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Götzendämmerung - Die Geldreligion frisst ihre Kinder

Gertrud Höhler

 

Verlag Heyne, 2010

ISBN 9783641050146 , 320 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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12,99 EUR


 

"VIII DIE NEUE STORY: RATIO IST MACHTLOS OHNE EMOTIONEN (S. 139-140)

Wer auf Ratio setzt, verliert die Krisenwitterung

Der wichtigste Einwand gegen die These von der Ratio der Märkte wird nie vorgebracht. Er lautet: Ratio reicht nicht, um gute Geschäfte zu machen. Sie reicht auch nicht, um Fairness im Wettbewerb zu garantieren. Die Idee von der Rationalität der Märkte ist schon wissenschaftlich ohne Boden; sie ist deshalb ein Programm für Anschlussfehler.

Die Annahme, Märkte funktionierten nicht besser als ein halbes Menschenhirn, zwingt zu einer Kette falscher Annahmen. Sie beginnt mit der Fiktion, ›der Markt‹ als System folge eigenen Gesetzen, in denen die Vernunft immer die Führung behalte, obwohl Märkte nichts anderes sind als Menschen, die sich nur selten und nur für kurze Zeitspannen auf ihre Ratio reduzieren lassen. Die These von der Rationalität der Märkte ist daher nicht nur falsch; sie ist schädlich, weil sie weit hinter der Realität der Märkte zurückbleibt. Die jungen Investmentbanker an den Handelscomputern haben gute Gründe gehabt, nicht auszuplaudern, was ihr Geschäft so erfolgreich macht: Es ist die Irrationalität der Menschen im Markt. Investmentbanker setzen auf Gefühle, nicht auf Verstand.

Und sie verstehen es, ihre Angebote »rational zu überarbeiten«, damit die Investoren im Sturm ihrer Emotionen einen Anker für ihre Entscheidung haben. Sie spüren die Gefühlslastigkeit ihrer Lage, und sie brauchen jemanden, der ihnen ihre Begehrlichkeit als die pure Rationalität darstellt. Das macht der Anbieter, weil er selbst die Welt der starken Emotionen gut kennt. Die Verpackungsorgien, die den Crash 2007 und 2008 einleiteten, wurden von Finanzrambos veranstaltet, die genau wussten, dass sie der zuverlässigste Verbündete in den Märkten erwartete: die Irrationalität der Anleger.

Und mehr: Die Absender der Ramschpakete konnten sich auf ihre Kollegen in den Banken weltweit verlassen, weil die hohen Renditen der undurchsichtigen Produkte die Ratio auch der Banker sofort abschalteten. »Im richtigen Moment intuitiv reagieren, das unterscheidet die Powertypen im Management von den Losertypen«, sagte mancher Topmanager früher gern. Heute muss man die Erfolgsformel geringfügig umbauen: »Im falschen Moment intuitiv reagiert, und mancher Powertyp landet bei den Losertypen.«

Die Irrationalität feiert überall dort Triumphe, wo die Konkurrenz der Ziele versagt. Wann geschieht das? Wenn ein Ziel alle andern verdrängt - Beispiel: Geld. Neben diesem Ziel gab es für die Banker, die vor verschlüsselten neuen Produkten standen, kein gleichwertiges Ziel mehr, das dem Verlangen, aus viel Geld mehr Geld zu machen, widersprochen hätte. Das Renditeziel löschte alle anderen Ziele aus."