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Perry Rhodan-Paket 41: Die Solare Residenz (Teil 1) - Perry Rhodan-Heftromane 2000 bis 2049

Perry Rhodan Redaktion

 

Verlag Perry Rhodan digital, 2014

ISBN 9783845329802 , 3000 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

Geräte

59,99 EUR


 

III.


Die Insel der Schmetterlinge

 

Ahn-Visperon und sein Führer wurden zu Tausenden von den Staubflüglern umschwärmt. Mit jedem Schritt, den sie taten, stoben weitere Schwärme hoch. Es gab sie in allen Größen, von winzig bis gesichtsgroß, in allen Farben und allen erdenklichen Farbkombinationen.

»Die Tiere sind harmlos«, behauptete Rhe-Brisporee, der Xenobiologe. Brisporee hatte sich als Führer angeboten und darauf bestanden, dass sie den Weg zum Stützpunkt zu Fuß zurücklegten. Beruhigend fügte er hinzu: »Gleich haben wir es geschafft, es sind nur noch ein paar Schritte.«

»Das hoffe ich«, versetzte Ahn-Visperon gereizt.

Er war nicht an Naturwundern interessiert, gewiss nicht an der Schmetterlingskolonie. Den weiten Weg von Laxaron nach Ammandul, über 550.000 Lichtjahre, hatte er wegen Wundern völlig anderer Art zurückgelegt.

In einem entlegenen Spiralarm der Galaxis Ammandul lebten zwölf raumfahrende Rassen. Anstatt dem Kriegshandwerk nachzugehen wie alle anderen in der Großen Galaxis, widmeten sich die Bewohner des Spiralarms der Forschung und Zivilisation. In ihrem Territorium herrschte Friede.

Dies schien ein bedeutungsloses Detail zu sein, doch inmitten der Galaxis Ammandul fiel es um so stärker ins Gewicht. Die Zone des Friedens erstreckte sich über eine Kugelschale von gut tausend Lichtjahren Durchmesser. Während in den übrigen Bereichen der Großen Galaxis Kulturen kamen und gingen, Sternenreiche einander zerschlugen, bevor sie eine akzeptable Größe erreichten, wurde in der Friedenszone offensichtlich für Ordnung gesorgt.

Es war nicht schwer, den mutmaßlichen Ursprung jenes Friedens ausfindig zu machen. Die Aufmerksamkeit der Vojariden fiel auf einen Hauptreihenstern mit zehn Planeten, von dem sich die Raumfahrer der Umgebung ängstlich fernhielten.

Für sie war dieses Sonnensystem Verbotenes Areal.

Die gelbe Sonne lag im absoluten Kerngebiet der Friedenszone, es fanden sich dennoch keine Hinweise auf eine Macht, die im verborgenen agierte. Keine Spur eines Uraltvolkes, das sich tarnte und die Geschicke der rückschrittlichen Rassen lenkte.

Die Vojariden errichteten einen xenobiologischen Forschungsstützpunkt auf dem dritten Planeten – einen Stützpunkt, der bald mit überaus ungewöhnlichen Entdeckungen von sich reden machte.

Nun war Ahn-Visperon hier, und außer den verwirrenden Schwärmen von Schmetterlingen gab es nichts zu bestaunen. Er hatte Grund zu der Annahme, dass sich daran »nach nur noch ein paar Schritten«, wie Rhe-Brisporee behauptete, nicht viel ändern würde.

Sie erreichten eine gerodete Lichtung mit hässlichen Gebäuden, von den Vojariden als Forschungsstation eingerichtet.

Mit einemmal waren die bunt geflügelten Quälgeister fort.

»Gibt es hier keine Schmetterlinge?«, fragte Ahn-Visperon überrascht. »Worauf ist das zurückzuführen, Rhe?«

»Es ist das Revier viel erstaunlicherer Wesen.«

Der junge Biologe, der Ahn-Visperon um Haupteslänge überragte, öffnete eine Tür, die ins Innere der Station führte. Einige Helfer und zwei Wissenschaftler hatten alles für eine Demonstration vorbereitet.

Lebensechte Hologramme flackerten auf, in blassen Farben, der Raum wurde in eine Dschungellandschaft getaucht.

Durch das virtuelle Unterholz brach ein Rudel von sieben lückenlos behaarten Tieren. Nur die Gesichter mit den ausladenden Mundpartien waren von Behaarung frei. Ihre vorderen Extremitäten waren länger als die hinteren. Sie gingen nicht aufrecht, man konnte allerdings auch nicht sagen, dass sie auf allen vieren liefen.

»Einheimische Halbintelligenzen«, kommentierte Rhe-Brisporee. »Tiere an der Schwelle zur Intelligenzwerdung.«

»Das sehe ich selbst«, versetzte Ahn-Visperon ungeduldig.

Zum Rudel gehörten ein stattliches Männchen, zwei Weibchen, von denen eines trächtig war, und vier Junge unterschiedlichen Alters. Zielstrebig eilten sie zu den Tischen, die mit technischem Gerät und verschiedenen Utensilien beladen waren. Allen voran bewegte sich das Männchen. Das Weibchen, das nicht trächtig war, erreichte eine der Sitzgelegenheiten jedoch als erste. Das Männchen richtete sich zur vollen Größe auf; es stieß ein zorniges Brüllen aus und trommelte mit den vorderen Extremitäten auf seine tonnenförmige Brust.

»Patriarch Gun mit seiner Familie«, erläuterte Rhe-Brisporee knapp. »Sie leben im Familienverband. Das soziale Verhalten dieser Semi-Intelligenzen ist erstaunlich. Die Trächtige nennen wir übrigens Che, die Aufsässige heißt Ruu.«

Die Semi-Intelligenzen bedienten sich an den Leckerbissen, die die Forscher ausgelegt hatten, dann fiel ihre Aufmerksamkeit auf den Tisch mit den Versuchsutensilien. Was von ihnen erwartet wurde, wussten sie offenbar genau. Die Aufsässige namens Ruu löste Verknotungen verschiedener Schwierigkeitsgrade, Che zerlegte geometrische Körper in ihre Bestandteile und setzte sie wieder zusammen, und alle gemeinsam zogen zwischen nummerierten Punkten mit einem Wachsstift Linien, die sie zu vorgegebenen Figuren verbanden; das alles mit wechselndem Erfolg.

Die Semi-Intelligenzen stellten sich überaus geschickt an, vermerkte Ahn, aber er hatte nichts erblickt, was einem Tier nicht durch Dressur beizubringen war.

Patriarch Gun verblüffte Ahn-Visperon mit einer ungewöhnlichen Handlung:

Als das Männchen nicht in der Lage war, ein Teil des dreidimensionalen Puzzles in eine Öffnung einzufügen, bückte es sich nach einem Stein und bearbeitete das Stück, um die passende Form gewaltsam herzustellen.

»Erstaunlich«, murmelte Ahn.

»Es hätte einem Primaten zur Ehre gereicht«, ergänzte Rhe-Brisporee stolz, als handele es sich um seine Leistung. »Von einer solchen Entwicklungsstufe ist Gun nämlich noch Millionen Jahre entfernt.«

Als intelligentestes Mitglied der Familie präsentierte sich die aufsässige Ruu.

Das dreidimensionale Puzzle, unüberwindlich für Gun, meisterte sie mit Geschick, und sie schaffte es als einzige, die nummerierten Punkte in der richtigen Reihenfolge zu verbinden.

Gun schielte eifersüchtig auf das Weibchen. Mit jedem Erfolg, den sie erzielte, wuchs der Neid in ihm. Ahn-Visperon wartete auf den Moment, da sich der angestaute Groll des Semis entladen würde.

Gun begann plötzlich zu toben; der Patriarch brüllte, hüpfte herum und fegte die Utensilien vom Tisch.

Als nichts mehr da war, woran er sein Mütchen kühlen konnte, entlud sich sein Zorn gegen Ruu. Das Weibchen krümmte sich schutzsuchend zur Seite. Gun schien das noch rasender zu machen, seine Hiebe wurden nur noch heftiger.

»Aufgepasst!«, hörte Ahn Rhe-Brisporees aufgeregte Stimme. »Jetzt kommt's.«

Ruu öffnete ihre Deckung, und ihre Augen suchten Blickkontakt mit Gun. Was sie zum Ausdruck brachte, war nicht Zorn, sondern nur Tadel für Gun, Enttäuschung und eine große, dringende Frage.

Warum tust du das, Gun?, hätte man den Blick interpretieren können. Oder auch: Hast du nicht gelernt, dich zu bezähmen, Gun? Oder … Es gab unzählige Interpretationsmöglichkeiten, so ausdrucksstark wirkten die Blicke auf Ahn-Visperon.

Und von einem Augenblick zum anderen beendete Gun seine Raserei.

Die Kameraperspektive schwenkte wieder in die Totale zurück.

Gun brummelte etwas vor sich hin, was Ahn-Visperon natürlich nicht verstehen konnte, der Semi schlug die vorderen Extremitäten durch die Luft und trollte sich – aufrecht gehend.

Die holographische Szenerie verblasste und löste sich auf.

Ahn-Visperon spürte, dass die Aufmerksamkeit der Helfer und Biologen sich auf ihn richtete. Bewegungslos verharrten sie, in erwartungsvoller Starre. Keine Flügelbewegung war zu hören, nicht das leiseste Reiben.

»Ich bin überaus beeindruckt«, verkündete Ahn-Visperon schließlich. »Ich wurde soeben Zeuge eines Evolutionsphänomens. Ich weiß noch nicht, was ich davon halten soll.«

»Warte nur, bis wir dir mehr Details liefern«, ereiferte sich Rhe-Brisporee, dessen Gesicht beim Sprechen zu ekstatischer Mimik explodierte. »Die Semis verwenden bereits primitive Werkzeuge aus Holz, Stein oder Knochen. Und du wirst noch mehr staunen, wenn du ihre Sprache übersetzt bekommst. Jawohl, sie besitzen eine einfache Sprache, mit der sie viele Dinge benennen können. So zum Beispiel …«

Ahn-Visperon streckte Rhe-Brisporee seine vier Arme entgegen, um ihm Einhalt zu gebieten.

»Ich erwähnte bereits«, sagte Ahn, »dass ich beeindruckt bin. Jetzt möchte ich das Weibchen Ruu kennenlernen. Am besten in ihrem eigenen Lebensbereich.«

Rhe-Brisporee schien plötzlich sehr verlegen. »Das … das bringt einige Schwierigkeiten mit sich«, wehrte der Xenobiologe ab.

»Welche?«

»Bis jetzt sind die Einheimischen stets zu uns gekommen. Wir waren noch nie in ihrem unmittelbaren Lebensraum. Um nicht die Forschungsergebnisse zu verfälschen.«

»Ich verstehe.« Ahn-Visperon rieb seine Stummelflügel in einer nachdenklich wirkenden Geste, dann entschied er: »Wir werden diese Grundsätze dennoch ignorieren. Ich will nicht umsonst den weiten Weg aus Laxaron gekommen sein.«

Die Expedition brach noch am selben Tag auf. Ahn-Visperon nahm lediglich Rhe-Brisporee mit, als Kenner des Biotops, und drei Androiden als Träger für die Ausrüstung. Bis zum Abend schlug sich die Expedition durch dichten Busch, ohne auf Eingeborene zu stoßen. Ahn-Visperon war sicher, dass sie beobachtet wurden, doch den Zeitpunkt der Begegnung bestimmten die Semis, nicht die Vojariden-Wissenschaftler.

Mit angelegten Nachtsichtgeräten marschierten sie weiter voran, durch eine Natur, die um diese...