zurück blieb ein glänzender Schädel.

Er setzte den Hut auf und rückte ihn in eine flotte Schieflage. „Besser?“, fragte er.

„Viel besser.“

„Gut.“ Er klopfte und zog dann seine Waffe. „Falls jemand fragt: Wir sind Sternsinger von der Gruselgruppe.“

Er summte Der gute König Wenceslas vor sich hin und klopfte noch einmal. Immer noch öffnete niemand und es ging auch kein Licht an.

„Wollen wir wetten, dass alle tot sind?“, fragte Walküre.

„Bist du nur unglaublich pessimistisch oder sagt dir das dieser Ring, den du da trägst?“

Der Totenbeschwörerring an ihrem Finger war kalt, aber nicht kälter als sonst. „Er sagt mir gar nichts. Ich kann den Tod durch ihn nur spüren, wenn ich praktisch direkt vor der Leiche stehe.“

„Was ihn zu einem überaus nützlichen Instrument macht, das muss ich schon sagen. Halte mal.“

Er gab ihr seine Pistole und kauerte sich hin, um das Schloss zu knacken. Walküre blickte sich um, doch niemand beobachtete sie.

„Es könnte eine Falle sein“, gab sie leise zu bedenken.

„Unwahrscheinlich“, flüsterte er zurück. „Fallen sind normalerweise etwas sehr Verlockendes.“

„Es könnte eine ganz bescheuerte Falle sein.“

„Diese Möglichkeit besteht immer.“

Das Schloss sprang mit einem Klicken auf. Skulduggery richtete sich auf, steckte seinen Dietrich weg und nahm seine Pistole wieder an sich.

„Ich brauche auch eine Waffe“, murmelte Walküre.

„Du beherrschst die Elementemagie, besitzt einen Totenbeschwörerring und bist von einer der besten Kämpferinnen der Welt in einer ganzen Reihe von Kampfsportarten ausgebildet worden“, erinnerte Skulduggery sie. „Wenn du mich fragst, macht das dich zu einer Waffe.“

„Ich meine eine Waffe, die man in der Hand halten kann. Du hast eine Pistole, Tanith hat ihr Schwert … Ich will einen Stock.“

„Ich kaufe dir einen zu Weihnachten.“

Sie blickte ihn finster an, als er gegen die Tür drückte, die lautlos und ohne jedes schaurige Quietschen aufschwang. Skulduggery betrat das Haus als Erster, Walküre folgte ihm und schloss die Tür hinter sich. Es dauerte einen Moment, bis sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Skulduggery, der das Problem nicht kannte, da er keine Augen hatte, wartete, bis sie ihn anstupste, bevor er weiterging. Sie schlichen durch den Flur ins Wohnzimmer, wo sie ihn erneut anstupste. Er blickte sie an und sie zeigte auf den Totenbeschwörerring. Überdeutlich spürte sie das Kribbeln einer schrecklichen, kalten Energie, die der Ring sich aus den Toten in dem Raum holte.

Die erste Leiche lag lang ausgestreckt auf der Couch, die zweite zusammengekrümmt in einer Ecke zwischen den Trümmern eines ehemaligen Beistelltisches. Skulduggery betrachtete beide eingehend, sah dann Walküre an und schüttelte den Kopf. Der Mann, nach dem sie suchten, war nicht dabei.

In der Küche stießen sie auf eine dritte Leiche. Sie lag mit dem Gesicht nach unten auf den Fliesen. Wäre der Kopf des Mannes nicht um 180 Grad verdreht gewesen, hätte er an die Decke geblickt. Neben seiner Hand war eine Flasche zu Bruch gegangen und es roch noch intensiv nach Bier.

Das restliche Erdgeschoss war leichenfrei und so wandten sie sich der Treppe zu. Bereits die erste Stufe knarrte, weshalb Skulduggery zurück auf den Flur trat. Er schlang die Arme um Walküres Taille, sie hoben ab und schwebten hinauf zu der Leiche auf dem oberen Gang. Bei dieser handelte es sich um eine Frau, die mit angezogenen Knien in Fötusstellung gestorben war.

Im ersten Stock befanden sich drei Schlafzimmer und ein Badezimmer. Das Bad war leer, wie auch das Schlafzimmer, in das sie schauten. Im zweiten Schlafzimmer entdeckten sie Brandspuren an den Wänden und eine weitere Tote, die halb aus dem Fenster hing. Walküre nahm an, dass sie für die Brandspuren verantwortlich war – wahrscheinlich hatte sie versucht, sich zu wehren und dann abzuhauen. Beide Versuche waren fehlgeschlagen.

Im letzten Schlafzimmer lebte noch jemand. Wer immer es war, steckte im Schrank und versuchte, kein Geräusch zu machen. Als sie sich ihm näherten, hörten sie, wie die- oder derjenige tief Luft holte. Danach herrschte dreizehn Sekunden lang absolute Stille. Die Stille endete mit einem lächerlich lauten Schnappen nach Luft. Skulduggery entsicherte seine Pistole.

„Komm raus“, befahl er.

Die Schranktür flog auf und ein kreischender Irrer stürzte sich auf Walküre. Sie schlug seinen Arm herunter, packte ihn an der Hemdbrust und rammte ihm die Hüfte in den Bauch. Sein Kreischen ging in ein Jaulen über, als er auf dem Boden landete.

„Nicht umbringen“, schluchzte er. „Oh Gott, bitte bringt mich nicht um.“

„Wenn du mich hättest ausreden lassen“, entgegnete Skulduggery leicht verärgert, „hättest du mich sagen hören: ‚Komm raus, wir tun dir nichts.‘ Idiot.“

„‚Idiot‘ hätte er wahrscheinlich nicht gesagt“, erklärte Walküre dem schluchzenden Mann. „Wir versuchen nämlich immer nett zu sein.“

Der Mann blickte auf und blinzelte mit Tränen in den Augen. „Ihr … ihr bringt mich nicht um?“

„Nein, tun wir nicht“, beruhigte Walküre ihn freundlich, „wenn du dir augenblicklich die Nase putzt.“

Der Mann schniefte in seinen Ärmel. Walküre wich zurück und musste an sich halten, um sich nicht vor Ekel zu schütteln. Er stand auf.

„Du bist Skulduggery Pleasant“, stellte er fest. „Ich habe von dir gehört. Du bist der Skelett-Detektiv.“

Skulduggery nickte. „Fröhliche Weihnachten. Das ist meine Partnerin, Walküre Unruh. Und du bist …?“

„Ich heiße Ranajay. Ich wohne hier mit meinen … mit meinen Freunden. Es ist so schön, neben all den ganz normalen Leuten zu wohnen. Es hat uns hier wirklich gut gefallen. Mir und … mir und meinen Freunden …“

Ranajay sah aus, als würde er gleich wieder anfangen zu heulen, weshalb Walküre ihn rasch unterbrach. „Wer hat das getan? Wer hat all die Leute umgebracht?“

„Ich weiß es nicht. Ein großer Kerl. Ein Riese. Er hat eine Maske getragen und mit Akzent gesprochen. Und er hatte rote Augen.“

„Was wollte er?“, erkundigte sich Skulduggery.

„Er hat hier nach einem Freund von mir gesucht.“

Walküre runzelte die Stirn. „Ephraim Tungsten?“

„Genau. Woher weißt du...