dummies
 

Suchen und Finden

Titel

Autor/Verlag

Inhaltsverzeichnis

Nur ebooks mit Firmenlizenz anzeigen:

 

Generationengerechtigkeit als Aufgabe von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft

Michael S. Aßländer, Andreas Suchanek, Gotlind Ulshöfer

 

Verlag Rainer Hampp Verlag, 2007

ISBN 9783866181274 , 198 Seiten

Format PDF, OL

Kopierschutz Wasserzeichen

Geräte

19,99 EUR

Für Firmen: Nutzung über Internet und Intranet (ab 2 Exemplaren) freigegeben

Derzeit können über den Shop maximal 500 Exemplare bestellt werden. Benötigen Sie mehr Exemplare, nehmen Sie bitte Kontakt mit uns auf.


 

Solidarität durch Wettbewerb in der Krankenversicherung – Zur Notwendigkeit einer rationalen Gesundheitsdiskussion ( S. 69)

Dominique Nicole Friederich

1 Einleitung

Die Gesundheitspolitik steht unter Druck: Die demographische Entwicklung, der medizinisch-technische Fortschritt, die angespannten Finanzierungsbedingungen und vor allem auch die Unzufriedenheit der unterschiedlichen Interessengruppen stellen die gesundheitspolitischen Akteure mit zunehmender Dringlichkeit vor die Aufgabe, grundlegende Reformen anzupacken.

Entsprechend erscheint es umso verwunderlicher, dass insbesondere innerhalb des Krankenversicherungssystems trotz einer Vielzahl an ökonomisch überzeugenden Lösungsalternativen bisher keine Einigkeit für ein umfassendes Reformkonzept erzielt werden konnte, sondern Politik und Gesellschaft sich auf den Beschluss kurzfristiger Maßnahmen zur Lösung akuter Probleme beschränken und Entscheidungen für grundlegende Systemveränderungen kontinuierlich verschieben.

Analysiert man das Problem näher, ist schnell feststellbar, dass ein wesentliches Problem in der fehlenden Kompatibilität vieler ökonomisch überzeugender Reformvorschläge mit den vorherrschenden Solidaritäts- und Gerechtigkeitsvorstellungen in der Gesellschaft zu bestehen scheint.

Kopf- oder Risikoprämien, Leistungskürzungen und Erhöhungen von Zuzahlungen erscheinen nur allzu häufig ungerecht und unsolidarisch und werden entsprechend nicht selten vollständig abgelehnt. Um die gesellschaftliche Akzeptanz für grundlegende Reformvorschläge erzielen zu können, ist es erforderlich, dass Vorschläge zur Reform der Krankenversicherung nicht nur technisch-institutionell überzeugend sind, sondern vor allem auch moralisch-intuitiv die Zustimmung in der Gesellschaft finden können.

Die Solidaritäts- und Gerechtigkeitsvorstellungen, konkreter: die Vermittelbarkeit der unterschiedlichen Reformvorschläge mit den moralischen Vorstellungen der Gesellschaft von Solidarität und Gerechtigkeit werden damit zu einer wesentlichen Handlungsrestriktion für eine mögliche Umsetzbarkeit. Und dies gilt umso mehr, wenn die Reformvorschläge Alteingesessenes erheblich in Frage stellen, wie es u.a. alle marktwirtschaftlichen Konzepte zur Reform der Krankenversicherung vorsehen.

Zwar verzichten auch die marktwirtschaftlich orientierten Reformkonzepte nicht auf die Einbindung normativer Leitbegriffe wie Solidarität oder Gerechtigkeit. Jedoch findet diese Einbindung i. d. R. nicht systematisch statt, was nicht selten den Eindruck hinterlässt, dass der Ökonomie der Vorzug vor Solidaritäts- und Gerechtigkeitsüberlegungen gegeben wird.

Überdies sind die Vorstellungen von Solidarität und Gerechtigkeit in der Gesellschaft nicht selten problematisch und geprägt durch historisch bedingte Erwartungen, was dann dazu führt, dass oftmals weder die gezielte Verbindung zu den Bedingungen der realen Umwelt hergestellt, noch die systematischen Zusammenhänge des Krankenversicherungssystems ausreichend reflektiert werden.

Die Konsequenzen sind eindeutig: Unter Rekurs auf eine missverstandene Solidarität werden Fehlschlüsse hinsichtlich der Güte möglicher Reformkonzepte in der öffentlichen Gesundheitsdiskussion geradezu provoziert und sinnvolle Reformen des Krankenversicherungssystems systematisch verhindert.

2 Für eine rationalisierte Sichtweise von Solidarität und Gerechtigkeit

Macht man sich diese grundlegende Problematik der gesundheitspolitischen Diskussion bewusst, wird sehr schnell deutlich, dass eine nachhaltige Reform des Krankenversicherungssystems die Veränderung genau dieser problematischen Solidaritäts- und Gerechtigkeitsvorstellungen unter Einbezug der systematischen Zu- sammenhänge des Gesundheitssystems als unabdingbare, jedoch bisher nicht ausreichend berücksichtigte Voraussetzung abverlangt:

Um die allgemeine gesellschaftliche Zustimmung für mögliche Reformvorschläge erlangen zu können, ist es erforderlich, neben den im Fokus der traditionellen Gesundheitsökonomie stehenden technisch-institutionellen Handlungsrestriktionen auch normative Restriktionen systematisch in die konzeptionelle Analyse einzubeziehen, und dies erfordert nicht nur die technische Arbeit an den unterschiedlichen Reformvorschlägen, sondern in erheblichem Maße auch die Arbeit an den moralischen Vorstellungen und der Semantik der Gesellschaft im Hinblick auf relevante normative Leitbegriffe wie Solidarität und Gerechtigkeit.

Sind diese charakterisiert durch ein mangelhaftes Verständnis von Zusammenhängen, eine fehlende Berücksichtigung relevanter empirischer Rahmenbedingungen oder systematische Fehlschlüsse, kann dies die Einigung auf sinnvolle Konzepte verhindern und durch problematische Schlussfolgerungen bzgl. der Güte bestimmter Reformvorschläge gesellschaftlich unerwünschte, nichtintendierte Handlungsergebnisse provozieren.