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Tajo@Bruns_LLC - Das Herz des Löwen

Bianca Nias

 

Verlag dead soft verlag, 2014

ISBN 9783944737478 , 356 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

Geräte

5,99 EUR


 

Tajo@Bruns_LLC


Das Herz des Löwen

 

1. Kapitel

 

 Marc betrat das große Bürogebäude in der Frankfurter City und war dankbar, dass die Klimaanlage bestens funktionierte und die Schwüle der Großstadt verdrängte. Er atmete auf und fächerte sich mit seiner Aktenmappe ein wenig kühle Luft zu. Die Eleganz der mit Marmor ausgekleideten Eingangshalle beeindruckte ihn immer wieder aufs Neue. Er nickte dem Pförtner, der hinter dem Tresen saß, zu und fuhr mit dem Fahrstuhl in den fünfzehnten Stock.

Seine Uhr zeigte, dass er bis zum Meeting noch eine Stunde Zeit hatte. Er war überpünktlich und noch vor der Sekretärin im Büro. Im Kopf ging er seine Präsentation durch. Hatte er nichts vergessen? Nein, er war sich sicher. Er hatte sich umfassend vorbereitet, außerdem beherrschte er sein Fachgebiet wie kein anderer seiner Kollegen.

 

Marc war Computerfachmann und hatte sich mit seinen 28 Jahren bereits einen Namen in der Informatiker-Branche von Frankfurt gemacht. Er war direkt von der Universität in Gießen aus von „Witherspoon & Partner“ angeworben worden, da er den Abschluss als Jahrgangsbester und mit Auszeichnung bestanden hatte. Sein Studium hatte er im Schnelldurchlauf und ohne große Anstrengungen innerhalb von drei Jahren abgeschlossen – kein Wunder, denn dabei hatten die Professoren eher noch etwas von ihm lernen können, als umgekehrt. Es hatte ihm nichts ausgemacht, bei seinen Kommilitonen als „Nerd“ abgestempelt zu werden. Er empfand dies eher als eine Auszeichnung. Seit seinem 14. Lebensjahr hatte er nichts anderes im Kopf gehabt, als Computer. Seine selbstgeschriebenen Programme zur Entschlüsselung von Passwörtern hatten es ihm leicht gemacht, Firewalls zu umgehen und sich in firmeneigene Rechner zu hacken. Eine seiner Jugendsünden war dafür verantwortlich, dass sämtliche Drucker im Frankfurter Flughafen plötzlich anfingen, Dateien und Listen zu drucken, ohne dass sie vom Personal gestoppt werden konnten. Die Aufregung war groß gewesen und er war zum Glück unentdeckt geblieben. Das Unternehmen des Frankfurter Flughafens, die Fraport, bezifferte anschließend den angerichteten Schaden auf mehrere Hunderttausend Euro, was ihm im Nachhinein ein äußerst schlechtes Gewissen beschert hatte. Damals hatte er sich geschworen, seine Talente nur noch für die „gute Sache“ einzusetzen.

Das Job-Angebot von Charles Witherspoon war daher sehr verlockend für ihn gewesen. Der Engländer hatte vor über fünfzehn Jahren die Firma gegründet und sich mit variablen IT-Sicherheitskonzepten einen Namen gemacht. Seine handverlesenen Angestellten waren die Besten, wenn es darum ging, Computer vor unbefugten Zugriffen zu schützen, sodass selbst die Bundesregierung und mehrere Landesbehörden ihre Systeme von seiner Firma hatten sichern lassen. Bei verschiedenen Großprojekten hatte Marc sich bereits als Teammitglied auszeichnen können, wobei sein blitzschneller Verstand so manchen Kunden beeindruckt hatte. Er wusste, sein Chef schätzte besonders seine Spontanität und seine Redegewandtheit. Und nun sollte er zum ersten Mal einen Kunden allein betreuen und das Projekt eigenverantwortlich abwickeln. Marc war sich bewusst, welche Herausforderung das war, aber er fühlte sich bereit, den Job zu machen.

 

Im Büro angekommen, überprüfte er im Konferenzraum, ob dort alles vorbereitet war und die Technik funktionierte. Er ließ den Beamer warmlaufen und fuhr seinen Laptop hoch, um die Präsentation noch ein letztes Mal durchzugehen. Da erschien auch die Sekretärin, um ihm bei den letzten Vorbereitungen zu helfen. Sie stellte kalte Getränke und Gebäck bereit und kochte Kaffee.

Alles war perfekt. Mochten sich andere über seinen Hang zum Perfektionismus und über seine penible Genauigkeit amüsieren – für ihn waren diese Dinge lebenswichtig und garantierten den erwünschten Erfolg.

 

Zwanzig Minuten vor dem Termin traf sein Chef, Charles Witherspoon, ein.

Marc hatte kurz Zeit, um auf die Toilette zu verschwinden und sich frisch zu machen. Er spritzte sich ein wenig kaltes Wasser ins Gesicht, trocknete sich ab und war bemüht, trotz der nun langsam ansteigenden Nervosität, die ein solches Meeting immer in ihm auslöste, einen kühlen Kopf zu bewahren. Hastig fuhr er sich durch sein dunkelbraunes Haar.

Er schnitt sich selbst eine Grimasse und fragte sich, wie so oft, wie er auf andere Leute wirken musste. Bekanntermaßen war der erste Eindruck auf den Kunden unglaublich wichtig. Aber er war bloß ein Durchschnittstyp. Durchschnittliche 1,80 m groß, durchschnittliche Figur, durchschnittliches Gesicht. In einer Menschenmasse ging er unbemerkt unter. Gerne wäre er etwas sportlicher, jedoch würde er dazu mehr trainieren müssen. Aber leider hatte er viel zu wenig Zeit, lediglich ab und zu joggte er am Mainufer entlang, um einen Ausgleich von seinem Bürojob zu bekommen.

Er zog seine geschmackvoll gestreifte Krawatte zurecht und zupfte noch einen Fussel von seinem grauen Armani-Anzug. Das gute Stück hatte einen großen Teil seines Gehaltes verschlungen, doch er vermittelte ihm ein Stück Sicherheit und erhöhte sein Selbstbewusstsein im Umgang mit den Multi-Millionären und Vertretern großer Firmen, die mittlerweile zu seiner Kundschaft gehörten.

Er sah sich im Spiegel an und atmete tief durch. Dann fühlte er sich gerüstet. Besser als er konnte sich niemand auf ein Projekt vorbereiten. Schließlich hatte er nichts dem Zufall überlassen.

Entschlossen betrat er den Konferenzraum und stellte fest, dass sein Kunde schon eingetroffen war.

Es überraschte ihn, dass von der Firma „Bruns Limited Liability Company“ nur eine Person gekommen war. Meistens wurden mehrere Geschäftsführer und IT-Spezialisten der Kundenfirma entsandt, um die Verträge mit „Witherspoon & Partner“ auszuhandeln.

Marc musterte den Mann, der sich von dem Clubsessel erhob und sich ihm nun zuwandte. Zuerst fiel ihm dessen riesige Größe auf, bestimmt über zwei Meter. Breite, muskulöse Schultern spannten sich unter dem weißen Hemd. Das Jackett hatte der Besucher bereits abgelegt und über den nächsten Stuhl gehängt.

Marc fühlte, wie sich ein dicker Klumpen in seinem Magen bildete, sein Kopf war plötzlich wie leergefegt. Nur seine Beine gehorchten zum Glück problemlos und trugen ihn wie ferngesteuert durch den Konferenzraum. Scheiße, war er nervös!

Sein Gegenüber hatte mittelbraunes Haar, das von dunklen, fast schwarzen Strähnen durchzogen war, und das ihm locker und in leichten Wellen bis über den Hemdkragen fiel. Marcs rasche Musterung seines Gesichtes mit den markanten Wangenknochen und dem eckigen Kinn wurde schnell von den goldbraunen Augen abgelenkt. Diese Augen hefteten sich an seinen Blick und schienen ihn magnetisch anzuziehen. Vielleicht lag es an der ungewöhnlich hellen und bernsteinähnlichen Farbe, dass Marc sich von seinem eigentlichen Vorhaben, den Gast förmlich zu begrüßen, ablenken ließ und stattdessen wortlos die ausgestreckte Hand ergriff.

Für den Bruchteil einer Sekunde hatte er die Befürchtung, von der riesigen Hand, in der seine eigene praktisch verschwand, zerquetscht zu werden und war eher erstaunt, dass der Händedruck angemessen ausfiel. Seine Überraschung musste sich in seinem Gesicht widergespiegelt haben, da der Gast leicht spöttisch lächelnd eine Augenbraue hob und ihn abwartend ansah.

Sein Chef Witherspoon war es, der Marc auf den Boden zurückholte, indem er beide miteinander bekannt machte.

„Dies ist Marc Nowack, unser bester Systemanalytiker. Er wird Ihnen jetzt unsere Produkte und unser Angebot für Ihre Firma vorstellen. Marc, ich darf Ihnen Mr. Tajo Bruns von ‚Bruns LLC‘ aus Miami vorstellen. Er ist der Geschäftsführer und Verantwortliche für die neue Betriebsstätte hier in Deutschland.“

„Good morning, Mr. Bruns, nice to meet you.“ Marc wechselte aus Höflichkeit in die Landessprache seines Gastes über und versuchte gleichzeitig, seine Selbstsicherheit, die er angesichts des Hünen eingebüßt hatte, wiederzufinden.

„Es freut mich ebenfalls, Sie kennenzulernen, aber bleiben wir bei der deutschen Sprache“, gab dieser freundlich, aber knapp und deutlich zurück.

Marc lächelte. Ihm fiel auf, wie sein Gegenüber die Worte ein wenig dehnte und das „r“ dabei etwas verwischte. „In Ordnung, gerne. Ihrem Akzent nach stammen Sie aber nicht aus Amerika, nicht wahr?“

„Nein, ich habe südafrikanische Wurzeln.“ Tajo Bruns musterte Marc und wandte sich dann Mr. Witherspoon zu. „Können wir bitte beginnen, ich habe wenig Zeit.“

Witherspoon warf Marc einen auffordernden Blick zu und beeilte sich, ihm mit wenigen Worten die Leitung des Gespräches zu übergeben, damit er sich anschließend zurücklehnen und aus den fachlichen Besprechungen heraushalten konnte.

Marc gefiel die Art, in der Tajo Bruns sein Anliegen ohne viel Aufheben darlegte und auf den üblichen Smalltalk verzichtete. Er startete daher ohne Umschweife seine Präsentation, kürzte sogar extra hier und dort ein wenig ab und brachte das Angebot seines Arbeitgebers gewohnt souverän auf den Punkt: Witherspoon & Partner würde die neue Firmenzentrale der „Bruns LLC“ mit der benötigten Hardware inklusive eines eigenen Servers ausrüsten und die Software vor Ort konzipieren und aufspielen. Diese Handhabung würde höchste Sicherheit garantieren, da es sich bei der Software um ein Unikat handelte, das nicht per Datenträger oder gar über das Web verschickt, sondern direkt auf die Rechner geschrieben wurde. Für einen Pauschalpreis von 2,5 Millionen...