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Verurteilt im Iran - Der hohe Preis des Glaubens

Maryam Rostampour, Marziyeh Amirizadeh

 

Verlag SCM Hänssler im SCM-Verlag, 2014

ISBN 9783775172363 , 388 Seiten

2. Auflage

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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7,99 EUR

Für Firmen: Nutzung über Internet und Intranet (ab 2 Exemplaren) freigegeben

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Schuldig


Marziyeh

Herr Rasti betrat den Raum. Er musterte uns mit seinen kleinen Augen und begann unsere Habseligkeiten auf dem Schreibtisch zu untersuchen. Ein kleines Neues Testament hielt er gegen das Licht und wühlte sich durch einen Stapel CDs. Plötzlich runzelte er die Stirn und blickte den Beamten namens Mohammadi an.

»Haben Sie alle Beweismittel gesichert?«, fragte er streng. Mohammadi und sein Partner traten von einem Fuß auf den anderen und nickten.

»Sie hatten doch einen Laptop, oder?«

Mohammadi schreckte auf und weitete die Augen. Eingeschüchtert meinte er: »Tut mir leid. Ich hatte geglaubt, wir hätten ihn mitgenommen. Wir müssen ihn wohl im Haus vergessen haben.«

»Schnappen Sie sich eins der schuldigen Mädchen und holen Sie ihn. Sofort.«

Erst vor einigen Minuten hatte man uns in Gewahrsam genommen, und schon waren wir die »schuldigen Mädchen«. Immer noch in Handschellen und mit pochendem Kiefer, da die Wirkung der Schmerzmittel nachgelassen hatte, ging Maryam mit Mohammadi und der jungen Polizistin los, um den Laptop von zu Hause zu holen.

Ich blieb mit Handschellen gefesselt im Raum mit einem Wachposten zurück. Seit dem Morgen hatte ich weder etwas gegessen noch getrunken und zitterte nun, weil ich mich schwach fühlte. Ich bat um Wasser, denn ich wollte unbedingt zeigen, dass ich lediglich erschöpft war und keine Angst hatte. Herr Rasti verließ kurz den Raum, kam wieder hinein und setzte sich mit strenger Miene hinter den Schreibtisch.

»Von nun ab sagen Sie mir die Wahrheit«, fuhr er mich an.

»Ich habe Ihnen immer die Wahrheit gesagt«, entgegnete ich scharf. »Sie aber nicht! Sie haben heute Morgen in der Sache mit dem Auto gelogen, um mich hierherzulocken. Ich habe Ihnen bereits gesagt, dass ich schon elf Jahre Christin bin. Ich habe in dem von Ihnen erwähnten Restaurant Neue Testamente verteilt. Ich hätte alles leugnen können, doch ich habe Ihnen ehrlich geantwortet. Und jetzt befehlen Sie mir, von jetzt ab die Wahrheit zu sagen?« Ich spürte, wie ich immer lauter sprach.

»Ich war verpflichtet, Ihnen gegenüber zu lügen«, erklärte Herr Rasti.

»Und Sie haben meine Wohnung ohne Durchsuchungsbefehl durchsucht«, fuhr ich fort. »Sie hatten überhaupt kein Recht dazu. Ist das etwa richtig? Steht das im Einklang mit dem Gesetz?«

»Wir haben einen Durchsuchungsbefehl«, widersprach mir Herr Rasti. »Hier ist er.«

Er warf mir ein Blatt Papier über den Schreibtisch zu. Mir blieb nur ein Moment, um einen kurzen Blick darauf zu werfen. Trotzdem merkte ich sofort, dass das mit unserem Fall überhaupt nichts zu tun hatte. Irgendjemand hatte auf dem unteren Rand eine Notiz hinterlassen, dass unser Haus durchsucht werden sollte, und dann seine Unterschrift und einen Stempel daraufgesetzt.

»Das ist kein amtlicher Durchsuchungsbefehl«, meinte ich. »Das ist überhaupt nichts. Das ist eine Fälschung.«

Mein Widerstand schien Herrn Rasti aus der Fassung zu bringen, und er brauchte einen Augenblick, bis er sich davon erholt hatte. »Wenn die Zeit drängt, holen wir uns die Genehmigung per Telefon«, erwiderte er. »Wir hatten nicht genug Zeit, um das abzutippen.« Verärgert sprang er auf und verließ den Raum.

Als Maryam und die Wachen mit dem Laptop zurückkehrten, wurden wir in einen kleinen Raum geführt, der von einem schmucken Innenhof abging. Man ließ uns auf Stühlen an gegenüberliegenden Wänden Platz nehmen, sodass wir nicht miteinander reden konnten, und wies uns an zu warten.

Die drei jungen weiblichen Wachposten fingen an sich zu unterhalten. »Sie sind Christen geworden«, meinte die eine. »Wir haben einen Stapel Bibeln und andere christliche Propagandamittel in ihrer Wohnung entdeckt. Sie stecken bis zum Hals in Schwierigkeiten. Und weil sie immer noch hier sind, habe ich vielleicht keine Zeit für mein Mittagsschläfchen.«

»Warum sind Sie Christ geworden?«, fragte eine der Frauen Maryam in zornigem Ton. »Wissen Sie nicht, dass Sie das kafar macht?«, fügte sie hinzu. Kafar bedeutet »ungläubig«.

Eine andere Frau las aus dem Koran vor. Sie blickte von der aufgeschlagenen Seite auf und meinte: »Ich möchte wissen, warum Sie Christ wurden. Wir glauben doch auch an Jesus.«

Obwohl Maryam natürlich erschöpft war, zweifellos Hunger hatte und immer noch Schmerzen litt, erklärte sie kurz die christliche Auffassung, der zufolge Jesus der Retter der Menschheit ist. »Er war nicht nur ein Prophet, wie der Koran behauptet. Er war der Mensch gewordene Gott, der die Sünden der Welt auf sich nahm. Am Kreuz zahlte er den Preis, den wir um unserer Übertretungen willen hätten zahlen müssen. Drei Tage nach seiner Kreuzigung erstand er von den Toten und fuhr in den Himmel auf, um bei Gott, seinem Vater, zu sein.«

Die Frau mit dem Koran sagte laut: »Dem Koran zufolge sind Sie kafar! Jesus wurde nie gekreuzigt. Es gelang ihm vorher zu fliehen. Er kam als Prophet, nicht als Retter, und jeder, der glaubt, dass er der Sohn Gottes ist, ist kafar und wird zum Tod verurteilt werden! Sie tun mir sehr leid.«

Die weiblichen Wachposten begannen nun alle durcheinander zu reden. Sie lachten uns wegen unserer Überzeugungen aus und auch wegen der Vorstellung, dass wir im Gefängnis säßen, weil wir beharrlich zu solch einem lächerlichen Glauben standen.

Ein weiterer weiblicher Wachposten trat durch die Tür und rief meinen Namen. »Kommen Sie mit mir«, befahl sie mir. Ich folgte ihr die Treppe hoch und wurde noch einmal in Herrn Rastis Büro geleitet.

»Setzen Sie sich«, sagte Herr Rasti. Ich nahm auf dem Stuhl vor seinem Schreibtisch Platz, auf dem immer noch unsere Neuen Testamente und die CDs aufgestapelt lagen.

Die Handschellen schmerzten, und inzwischen war ich sehr hungrig, doch leise sprach ich ein kurzes Gebet und war entschlossen, innerlich die Ruhe zu bewahren.

»Wie lange sind Sie schon Christ, sagten Sie?«, begann er.

»Elf Jahre.«

»Und wie haben Sie sich zu Ihrer Religion bekehrt?«

»Christus ist in mein Herz gekommen, und ich habe die Bibel und andere Bücher gelesen.«

»Stehen Sie mit anderen Kirchen im Iran in Verbindung?«

»Nein.«

»Wie viele Christen kennen Sie?«

Ich kannte sehr viele, um die Wahrheit zu sagen. Doch wenn ich das vor diesem Mann einräumte, würde er ihre Namen und Adressen von mir fordern. Mit einem Mal wären sie dann nicht mehr in Sicherheit, ihre Familien und sogar ihr Leben standen dann auf dem Spiel – und Maryam und ich wären nicht einmal in der Lage, sie zu warnen. Niemals würde ich lügen, was meinen Glauben an Christus betraf, ganz egal, was es mich kostete. Doch ich musste unschuldige Menschen vor dem bewahren, was Maryam und mir nun bevorstand.

»Niemanden außer Maryam.«

»Wo haben Sie sich zum Christentum bekehrt?«

»In der Türkei.« Auch das stimmte streng genommen nicht ganz. Ich war sieben Jahre nach meiner Bekehrung im Iran in der Türkei getauft worden. Doch ich wusste, dass es genug Fragen aufwerfen würde, um viele Menschen in Schwierigkeiten zu bringen, wenn ich zugab, dass ich mich im Iran bekehrt hatte. »In der Türkei haben Maryam und ich uns kennengelernt.«

»Sind Sie in der Türkei zur Kirche gegangen?«

»Ich habe ein Jahr dort gelebt, und manchmal ging ich auch in die Kirche.«

»Warum sind Sie zur Kirche gegangen?«

»Um dort zu beten und mit anderen Iranern in der Türkei Kontakte zu knüpfen.«

»An wie viele Menschen haben Sie Bibeln verteilt?«

»An meine Freunde, die mir Fragen gestellt haben, und an jeden, der etwas über meinen Glauben an Christus wissen wollte.«

»Verteilen Sie auch Bibeln, wenn Sie auf Reisen sind?«

»Ich habe immer einige Neue Testamente bei mir, und wenn mich jemand danach fragt, gebe ich ihm eins.«

Es kamen noch mehr Fragen: Warum lebte ich in einer eigenen Wohnung und nicht bei meinen Eltern? Wie viel verdiente ich? Wie schafften wir die Bibeln ins Land? Wer waren die Leute auf den Bildern, die ich auf meinem Laptop gespeichert hatte? Schließlich schob mir Herr Rasti einen Stapel Blätter über den Schreibtisch zu.

»Unterschreiben Sie.«

Er gab mir nicht die Möglichkeit, alles durchzulesen, und ich war zu müde, um mit ihm darüber zu diskutieren. Nachdem ich unterschrieben hatte, führte mich eine Wache in den Raum zurück, in dem Maryam gewartet hatte, und begleitete meine Freundin dann nach oben, wo nun sie von Herrn Rasti verhört wurde.

Maryam

Nachdem ich in Herrn Rastis Büro Platz genommen hatte, begann er mir dieselbe Litanei von Fragen zu stellen, die er, wie ich später erfuhr, auch Marziyeh vorgelegt hatte.

»Wie lange sind Sie schon Christ?«

»Elf Jahre.«

»Sind Ihre Eltern auch Christen?«

»Nein.«

»Warum glauben Sie an Jesus? Bedeutet das, dass Sie keine Muslima mehr sind?«

»Ich glaube an Jesus, weil er in mein Herz gekommen ist«, erklärte ich. »Ich weiß, dass er der Sohn Gottes und mein Retter ist.«

»Wer hat Sie dazu gebracht, Christ zu werden?«

»Niemand. Ich habe die Bibel gelesen. Jesus selbst hat mir die Wahrheit offenbart.«

»Mit welchen Christen stehen Sie abgesehen von Ihrer Mitbewohnerin in Verbindung?«

»Mit niemandem sonst.«

»Wer hat Ihnen all die Bibeln, CDs und das andere religiöse Material gegeben?«

»Niemand. Das ist alles mein Eigentum. Ich habe die Sachen alle persönlich in den Iran gebracht.«

»Haben Sie nach Ihrer Bekehrung mit irgendeinem Menschen über Jesus gesprochen?«

»Ja, mit meiner Familie, Freunden und...