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Frühprognose schulischer Kompetenzen
Marcus Hasselhorn, Wolfgang Schneider
Verlag Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG, 2010
ISBN 9783840922947 , 231 Seiten
Format PDF, OL
Kopierschutz Wasserzeichen
Kapitel 10 Vorhersage von Umschriebenen Entwicklungs störungen der schulischen Fertigkeiten mithilfe von Vorschultests: Prognostische Validität der BUEVA-II (S. 169-170)
Günter Esser und Anne Wyschkon
Zusammenfassung
Die vorliegende Arbeit untersucht den prädiktiven Wert der Kerntests der BUEVA-II für das Schulleistungspotenzial, für Lese-Rechtschreib- und Rechenprobleme im weiteren Sinne sowie für Umschriebene Entwicklungsstörungen (UES) der schulischen Fertigkeiten im Sinne der ICD-10. 883 Kinder sind im Vorschulalter mit der BUEVA-II und durchschnittlich zweieinhalb Jahre später im Grundschulalter mit der BUEGA getestet worden.
Das allgemeine Schulleistungspotenzial kann mit den Kerntests der BUEVA-II gut vorhergesagt werden. Die Prädiktion von schwachen Werten im Lesen, Rechtschreiben und/oder Rechnen gelingt in hinreichendem Maße. Die Vorhersage von UES der schulischen Fertigkeiten im engeren Sinne ist dagegen eher unbefriedigend, was darauf zurückgeführt wird, dass in der BUEVA-II stärker allgemeine Leistungsvoraussetzungen und weniger spezifische Vorläuferfertigkeiten für das Lesen, Rechtschreiben und Rechnen betont werden.
In der ICD-10 (WHO, 1994) werden die Lese-Rechtschreibstörung (F81.0) und die Rechenstörung (F81.2) als umschriebene Entwicklungsstörungen (UES) schulischer Fertigkeiten (F81) beschrieben. Kinder mit UES sind durch gravierende Defizite in einem umschriebenen Leistungsbereich bei ansonsten altersgemäßen Fähigkeiten gekennzeichnet. In den Forschungskriterien der ICD-10 (WHO, 1994) werden mehr als zwei Standardabweichungen Diskrepanz zwischen der gestörten Teilleistung und der allgemeinen Intelligenz des Kindes gefordert.
Zusätzlich darf es sich nicht nur um eine relative Schwäche handeln, sondern die gestörte Teilleistung muss im klinisch bedeutsamen Bereich (mindestens zwei Standardabweichungen unter dem Mittelwert der Altersgruppe) liegen. Diese sehr strenge Definition wird in der Praxis häufig durchbrochen, aber auch dort sollten mindestens 1.5 Standardabweichungen Differenz zur Intelligenz und zum Mittelwert der Klassenstufe gefordert werden, um die Gruppe der betroffenen Kinder nicht zu stark zu erweitern. Zur Abschätzung des allgemeinen Leistungsniveaus muss eine von der gestörten Teilleistung unabhängige Größe verwendet werden.
So ist bei der Diagnose von Lese-Rechtschreibstörungen (LRS) die nonverbale Intelligenz als Referenzmaß zu verwenden. In der Vorgeschichte einer LRS weisen mehr als 50 % der Kinder eine verzögerte Sprachentwicklung auf (Warnke & Roth, 2002; Klicpera & Gasteiger-Klicpera, 1995). Beim Erlernen der Buchstaben treten oft Verwechslungen auf. Beim Le sen fallen Auslassungen, das Ersetzen, Verdrehen oder Hinzufügen von einzelnen Buchstaben, Wortteilen oder ganzen Wörtern auf, wobei das Lesetempo meist stark herabgesetzt ist. Beim Rechtschreiben sind alle Fehlertypen in hoher Zahl zu beobachten. Im Verlauf bessern sich gewöhnlich die Leseleistungen in stärkerem Maße als die Rechtschreibung, welche meist auch im Jugend- und Erwachsenenalter deutliche Auffälligkeiten aufweist (Warnke & Roth, 2002).