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Ermittlerin in Sachen Liebe - Roman

Alexandra Potter

 

Verlag Goldmann, 2014

ISBN 9783641131418 , 448 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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7,99 EUR


 

Erstes Kapitel

Sein dunkles Haar glänzte in der Sonne, als er sich zu ihr umdrehte und ihre Hand ergriff.

»Ich liebe dich, Suzie. Ich habe dich von dem Augenblick an geliebt, als ich dich zum ersten Mal gesehen habe. Willst du mich heiraten?«

Suzie schaute in Richs hübsches Gesicht. Es verschlug ihr die Sprache.

»Suzie?«, flüsterte er und steckte ihr einen funkelnden Diamantring an den Finger. »Was sagst du dazu?«

Im ersten Moment fehlten ihr die Worte.

Dann, plötzlich, sprudelten sie nur so aus ihr heraus.

»Dazu sage ich: Du bist ein verlogener, betrügerischer Mistkerl, der es mit Miriam vom Marketing treibt!« Und damit riss sie sich den Ring vom Finger und schleuderte ihn Rich so fest an den Kopf, dass er von seiner Stirn abprallte wie ein Flummi. »Scher dich zum Teufel!«

Argh, nein!

Das sollte sie doch gar nicht sagen!

Entsetzt starre ich auf meinen Computerbildschirm und drücke dann auf LÖSCHEN. Ich halte die Taste gedrückt und sehe zu, wie der Cursor rückwärtsläuft und die Worte verschlingt wie Pac Man, bis alles verschwunden ist.

Und wieder sitze ich da und stiere auf eine leere Seite.

Mist.

Noch im Flanellpyjama hocke ich in meinem Arbeitszimmer am Schreibtisch. Wobei mein Arbeitszimmer genau genommen nur eine Ecke des Wohnzimmers ist, bestehend aus einem wackligen IKEA-Bücherregal, einem Drucker, dem andauernd die Tinte ausgeht (ständig sind die Kartuschen leer, und haben Sie mal gesehen, was die Dinger kosten? Also ehrlich, man könnte meinen, die seien vergoldet), und einer Orchidee – mein kläglicher Versuch, ein wenig hippen Designerchic zu verbreiten. Leider hat das Pflänzchen schon nach kurzer Zeit sämtliche Blüten abgeworfen und ist jetzt nur noch ein nacktes Ästchen, das dürr aus einem Blumentopf ragt.

Komisch, in der Elle Decor sehen die immer ganz anders aus.

Ich drücke meine heißgeliebte Wärmflasche fest an die Brust (die blöde Heizung spinnt mal wieder) und schaue ein Weilchen auf eine plötzliche Eingebung hoffend auf den blinkenden Eingabezeiger. Schließlich gebe ich auf und logge mich ins Online-Banking ein, um einen Blick auf meinen heillos überzogenen Dispo zu werfen.

Und da denken die meisten Leute, Schriftstellerin sei ein glamouröser Beruf.

Wobei, früher hab ich das auch geglaubt.

Jahrelang habe ich tagein, tagaus im Büro gesessen und davon geträumt, einen Roman zu schreiben. Schriftstellerin zu werden. Das wäre ja so aufregend! Ausbrechen aus dem öden, engen Städteplanungsbüro und im schicken Designer-Outfit eintauchen in einen schillernden Jetset-Lifestyle (und ganz nebenbei ein paar Bestseller schreiben). Abends dann angesagte Literaturpartys besuchen, bei denen man sich in geistreichen Unterhaltungen und Gratis-Champagner ergeht.

Bis ich mich dann eines Tages tatsächlich hinsetzte und den Roman schrieb, von dem ich die ganze Zeit geredet hatte, einen Vertrag bekam, nach London zog und mir meinen Traum verwirklichte!

Woraufhin ich einsehen musste, dass Schriftstellerin zu sein hauptsächlich bedeutet, selten den Pyjama auszuziehen, viele unnütze Dinge auf eBay zu ersteigern und ständig Selbstgespräche zu führen.

»Wuff …«

Oder sich mit Heathcliff, seines Zeichens Kurzhaardackel, zu unterhalten.

Ein weiteres hohes, schrilles Bellen reißt mich aus meinen Gedanken, und mein Blick geht zu Heathcliff, der sich die Schnauze am Fenster plattdrückt und zähnefletschend die Katze unserer Nachbarin anbellt, seine Erz-Nemesis. Heathcliff leidet unter einer Art Selbstwahrnehmungsstörung, denn er scheint felsenfest davon überzeugt, ein blutrünstiger Deutscher Schäferhund zu sein. Tatsächlich sieht er eher aus wie ein lustiger Zugluftstopper und legt sich ständig mit anderen Tieren an, die doppelt so groß sind. Selbst die Tigerkatze von nebenan ist größer als er.

»Hey, Kumpel, ignorier sie einfach, die will dich doch bloß ärgern.«

Und damit nehme ich den kleinen, wienerwürstchenförmigen Hund auf den Arm und kitzle ihm den Bauch, was er mit fröhlichem Gesichtablecken quittiert. Ich habe ihn aus dem örtlichen Tierheim gerettet, wobei ich mich nach allem, was im letzten Jahr passiert ist, inzwischen ernsthaft frage, wer hier eigentlich wen gerettet hat …

Ich lasse Heathcliff vom Arm, woraufhin er Mrs Flannagans Tigerkatze, die jetzt im Garten auf und ab stolziert, als wolle sie ihm eine lange Nase drehen und die Zunge rausstrecken, umgehend den Krieg erklärt, und setze mich wieder an den Rechner. Geistesabwesend greife ich nach der Kaffeetasse und trinke einen großen Schluck.

Um ihn gleich wieder auszuspucken. Igitt, der ist ja eiskalt!

Angewidert verziehe ich das Gesicht, tappe in die Küche, schalte den Wasserkocher ein und öffne den Kühlschrank, dessen Tür gepflastert ist mit einem wilden Durcheinander aus Lieferservice-Flyern, To-do-Listen und Fotos. Ich greife nach der Milch, und mein Blick fällt auf eins der Bilder – ich und die Mädels, wie wir Arm in Arm angeschickert in die Kamera grinsen.

Dieses Bild entlockt mir immer wieder ein Lächeln. Inzwischen sehen wir alle uns nur noch selten, so vielbeschäftigt und kreuz und quer über den Globus verstreut, wie wir sind. Das Foto wurde an meinem letzten Geburtstag geschossen. Wir hatten es tatsächlich geschafft, uns alle hier in London zu treffen, um gemeinsam ein paar Cocktails zu trinken. Ich bleibe stehen und schaue mir das Bild zum ungefähr tausendsten Mal an.

Ganz links, das ist Harriet. Sie zeigt ungewollt etwas zu viel von ihrem berühmt-berüchtigten Dekolleté. Harriet ist kürzlich nach Paris gezogen, der Arbeit wegen, und schwelgt nun in französischer Lebensart, zu der auch Rotwein, Käse und andere Vollfett-Lebensmittel gehören.

Wobei sie es mit der Gott-in-Frankreich-Geschichte womöglich etwas übertrieben hat, denn gestern habe ich von ihr eine Mail bekommen, in der sie jammerte: Es stimmt, französische Frauen werden nicht fett. Aber, verflucht, ich bin einfach keine Französin. Merde! Zum Beweis hatte sie ein Foto angehängt von sich in einer schlabberigen Jogginghose mit der Unterschrift: Die einzigen Hosen, die mir noch passen, haben einen Gummibund.

Als jemand, der für sämtliche Tätigkeiten weite Yogahosen trägt (außer um Yoga zu machen), habe ich ihr geantwortet, sie solle sich deswegen nicht grämen. Worauf sie erbost zurückschoss: Du verstehst das nicht! Wir sind hier in Paris! Der Modehauptstadt der Welt! Ich bin geächtet!

Merke: niemals nach Paris ziehen.

Neben ihr, mit Armen, bei deren Anblick ich immer hektisch nach einer langärmeligen Strickjacke suchen will, ist Molly. Molly ist Pilates-Lehrerin und wohnt in Los Angeles, hat aber mal einen Kurs in London gegeben, der versprach, die Teilnehmer zu »Beleben, verwandeln und stärken«. Ich persönlich fühlte mich danach eher »hundskaputt, steif und schlapp«, aber dafür konnte Molly nichts. Sie ist eine wunderbare Lehrerin und mittlerweile eine ebenso wunderbare Freundin. Wobei sie mich jedes Mal, wenn wir uns sehen, mit meiner Rumpfmuskulatur aufzieht. Oder vielmehr, mit deren mangelhafter Ausbildung. Ein bisschen Training könnte wirklich nicht schaden, denke ich beim Anblick des kleinen Speckröllchens, das über den Gummibund wabbelt, und ziehe rasch den Bauch ein.

Die Dritte im Bunde ist Rachel. Kurzsichtig blinzelt sie in die Kamera, weil sie es nicht ausstehen kann, mit Brille fotografiert zu werden. Sie kam gerade von der Arbeit und trägt noch ihr Bürokostüm. Rachel arbeitet als Anwältin in einer großen Kanzlei und hat immer alle Hände voll zu tun mit irgendwelchen mordswichtigen Fällen. Ich persönlich finde ja, sie arbeitet zu viel. Sie ist permanent gestresst und ständig irgendwo auf Geschäftsreise. Urlaub ist für sie ein Fremdwort. Irgendwann hatte sie so viele Überstunden angehäuft, dass die Personalabteilung ihr eine ganze Woche lang verbot, ins Büro zu kommen. Also blieb sie zu Hause und arbeitete dort noch mehr als in der Kanzlei.

Ganz rechts, das ist meine kleine Schwester Amy. Wobei niemand auf die Idee käme, uns für Schwestern zu halten. Wir sehen uns kein bisschen ähnlich. Ich habe braune Augen und braune Haare, sie ist blond und blauäugig. Außerdem ist sie ganze zehn Jahre jünger als ich. Meine Eltern bezeichnen sie liebevoll als »unseren entzückenden kleinen Unfall«. Was ganz gut zu Amy passt, denn sie hat den Kopf in den Wolken und ist ein Missgeschick auf zwei Beinen. Als große Schwester fühle ich mich immer ein bisschen verantwortlich für sie. Schon an dem Tag, als sie geboren wurde, sagte man mir, ich solle »gut auf deine kleine Schwester aufpassen«. Was ich dann auch gemacht habe. Wie oft musste ich ihr schon aus der Patsche helfen, wenn sie mal wieder vollkommen nichtsahnend in irgendwelche Schwierigkeiten geraten ist.

Was ihr allerdings an bodenständiger Vernunft fehlt, macht sie mit ihrem klugen Köpfchen wieder wett. Amy hat einen messerscharfen Verstand. Sie möchte als Archäologin arbeiten, aber obwohl sie ihr Studium mit Auszeichnung abgeschlossen hat, findet sie einfach keinen Job. Weshalb sie seit nunmehr einem Jahr unermüdlich Bewerbungen schreibt und sich von einem Aushilfsjob zum nächsten hangelt. Sie hat als Fahrradkurier gearbeitet (schlimm, denn sie hat einfach überhaupt keinen Orientierungssinn), gekellnert (schlimmer, denn sie kann kaum eine Tasse Tee auf ihrem...